Kapitel 15

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„Danke, Schatz. Schau mal, wir machen dir das so angenehm wie möglich. Ich stelle mich hier neben dich und halte deine Hand, während dein Vater ganz vorsichtig tastet. Wenn was weh tut, musst du es uns sofort sagen. Dann hört dein Papa auf und wir finden gemeinsam eine Lösung, wie wir weitermachen, ok?", sagt Michi und nimmt meine Hand. Beruhigend streichelt er sie mit dem Daumen, während mein Vater mich untersucht. Überraschenderweise tut es wirklich nicht weh, was vielleicht auch mit den ablenkenden und besänftigenden Worten wie zum Beispiel „Schh, ganz ruhig oder gleich vorbei" von Michi zusammenhängt. Er sieht mir während der Untersuchung die ganze Zeit ins Gesicht, um mir eventuelle Scherzen sofort anzusehen. Nach ein paar Minuten lächelt mein Vater mir bereits mit den Worten: „Alles schon vorbei", zu und nimmt seine Hände von meinem Körper. „Und? Wie war das?" „Nicht so schlimm, wie ich dachte", gebe ich kleinlaut zu. „Na siehst du, nix vor was man sich fürchten muss.", sagt Michi. Für eine Zustimmung ist es da definitiv zu früh, aber ich sage einfach mal nichts, was besser ist, als ihm zu widersprechen. „Also, das ist eindeutig ein Bänderriss. Dass du damit nicht tanzen darfst, haben wir ja schon geklärt. Außerdem wird es dir demnächst schon starke Schmerzen bereiten zu gehen, daher wirst du da in den nächsten paar Wochen wohl nicht mal in Versuchung kommen. Falls ich dich jedoch bei auch nur einem Tanzschritt erwische, hat das Konsequenzen, verstanden?" Ich nicke nur, weil ich mich nicht traue, noch was dazu zu sagen. Michi schaut überrascht aus. Wahrscheinlich dachte er nicht, dass mein Vater so streng werden kann. Dadurch, dass er so jung ist und eine coole Art hat, glaubt man nicht, dass er, wenn es um die Gesundheit geht, so streng wird. „Gut, wohin möchtest du? Zu uns nach Hause oder zu Michi?" „Eigentlich würde ich lieber nach Hause, aber ich mag nicht von Michi weg", sage ich unentschlossen. Wir haben die letzten paar Wochen und eigentlich sogar Monate so viel Zeit miteinander verbracht, da wäre es richtig merkwürdig, wenn wir jetzt voneinander getrennt wären, aber ich will irgendwie auch nach Hause. Wenn man krank ist, was ich ja jetzt irgendwie bin, fühlt man sich zuhause einfach am wohlsten. „Michi kann ja bei uns wohnen. Natürlich nur falls ihr das möchtet.", bietet mein Vater an. Wow, es hat noch nie ein Junge bei uns übernachtet. Nicht, dass es mein Vater verboten hätte, es hat sich einfach noch nie ergeben. „Ja gerne, wenn es dir nichts ausmacht", sagt Michi an meinen Vater gerichtet. „Wenn es mir was ausmachen würde, dann hätte ich es nicht angeboten. Du gehörst ja quasi zur Familie", sagt mein Vater herzlich. Das ist die Art, die ich von ihm kenne. Sobald es nicht um die Gesundheit von meinem Bruder oder mir geht, ist er echt der netteste Mensch, den ich kenne. Michi strahlt bei dem Satz über beide Ohren. „Na dann, sehr gerne"

Da ich so müde und erschöpft vom heutigen Tag bin, hat Michi sich beim Einsteigen so auf die Rückbank gesetzt, dass ich mit meinem Kopf auf seinem Schoß liegen kann. Er streichelt beruhigend meinen Kopf, so, dass es mir immer schwerer fällt, nicht einzuschlafen. Jedoch fallen mir nach ein paar Minuten die Augen zu und ich falle in einen, für die gegebenen Verhältnisse, entspannten Schlaf, aus dem ich erst wieder aufwache, als wir Zuhause ankommen, da Michi mich mit sanften Küssen aufweckt. Er nimmt mich im Brautstyle hoch und trägt mich ins Haus. Bevor er mich nach oben bringt, höre ich meinen Vater noch leise „Gute Nacht" flüstern. Er legt mich sanft in mein Bett und verschwindet im Badezimmer, kommt aber kurz darauf mit Abschminktüchern wieder – dass ich ja noch von der Audition geschminkt bin, hätte ich ja jetzt komplett vergessen. Immer wenn ich ans Vortanzen denke, zucke ich instinktiv zusammen, was auch Michi merkt. „Hey, alles ok? Tut dir was weh?", fragt er, während er sanft mein Make-up entfernt. „Ich hab' nur gerade wieder an die Audition denken müssen." „Schatz, ich weiß, es ist schwierig, jetzt damit umzugehen, aber wenn's dir wieder gut geht, dann kannst du auch wieder tanzen und dann, wenn du das nächste Mal zu einer Audition für eine Rolle gehst, wirst du sie ganz bestimmt bekommen." „Danke Schatz, es fällt mir trotzdem schwer. Vor allem darf ich ja jetzt Ewigkeiten nicht tanzen" „Süße, die Zeit wird schneller vergehen, als du jetzt denkst und ehe du dich versiehst, wirst du wieder auf der Bühne stehen können. Aber bis dahin passe ich gut auf dich auf und verwöhne meine wunderschöne Prinzessin", sagt er, bevor er mir einen sanften Kuss auf die Nasenspitze gibt. „Ich liebe dich" „Ich dich auch und obwohl ich es gerade nicht so gut zeigen kann, bin ich dankbar für alles, was du heute für mich gemacht hast. Wenn ich einen anderen Arzt gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich noch mehr durchgedreht, als eh schon bei dir und Dad" „Das haben wir doch gerne gemacht. Ich würde alles für dich tun", sagt er und schaut mich liebevoll an. Er kommt näher und näher, bis seine Lippen meine berühren.

Als wir uns wieder voneinander lösen, wischt er noch vorsichtig den Rest meines Make-ups weg und entsorgt anschließend die Tücher. „Und jetzt wird geschlafen – du brauchst die Ruhe." „Wie soll ich denn schlafen, wenn so ein attraktiver Mann neben mir liegt?" „Da versucht wer, sich bei mir einzuschleimen" „Ich und einschleimen? Neeein", sage ich und zwinkere ihm zu. „Du? Niemals", sagt er scherzhaft und begibt sich zu mir ins Bett. Er legt seinen Arm um mich, so, dass ich meinen Kopf auf seine Brust legen kann. Durch sein zärtliches Streicheln schlafe ich dann doch schneller ein, als gedacht – ich war wohl wirklich ziemlich müde.

Warum ausgerechnet Arzt? (Teil 1)Where stories live. Discover now