2. Bonuskapitel

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Aus dem Kreissaal waren schreckliche Schreie zu vernehmen und wüsste ich nicht, dass da gerade eine Geburt in Gange wäre, würde ich das Schlimmste vermuten. Nichts desto trotz waren sie grauenerregend und ich dankte den Göttern als Mann geboren worden zu sein. Ich wollte mir lieber gar nicht erst vorstellen, welche Schmerzen Hyolyn gerade durchleiden musste und gleichzeitig machte ich mir Sorgen um das Baby. Aufgeregt kaute ich auf meiner Lippe und wippte mit den Beinen bis ich es nicht mehr aushielt und schließlich aufstand, nur um dann nervös durch den Gang zu tigern. Hoffentlich ging alles glatt. Es dauerte eine endlos erscheinende Ewigkeit und auch wenn die Wehen eben nun mal Stunden andauern konnten, so wurde ich mit jeder verstreichenden Minute nervöser. Am liebsten würde ich Jungkooks Hand drücken und mir sagen lassen, es wäre alles gut und bald vorbei, doch dieser befand sich zusammen mit Hyolyns Mutter im Kreissaal. Verständlicherweise wollte sie mich nicht dabeihaben und angesichts der Beleidigungen, die sie Jungkook gerade entgegenwarf, war das vermutlich auch besser so. Hier draußen befand sich nun nur ihr Vater und ich. Da ich weder Hyolyn selbst besonders gut kannte, geschweige denn ihre Eltern, war es bereits seit einigen Stunden unangenehm still zwischen uns. Ihr Vater schien jedoch nicht minder aufgeregt als ich, konnte es aber im Gegensatz zu mir ganz gut überspielen. Er bedachte mich mit einem aufmunternden Blick, bevor er zurück auf seine gefalteten Hände starrte. Urplötzlich hörten die wilden Schreie auf. Sofort stoppte ich in inmitten meiner Bewegung und drehte mich zur Tür. Es dauerte keine Minute, da kam eine Schwester hinausgerannt, verkündete die Geburt eines gesunden Enkels und bat Hyolyns Vater ins Zimmer zu kommen. Dieser sprang hastig auf und verschwand mit einem erleichterten Lächeln auf den Lippen zu seinem Enkelkind in den Kreissaal. Nun war ich allein im Flur zurückgeblieben und fühlte mich etwas verlassen und fehl am Platz. Ich war nicht Teil dieser Familie. Noch immer angespannt setzte ich mich erneut auf die unbequemen Plastikstühle und wartete weiter. Etwas anderes blieb mir wohl kaum übrig. Die Zeit zog sich wie ein alter Kaugummi, mein Arsch wurde langsam taub. Gerade als ich mich mal wieder ausgiebig ausstreckte, trat Jungkook aus dem Kreissaal. Sein Gesicht zierte ein unfassbar strahlendes Lachen, seine Augen leuchteten hellauf. Vor Freude schluchzend fiel er mir um den Arm und zog mich auf die Beine. „Ich bin ein Vater, Taehyung...ich bin jetzt wirklich Vater!", erzählter er, schüttelte den Kopf, als könnte er es selbst kaum glauben. „Komm mit", und mit diesen Worten zog er mich auch schon mit sich zu seinem Kind. Seinem Kind. Wie seltsam diese Worte im Zusammenhang mit Jungkook doch klangen. Ich brauchte einen Moment, um mich daran zu gewöhnen. Als wir den Raum betraten, konnte ich auch schon das leise Glucksen eines Neugeborenen vernehmen. Hyolyn hielt ihr Kind in den Armen und liebkoste dessen Gesicht. Ihre Eltern standen neben ihr und redeten mit dem Neugeborenen in der typischen hohen Stimme, die man extra für Babys aus dem Repertoire packte. Als Hyolyn uns bemerkte sah sie auf und schenkte uns ein warmes Lächeln. An das müsste ich mich auch erstmal gewöhnen. Langezeit war ich nur eine Störung in ihrer Beziehung, es war also kein Wunder, dass sie eigentlich nicht so gut auf mich zu sprechen war. Doch mit der Geburt dieses Kindes war unsere Vergangenheit wie weggeblasen. „Sieh sie dir an, Taehyung", forderte sie mich freundlich auf und ich trat zögerlich näher. Ich mochte Kinder, keine Frage, aber diese plötzliche Freundlichkeit kam mir beinahe schon unheimlich vor. Da ich jedoch nicht unhöflich sein wollte, vor allem aber Jungkook nicht verletzten wollte, der mich bereits fröhlich Richtung Kind schubste, trat ich schließlich ganz an das kleine Wesen heran. „Süß"Hü

„Du hast ja nicht mal richtig hingesehen", lachte Hyolyn, fühlte sich glücklicherweise nicht beleidigt. Mein Blick wanderte also wie befohlen auf die kleinen Knopfaugen vor mir. Das Baby ließ kurz seinen Blick über mich wandern und fing an zu Lachen. Dieser Augenblick hatte schon etwas ganz Besonderes, wie ich widerwillig zugeben musste. „Sie mag dich", freute sich Hyolyn, Jungkook schloss mich von hinten in seine Arme und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab. „Mirae", gab er mir aufgeregt ihren Namen bekannt. „Sie ist wirklich zauberhaft", beteuerte ich ehrlich. „Wie ein Wicht sieht sie gar nicht aus", musste ich grinsend an Jungkook gerichtet feststellen und erntete dafür sofort einen Hieb von diesem. Hyolyn rollte nur mit den Augen und schenkte Jungkook einen tadelnden Blick, bevor sie sich wieder ihrem Baby zuwandte. Auch wenn Mirae wirklich ein bezauberndes Ding war, so konnte ich nur daran denken, was das für unsere Beziehung bedeuten würde. Jungkook hatte nun Verpflichtungen, Verantwortung und ein unweigerliches Band zu Hyolyn. Ich hasste mich für diese selbstsüchtigen Gedanken, wo doch eigentlich nichts als Freude angebracht war.

