|| 52 || Scherz, Film oder Traum - Part 2

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Avyanna Salvatore

«Aufwachen, Prinzessin», dringt eine Stimme zu mir. Irritiert schlage ich meine Augen auf. Wer wagt es mich Prinzessin zu nennen? Mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt, lächelt Luigi mich an. Seine Augen sind leer, das Lächeln erreicht sie nicht.
«Nenne mich nie wieder Prinzessin», zische ich. Die einzigen Personen, die mich Prinzessin nennen dürfen, sind meine Eltern.
Er schnalzt mit der Zunge, legt seinen Kopf schief. «Wie hat dich dein Vater früher genannt?»

Ich runzle meine Stirn. Wieso zur Hölle möchte er das wissen? Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. «Soll ich dich Daddy nennen, oder was?»

Zu meinem Entsetzten lacht er nicht. Nicht einmal ein Grinsen. Nichts, nur ein stummes Starren, dass mir eine Gänsehaut beschert. Nach Minuten, die sich wie Stunden anfühlen, fragt er: «Vermisst du deine Eltern?»
Mit einem trockenen Lachen überspiele ich die Angst, die meine Alarmglocken schrillen lässt. «Diese Frage aus dem Mund des Mörders meiner Eltern. Wie ironisch.»

Seine Augenbrauen huschen nach oben und seine Pupillen weiten sich. «Woher weißt du-»
«Dass du meine Eltern umgebracht hast?», unterbreche ich ihn. Mein Herz zieht sich zusammen. «Ich habe Eins und Eins zusammengezählt.» Ich zucke mit den Schultern. «Nur dein Motiv ist fragwürdig.» Hat Luigi sie wegen der Familienfehde umgebracht? Aber wieso will er mich nicht tot sehen?

Erneut antwortet Luigi erst nach einer Ewigkeit: «Du weißt nichts über mich.»
«Dann erzähl mir etwas über dich.»
Er tippt mit seinem Fuß auf den Boden, bevor er antwortet: «Du darfst mir zwei Fragen stellen, wenn ich dir auch zwei stellen darf.»

Mein Mund formt ein «Okay», während ich mich frage, ob das ein Fehler war. «Ich fange an.» Luigi nickt. «Wie war deine Beziehung zu deinen Eltern?» Ich hätte ihn alles Mögliche fragen können, jedoch war meine Neugierde größer. Es muss ein Grund geben, dass Luigi geworden ist, wie er geworden ist. Zudem wird mir Luigi früher oder später erzählen müssen, wieso er mich nicht umbringt und was er mit mir vorhat.

Luigi schluckt schwer. Eine Dunkelheit legt sich über seine Augen. «Selbst, wenn ich mein Bestes gab, war mein Vater nie stolz auf mich. Er hasste mich dafür, dass meine Geburt der Tod meiner Mutter war. Er war ein schrecklicher Vater. Er verdiente seinen Tod.»

Meine Augen weiten sich. Ich weiß nicht, was nicht, ob es mich mehr schockiert, dass Luigi so ehrlich geantwortet hat, oder dass er diese schreckliche Vergangenheit mit einer monotonen Stimme, ohne mit den Wimpern zu zucken, wiedergegeben hat.
«Das muss grauenhaft gewesen sein», flüstere ich und spüre fast so etwas wie Mitleid in meiner Brust. Doch als Luigi sagte, dass sein Vater seinen Tod verdiente, erstarb das Mitleid so schnell, wie es gekommen ist. Möchte er damit sagen, dass er seinen eigenen Vater umgebracht hat? Welches Monster tötet sein eigenes Blut und Fleisch und zeigt nicht den Hauch von Reue?

«Warst du ein Vater- oder Mutterkind?»
Ich kneife meine Augen zusammen. «Wieso möchtest du das wissen?»
Er zuckt mit seinen Schultern, als würde ihn die Antwort eigentlich nicht interessieren, doch seine starrenden Augen, die auf mich gerichtet sind, sagen anderes. «Beantworte die Frage.»
Mein Blick fällt auf den Ehering meiner Mutter. Ich seufze. «Ich habe beide gleichsehr geliebt.» Allerdings war mein Vater oft beschäftigt, weshalb ich die Zeit mit ihm meist mehr genossen haben.

