Kapitel 40. 4 years in the past (Lesenacht)

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Third Person POV.

"Jeongin, ich muss dich leider darum bitten damit aufzuhören!", erklärt Yoon, der den Sechzehnjährigen mittlerweile seit gut vier Jahren als sein Hausarzt behandelt. Er hätte das Ganze schon viel früher aufhören müssen oder erst überhaupt nicht anfangen dürfen. Das geht einfach eindeutig zu weit und egal wie sehr sich sein Patient jetzt auch sträuben wird diesen Rat anzunehmen, er kann das einfach nicht mehr länger einfach so hinnehmen. Das findet jetzt und heute ein Ende!

Mittlerweile hat I.N sich durch eine schmerzlindernde Infusion so weit wieder im Griff, dass er bei vollem Bewusstsein ist und auch versteht, was man ihm sagt. Natürlich gefällt es ihm gar nicht, was sein Arzt ihm da rät, aber einen Ratschlag muss man ja bekanntlich auch nicht annehmen, oder? Es ist doch schließlich seine eigene Entscheidung.

"Ich werde damit nicht aufhören können, selbst wenn ich es wollen würde. Dafür steht viel zu viel auf dem Spiel!", entgegnet der Junge und versucht sich auf der unbequemen Liege aufzurichten, doch bestimmend drückt Ahri ihren Sohn wieder zurück in die liegende Position und bestimmt: "Yang Jeongin, genau an diesem Punkt ist jetzt Schluss! Yoon war schon von Anfang an gegen diese Art der Behandlung und dein Vater und ich haben nur zugestimmt, weil wir es nicht mehr länger mit ansehen konnten, wie du mental daran kaputt gegangen bist. Aber auch jetzt fürchtest du dich manchmal noch so extrem, dass du Panikattacken bekommst und durch die ganzen scheiß Medikamente machst du auch noch deinen Körper kaputt. Bitte Jeonginie, hör endlich damit auf. Es nützt nichts und macht es nur noch schlimmer!"

Der Junge traut sich schon seit der Ankunft bei dem Arzt nicht seine Mutter anzuschauen, doch als ihre Tränen auf seine blasse Haut tropfen, fährt er sich verzweifelt mit seinen Händen in die Haare und blickt die Frau entschuldigend an. Er will seiner Mutter doch keinerlei Sorgen mehr bereiten. Er hatte es sich versprochen, als sie dieser Art der Behandlung zugestimmt hat, doch macht er es noch immer. Er bring seine Mutter, die ihn über alles liebt, zum Weinen, weil er dieses beschissene Szenario von vor etwa viereinhalb Jahren nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Weil er noch immer diese hungrigen Blicke dieser lüsternen Widerlinge über seinen Körper wandern spürt. Weil er noch immer die zurückgebliebenen Schandmale an seinem ganzen Körper erblickt, wenn er vor dem Spiegel steht, obwohl sie doch gar nicht mehr da sind. Weil er sich noch immer so hilflos und verzweifelt fühlt, wie er in diesem kalten dunklen Keller lag und nicht einmal seine Klamotten noch an seinem Körper waren...

"Mama", flüstert Jeongin, als auch ihm die Tränen die Wanger herunterlaufen und wird sogleich in die schützenden Arme seiner Mutter genommen. Bevor der Junge überhaupt noch etwas sagen kann, beginnt Ahri ihm über den Rücken zu streichen und schluchzt leise: "Innie, bitte, ich flehe dich an, hör auf Yoon. Es wir besser werden und irgendwie bekommen wir auch alle anderen Probleme gelöst, nur bitte hör auf damit!"

Schweigend liegen sich die beiden weinend in den Armen und werden von dem Arzt dabei mitleidig betrachtet. Er kann sich noch genau dran erinnern, als er den gerade einmal zwöfljährigen Jeongin als einen Notfall mitten in der Nacht in die Notaufnahme eingeliefert bekam.

Jeden Abend flackern diese Erinnerungen wie Filmbänder vor seinen Augen. Jegliches Detail seiner eigenen Gefühle erschüttert seinen Körper immer wieder aufs Neue. Doch viel schlimmer ist die Tatsache, dass er niemals vergessen kann, wie verängstigt der Junge war, als er mit festgeschnürten Handgelenken auf der Krankenhaustrage lag und sich keinen Zentimeter bewegen konnte.

Er weiß noch ganz genau, wie er sich gefragt hat, warum ein Kind diese Art der Behandlung nötig hat, aber es wurde ihm schlagartig klar, als einer der Sanitäter versuchte den panischen Jungen zu beruhigen. Denn I.N hatte bei jeglicher Berührung versucht den Helfer zu verletzten, natürlich nicht aus böser Absicht, aber die Sicherheit des Personals geht einfach immer vor.

Er sieht noch heute die Verzweiflung und Angst in den Augen lodern, als wäre es ein verdammtes Höllenfeuer, das droht alles zu übermannen.