Zudem schwirrten mir tausend andere Fragen durch den Kopf; wie wollten sie für das Kind sorgen, wenn sie in die Schule gingen oder wie teilten sie sich überhaupt die Erziehung der Kleinen auf...immerhin wohnten sie nicht einmal zusammen. Da ich aber die gute Stimmung nicht zerstören wollte, behielt ich all meine Fragen vorerst für mich.

Mirae wurde von Arm zu Arm gereicht und so kam es, dass ich mit einem strampelnden und weinenden Kind in meinen Armen von allen angestarrt wurde. Zaghaft versuchte ich sie zu beruhigen, doch es machte das ganze nur schlimmer. Hilflos reichte ich sie an Jungkook weiter und sie wurde urplötzlich still. Es war als wüsste sie, dass sie nun in den Armen ihres Vaters, der sie für immer bedingungslos lieben würde, lag. Auf einmal sah ich Jungkook mit ganz anderen Augen. Er war nicht mehr mein Freund, er war ein liebender Vater und er machte das besser, als ich es mir je hätte vorstellen können. Nach einer Weile wurde Mirae müde und schlief ein, weshalb sich Jungkook mit mir davonstahl, um ungestört reden zu können.

„Ich bin so unfassbar glücklich", seufzte Jungkook und küsste mich gleich darauf leidenschaftlich. Etwas verdutzt erwiderte ich den Kuss. Wir lösten uns voneinander und sahen einander lange an. Unsicherheit flackerte in Jungkooks Augen auf. „Beunruhigt dich etwas?"

„Ja, nein...das heißt eigentlich doch", rückte Jungkook nur langsam mit der Sprache raus. „Ich weiß nicht ob wir das hinkriegen. Ein Kind ist keine kleine und vor allem keine einfache Sache", sprach er seine Bedenken aus. „Jungkook, ihr werdet das gemeinsam schaffen", beschwichtigte ich. „Was, wenn wir etwas falsch machen?"

„Oh, das werdet ihr, glaub mir, aber das ist völlig normal. Eltern sind nicht perfekt, so ist das eben."

„Sehr aufmunternd"

„Immer wieder gerne", schmunzelte ich. „Ich weiß, dass ihr das könnt. Ihr seid doch jetzt schon absolut in die Kleine vernarrt. Ihr liebt sie und das ist das Wichtigste!"

Erleichtert lehnte er sich an mich. „Oh, das habe ich dir noch gar nicht erzählt!", entfuhr es ihm urplötzlich. „Ja?", fragte ich hellhörig nach. „Wir werden das Sorgerecht auf jeden Fall mit einem Anwalt abklären, aber Hyolyn ist damit einverstanden, dass du dich mit in die Erziehung einbringen kannst. Natürlich nur wenn du das möchtest".

Überrascht blickte ich meinen Freund an. „Ich...weiß nicht, Jungkook", fing ich an, „ich weiß nicht, ob ich das möchte, ob ich das kann. Das ist nicht mein Kind."

Jungkook schien etwas geknickt, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen.

„Ich will diesen Teil von deinem Leben nicht wegstoßen, versteh mich nicht falsch", versuchte ich mich zu erklären. „Ich will mich nur nicht dazwischendrängen und mich in etwas einmischen, das mich nichts angeht".

„Aber es geht dich doch was an. Wir sind ein Paar und ich trage eben mein Päckchen, in dem Fall ein Kind".

„Du bist sauer ", stellte ich betrübt fest. Das wollte ich nicht.

„Ich bin nicht sauer...Aber ich habe ein Kind und es wird nicht verschwinden, nur weil du nicht hinsiehst. Ich will dich nicht zwingen ein Kind mit mir und meiner Exfreundin großzuziehen, aber es wird da sein".

„Jungkook, ich will dich. Mit all deinen Päckchen", versicherte ich. „Vorausgesetzt es gibt keine weiteren Babys, von denen ich nichts weiß", fügte ich schnell hinzu.

„Nein, die gibt es nicht", lachte Jungkook.

Ich habe meine Anlaufzeit gebraucht, aber ich konnte mich mit Mirae schneller anfreunden als ich erwartet hatte. All die Sorgen in meinen Kopf lösten sich nach und nach in Luft aus. Inzwischen weinte sie nicht einmal mehr, wenn ich sie hielt. Mirae war jedes Wochenende bei Jungkook, auch wenn Hyolyn sie nur ungern bei uns ablieferte. Nach dem ersten Monat, den die Kleine ausschließlich bei Hyolyn verbracht hatte, war eine gewisse Trennungsangst der Mutter wohl normal. Es war stressig und es war wunderbar. Es gab schlechte und es gab gute Tage. Mirae war aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken.

Only An Affair?Where stories live. Discover now