Dann frage ich die Frage, dir mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brennt: «Wieso hast du meine Eltern umgebracht? Wegen der Familienfehde?»
Er knirscht mit den Zähnen. «Das ist nicht so einfach zu erklären.»
«Keine Ausreden. Beantworte die Frage.»
«Kennst du überhaupt den Auslöser der Familienfehde?» Ich schüttele den Kopf. Genervt seufzt er. «Unsere Vorfahren waren einmal beste Freunde, bis sich die Schwester von deinem Vorfahren in meinen verliebt hat.» Er schnalzt mit der Zunge. «Salvatore missbilligte diese Beziehung und verbot deren Heirat. Kurz darauf wurde ein Frachtschiff der Salvatores überfallen.»

Ich ziehe scharf die Luft ein. Deswegen hat Luigi das Frachtschiff überfallen. Ich habe mich schon gewundert, was er mit dem Überfall bewirken wollte. Der Überfall auf das Frachtschiff hat ihm lediglich Soldaten gekostet, kein Gewinn erbracht.

Luigi fährt fort: «Dein Vorfahre erhielt ein Hinweis, dass Montana dahintersteckte, aber dem war nicht so.»
«Woher willst du das wissen?» Skeptisch mustere ich ihn.
«So stand es in dem Tagebuch meines Vorfahren», erklärt Luigi. «Willst du die Geschichte nun weiter hören, oder nicht?» Rasch nicke ich, woraufhin er weitererzählt: «Salvatore sperrte daraufhin seine Schwester ein, damit sie nicht heimlich mit Montana abhauen konnte. Zudem arrangierte er eine Zwangsheirat.»

Ich presse meine Lippen zusammen. Das soll mein Vorfahre sein? Offensichtlich waren früher die Rollen umgekehrt. Früher waren nicht die Montanas die Monster, sondern die Salvatores.

«Mein Vorfahre war außer sich und von da an, bezeichneten sie sich gegenseitig als Erzfeinde.» Luigis Stimme klingt gelangweilt, fast schon genervt. «Seitdem manipulieren sich die Salvatores und Montanas bis heute.»
Falten graben sich in meine Stirn. «Das klingt nicht so, als wäre das der Grund, wieso du meine Eltern umgebracht hast.»
«Das war auch nicht der Grund, nur ein Bonus.»

Ich spitze meine Lippen, versuche in meinem Kopf die gegebenen Fakten zu einem Puzzle zu verbinden, allerdings herrschen große Löcher, einige Teile lassen sich nicht zusammenfügen. «Wieso hast du mir dann die Geschichte erzählt? Ich habe nach deinem Motiv gefragt, nicht nach einer Geschichtsstunde.»
Luigi zuckt mit seinen Schultern. «Als Salvatore solltest du wissen, was dein Vorfahre getan hat.»

«Erzähl mir von deinem Motiv.»
Er seufzt, weicht meinem Blick aus. «Dein Vater», spuckt er aus. «Er hat mir Diane gestohlen.»
Mein Mund klappt soweit auf, eine Ananas würde hineinpassen. Diane? Habe ich das gerade richtig verstanden? Mein Magen dreht sich um. «Du warst in meine Mutter verliebt?»

Er senkt seinen Kopf. «Mein Herz gehört schon immer ihr, aber Silvestro hat sie mir ausgespannt.» Er verzieht sein Gesicht.
Einige Sekunden bleibt es still, Luigi tippt mit seinem rechten Fuß nervös auf den Boden. Dann sprudeln die Fragen aus mir heraus: «Woher kanntest du meine Mutter? Wie habt ihr euch kennengelernt? War sie auch in dich verliebt? Wart ihr ein Paar?» Meine Mutter und Luigi?
Ach du heilige Scheiße.

Nun hebt Luigi wieder seinen Kopf, weicht allerdings noch immer meinem Blick aus. «Diane arbeitete als Kellnerin bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Vom ersten Moment an wusste ich, dass sie die Liebe meines Lebens ist.» Seine Wangen werden rot, seine Augen strahlen, als er in Erinnerungen schwelgt. «Wir kamen ins Gespräch und ich führte sie auf Dates aus. Alles lief prima», seine Stimme wird tiefer, wütender, «bis Silvestro ihr begegnete.» Er knirscht mit den Zähnen, das Funkeln in seinen Augen verblasst. «Den Rest kannst du dir denken.»

Die Farbe weicht aus meinem Gesicht. Mit großen Augen starre ich ihn an, möchte nicht wahrhaben, was ich gehört habe. Nicht nur war meine Mutter auf Dates mit Luigi, sondern mein Vater hat sie einem anderen ausgespannt. Mein Weltbild ist erschüttert.

«Du solltest schlafen», meint Luigi monoton. «Du siehst schrecklich aus.»

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Mal eine etwas andere Seite von Luigi
He is still a monster tho

Mafia Romance 1 Where stories live. Discover now