Kapitel 2

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So, Einkauf erledigt. Ich hab' noch Tampons gebraucht und das wollte ich ehrlich gesagt nicht auf die normale Einkaufsliste schreiben. Ich bring das jetzt noch schnell nach Hause und dann werd' ich zum Tanzstudio gehen. Ich geh zwar ein bisschen länger dorthin, aber ich möchte sowieso ein bisschen mehr gehen. Ich muss wieder an das Konzert denken. Es war so cool, wie sie rausgekommen ist und dann... Vielleicht hätte ich ein bisschen besser auf die Straße schauen sollen, dann wär' ich nicht in irgendwen reingerannt und würde jetzt nicht meine Sachen vom Boden aufsammeln müssen. „Es tut mir schrecklich leid", sagt eine Stimme, die ich von irgendwo kenne. Als ich rauf schaue, traue ich meinen Augen nicht – es ist der Typ von vor der Toilette von gestern. „Hey, Sie kenne ich doch", scheint er auch er mich zu erkennen. „Sie sind doch die Frau, die gestern vor dem Klo zusammengeklappt ist" „Ja, das bin ich wohl", sage ich uns erröte. „Geht's Ihnen gut? Sie sind gestern so schnell weg" „Ja, alles in bester Ordnung", sage ich schnell und widme mich wieder den Lebensmitteln, um aus dieser Situation so schnell wie möglich rauszukommen. „Lassen Sie mich helfen", sagt er und nimmt ausgerechnet die Tampons und sortiert sie in meinen Korb. Als ich das sehe, werde ich total rot. „Dafür müssen Sie sich doch nicht schämen, das ist doch ein ganz normales Produkt, wie jedes andere auch", sagt er und lächelt mich an. Ich lächle mild zurück und versuche noch schneller, die Produkte wieder zurück in meinen Korb zu schmeißen. Als wir fertig sind und wieder aufstehen, sagt er: „Haben Sie jetzt Zeit? Darf ich Sie vielleicht auf einen Kaffee einladen?" Oh Gott, jetzt will mich der auch noch auf einen Kaffee einladen. „Nein danke, ich hab' jetzt Tanzprobe" „Und haben Sie nach der Probe schon was vor?" „Nein, aber da bin ich total verschwitzt und widerlich", gebe ich zu. Er lacht leicht und sagt: „Wäre mir persönlich egal, aber wenn Sie sich wohler fühlen würden, wie wäre es mit Morgen?" Naja, ich weiß nicht. Er ist ja echt nett und eigentlich auch extrem gutaussehend. Warum denn nicht? Komm Jackie, jetzt leb mal im Moment. „Na gut, morgen um 6?" „Perfekt. Soll ich Sie abholen oder treffen wir uns wo?" „Holen Sie mich ab. Ich schreibe Ihnen noch die Adresse und ich würde sagen, wir können uns duzen, oder? Jackie" „Gerne, Michi", sagt er und lächelt mich mit seinen weißen Zähnen an „Na dann, bis morgen und viel Spaß bei der Probe", sagt er und lächelt mich an, wie ein Honigkuchenpferd. Ich lächle zurück und verabschiede mich. Das passt perfekt. Morgen hab' ich wieder um 3 Probe, danach kann ich nach Hause laufen, mich duschen und ready machen und da mein Vater morgen Dienst hat, sieht er ihn auch nicht, wenn er mich abholt. Oh, mein Gott. Das ist mein erstes Date. Wie wird das nur werden?

Bei der Probe bin ich total abgelenkt, weil ich komischerweise die ganze Zeit an diesen Mann denken muss. Jedes Mal wenn ich mir sein Gesicht vorstelle, spüre ich ein komisches Gefühl im Bauch. „Jackie, was machst du denn? In zwei Monaten ist das Vortanzen für so eine wichtige Rolle und du konzentrierst dich überhaupt nicht", sagt meine Tanzlehrerin streng. „Es tut mir leid. Kommt nicht wieder vor" Wenn man professionelle Tänzerin ist, dann muss man wirklich darauf achten, sich zumindest während der Probe voll und ganz zu konzentrieren.