Er hört noch heute die Erklärung der Notärztin in seinen Ohren rauschen und das Klicken der Rollen auf den Fließen. Er weiß noch, wie die Zeit quasi stehenblieb, als die Sanitäterin sagte: "Zwölfjähriger vermisster Junge von Passanten in einem Keller gefunden. Spuren körperlichem und sexuellem Missbrauchs!" und ihm der Kulli durch die schweißigen Hände rutschte und auf dem Boden aufkam. Es war sein erste Fall als Facharzt und noch heute schaut er die Assistenzärzte, die an diesem Fall beteiligt waren an, und sieht die ungläubigen Blicke, als Ahri und ihr Mann, von der Polizei begleitet, in die Notaufnahme stürmten, mit der Erkenntnis darauf, dass ihr Sohn wieder da ist.

Immer wieder schallen die Worte der Arzthelferinnen durch seinen Kopf.
"Doktor Park, er krampft!"
"Doktor Park, sagen Sie uns, was wir tun sollen!"
"Doktor Park, er hat eine Panikattacke!"

Er hat noch genau das Bild vor Augen, als Jeongin nach seiner Becken-OP aufwachte und schon wieder nichts anders als Angst und Panik in seinen Augen vorzufinden war. Wie er ihm persönlich ein weiteres Mal die Handgelenksschlaufen umschnallen musste, weil er eine Gefahr für sich selber war und wie viel schlimmer es dadurch erst noch wurde.

Er kann sich noch genau dran erinnern, als er die Handgelenksschlaufen doch entfernt hat, weil der Junge sich so heftig dagegen geweht hat und die Striemen zum Vorschein kamen, die er in der Hektik vor der Notoperation nicht betrachten konnte, weil die Handgelenke durch die Schlaufen verborgen waren.

Er kann sich noch genau dran erinnern, wie er feststellen konnte, dass Jeongin wenigstens nicht vergewaltigt wurde, obwohl die Vermutung sehr nah lag, bei den Blutergüssen, die in einer Griffform auf seinen Hüftknochen ruhten, und dem gebrochenen Becken, das sie gar noch mit Schrauben und Platten fixieren mussten.

Er weiß noch, wie die Eltern des Jungen vollkommen aufgelöst ihren Sohn in Empfang genommen haben und Jeongin sich weinend in den Armen seiner Mutter vergraben hat, die sich tausend mal entschuldigt hat, dass sie ihn allein gelassen hat, obwohl keiner der Beteiligten hätte was ändern können...

Nach diesem Ereignis ist er so eng mit der Familie in Kontakt geblieben, dass er der Hausarzt werden durfte und durch seine nachgeholte Zulassung als Psychiater auch den Jungen auf mentaler Ebene betreuen konnte. Es hat zwar so unsagbar lange gedauert, bis Jeongin auch nur ein Wort mit Yoon gesprochen hat, aber nach eineinhalb Jahren regelmäßiger Therapie ist der Junge auf einem Stand gewesen, dass er wenigstes nicht mehr bei jeder Begegnung mit einem Alpha vollkommen panisch geworden ist und sogar eine Unterhaltung mit viel Abstand möglich war.

Doch eine andere Art der Behandlung hat I.N so weit gebracht, wie er heute ist und die hätte Yoon als guter Mediziner wirklich niemals zulassen dürfen. Aber er hätte es auch nicht mehr länger mit ansehen können, wie schlecht es seinem Patienten ging. Vermutlich hätte er es mit der alten Therapie-Möglichkeit nie so weit geschafft, dass der Sechzehnjährige wieder lacht und jetzt auch noch Teil einer so erfolgreichen jungen Gruppe ist. Zwar kam der Traum ein Idol zu werden erst nach der Erfahrung, dass ein Artist ein ähnliches Erlebnis hatte, aber solang der Schwarzhaarige glücklich ist, wird der Arzt sich nicht beschweren. Jeongin ist so ein starker Junge und hat trotz so etwas grausamen sein Lachen nicht verloren, weil seine Familie ihn vor dem Abgrund bewahrt hat.

"Yoon, alles in Ordnung?", wird der Arzt von Jeongin aus den Gedanken gerissen und blinzelt schnell seine Tränen weg, die sich bei den ganzen Erinnerungen angesammelt haben. Es macht ihn einfach so stolz, dass er einen so starken Patienten wie I.N hat.

"Ja, ja, aber natürlich. Ich muss dir nur leider die weitere Einnahme der Medikamente verbieten. Du kannst es nicht mehr nehmen, denn wenn das so weiter geht, dann landest du nicht nur in einer Notaufnahme, sondern auch ganz wo anders, wovon wir besser nicht sprechen. Also Finger weg von dem Zeug und du wirst alles übrige entsorgen. Was passiert, wenn du das absetzt, werden wir erst in Angriff nehmen, wenn es so weit ist!", bestimmt der Mann und schaut standhaft zu seinem Klienten.

Jeongin ist stabil genug, um jegliche Medikation jetzt einstellen zu können!

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Einen Einblick, was Jeongin in seiner Kindheit noch erlebt hat...

Vielen Dank fürs Lesen und bis gleich!🥰

Against the Rules! //JEONGLIX✔Where stories live. Discover now