Als ich zuhause ankomme, muss ich mich total beeilen. Ich dusche, ziehe mich an, schminke mich und dann läutet eh schon die Tür. Ich trage eine Jean, ein weißes Spaghetti-Top und schwarze Sneakers. Als Accessoires ein paar Ringe, eine goldene elegante Kette und als Ohrringe Hoops. Ich hab' aus irgendeinem unerklärlichen Grund total Angst, die Türe aufzumachen, dieser Mann macht mich noch verrückt. Als ich meinen ganzen Mut zusammennehme und die Tür öffne, sehe ich, wie er leicht die Luft einzieht. „Wow, du siehst echt schön aus" „Danke", ich werde total rot und muss grinsen wie ein Honigkuchenpferd. „Ich hab' dir Blumen mitgebracht, ich hoffe du magst sie", sagt er und reicht mir einen sehr schönen bunten Strauß. „Das ist aber lieb, danke. Ich geh den noch schnell einfrischen und komme gleich, ok?" Er nickt und ich gehe schnell in die Küche. Wie süß er ist, ich fasse es nicht. Als ich wieder rauskomme, führt er mich zu seinem Auto und öffnet mir die Beifahrertür, ein richtiger Gentleman. Er schließt sie, steigt selber ein und dreht schöne, beruhigende Musik auf, die mir guttut, da ich sowieso ein bisschen zu schnell unterwegs bin, was meinen Puls angeht. „Wohin fahren wir denn?" „Es gibt da ein echt schönes Restaurant auf den Dächern Wiens, wenn du damit einverstanden wärst?" „Klar, hört sich schön an", sage ich und lehne mich, so entspannt wie möglich, im Sessel zurück.

Oben angekommen bleibt mir wirklich nichts anderes übrig, als zu staunen. Die Aussicht ist wunderschön und die Stimmung schon sehr romantisch. Er zieht mir den Stuhl nach hinten, bevor er sich selbst hinsetzt – ich liebe diese ganzen romantischen Gesten. „Du hattest also Tanzprobe. Ist das dein Hobby oder machst du das beruflich?" „Ich bin professionelle Tänzerin und hab in zwei Monaten eine wichtige Audition für eine Neuinszenierung von Schwanensee. Ich tanze da für die Hauptrolle vor, deshalb muss ich jetzt viel üben" „Wow, wie lange tanzt du denn schon?" „Seitdem ich 4 bin. Es ist meine größte Leidenschaft" „Das klingt beeindruckend. Du wirst die Rolle ganz bestimmt bekommen." „Da bin ich mir nicht so sicher. Es bewerben sich Hunderte für diese Rolle." „Aber du bist besonders", sagt er und sieht mir tief in die Augen. Die Schmetterlinge flattern wie wild in meinem Bauch herum. Ich lächle und werde leicht rot. „Was machst du beruflich?" „Ich bin im zweiten Jahr meiner Facharztausbildung zum Gynäkologen" Nein, kein Arzt! Und dann auch noch Frauenarzt. Am liebsten würde ich sofort wieder verschwinden, was ihm anscheinend auch auffällt, da er sagt: „Ich hab mir schon gedacht, dass du Angst vor Ärzten hast, wegen der Situation vor der Toilette. Keine Sorge, die bekommen wir schon gemeinsam in den Griff", sagt er und lächelt mich zuversichtlich an. „Schauen wir mal", sage ich nervös. Wie gesagt, ich würde dieses Restaurant am liebsten sofort verlassen, aber irgendwie fasziniert mich dieser Mann so sehr, dass ich das nicht kann. „Wohnst du noch daheim, oder hast du eine eigene Wohnung?", fragt er, ich nehme mal an, um das Thema zu wechseln, da er offensichtlich sieht, dass es mir unangenehm ist, über Ärzte zu reden. „Ich wohne noch zuhause und du?" „Ich bin vor einem Jahr ausgezogen und lebe seitdem alleine. Ist mir aber eigentlich eh zu groß für mich alleine." „Na, wenn ich einziehe, ist es das eh nicht mehr", will ich sagen, aber ich halte mich zurück und sage: „besser zu groß, als zu klein" „Das stimmt allerdings", sagt er und lächelt.

Warum ausgerechnet Arzt? (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt