|| 55 || Alarm - Part 2

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Vier Männer mit grimmigen Gesichtern stürmen herein. Mein Herz schlägt höher. Beruhige dich, Avyanna. Sie können dir nichts anhaben. Luigi braucht dich lebend.

Mein Gesichtsausdruck bleibt ausdruckslos, als der Mann mit der schiefen Nase, ein langes Messer hervorzieht. «Fabian und Harvey, ihr haltet Sie fest. Peter, durchschneide das Seil um ihre Hüfte.» Dann kniet er sich vor mir nieder und versucht das Seil an meinem Fuß zu durchschneiden. Die anderen tun wie befohlen.

Fabian und Harvey stellen sich neben mich, einer links, einer rechts. Beide legen ihre Hand auf meine Schulter, üben Druck auf meiner Schulter aus, drücken mich auf die Sitzfläche des Stuhles so stark runter, dass ich glaube, der Stuhl würde jeden Moment brechen. Peter verschwindet hinter meinem Rücken, um sich das Seil, welches mich an den unbequemen Stuhl fesselt, zu kümmern.

Ich beäuge den namenslosen Mann mit der schrägen Nase, der der Anführer dieser Gruppe zu sein scheint. Er wiederrum ignoriert mich, schaut mir kein einziges Mal in die Augen. Er kommt mir bekannt vor. Woher nur? Ich lege meinen Kopf schief, mustere ihn, doch ich will nicht draufkommen. Schließlich gebe ich mich damit zufrieden, dass ich ihn vermutlich bei dem Kampf am Hafen gesehen habe. Vielleicht habe ich ihn auch die unzähligen Male, wenn ich als zum Kommissionsraum gelaufen bin, gesehen.

Meine Füße werden als erstes befreit. «Beeil dich, Peter», sagt der Anführer. Er klopft mit seinem Fuß auf den Boden, macht keine Anstalten ihm zu helfen, sondern setzt ihn nur unter mehr Druck, in dem er Peter nicht aus den Augen lässt. Das Seil, welches sich noch immer um meine Hüfte befindet, bewegt sich und kratzt mich nun schneller als zuvor. Wenn sich Peter nicht hinter meinem Rücken befinden würde, würde ich mit Sicherheit Schweißperlen auf seiner faltigen Stirn glänzen sehen.
Schließlich, nach weiteren Aufforderungen, Peter solle sich doch beeilen, schafft er es schließlich und wirft das Seil achtlos neben sich. Nun sind alle Seile, außer das, das meine Hände zusammenbindet, entfernt. Sehr gut.

Der Anführer mit der schrägen Nase nickt zu Fabian und Harvey, woraufhin sie meine Schulter fester packen und mich versuchen hochzuziehen. Ich mache mich extra schwer und wickele meine Beine so um die Stuhlbeine, dass das Aufstehen unmöglich ist.

Der Anführer knurrt, meidet jedoch weiterhin Blickkontakt. Ich runzele meine Stirn. Etwas stimmt hier nicht.

Bevor ich einen weiteren Gedanken fassen kann, knallt eine Handfläche gegen meine Wange. Ich knirsche mit den Zähnen. Wer auch immer der Mann mit der schrägen Nase ist, er wird durch meine Hand sterben.

Adrenalin schießt durch meine Adern. Der Anführer holt zu einem weiteren Schlag aus. Ich springe auf.  Der Stuhl kracht nach hinten, Nägel graben sich in meine Schultern, versuchen mich zu bändigen. Schneller als das Auge schauen kann, schnellt mein Fuß nach vorne, wehrt den Schlag des Anführers ab. Mein anderer Fuß folgt, zielt in seine Intimzone und trifft. Ein Schrei erklingt, der sich mit dem Schrei von Harvey vermischt, als ich herumwirbele und ihn mit meiner Schulter zur Seite stoße. Er kracht auf den Boden.

Meine Hände mögen noch gefesselt sein, aber schlagen können sie noch immer. Meine Faust landet in der Magengrube von Peter. Der Dorn des Verlobungsringes dringt in sein Fleisch. Keine große Wunde, aber schmerzhaft. Er stolpert wenige Schritte nach hinten, rudert mit den Armen in der Luft.

Fabian, der bisher nur mit großen Augen das Geschehen verfolgte, erstarrt einen Bruchteil einer Sekunde, aber diese Millisekunde ist bereits zu lang. Ich boxe ihm gegen die Seite. Zischend presst er seine Hand auf seine Verletzung. Doppeltritt gegen sein Knie und in seine Eier. Er knickt zusammen, Tränen strömen aus seinen Augen.  Dem Knacken seines Knies zu urteilen, wird er so schnell nicht wieder aufstehen können.

«Idiot!», schreit der Anführer auf, der seine Arme ausstreckt und auf mich zu rennt, um mich wieder gefangen zu nehmen, jedoch weiche ich aus, sodass er ins Stolpern gerät. Ich trete ihn gegen die Hüfte. Ihn fetzt es auf die Fresse. Ich grinse.

Verängstigt weicht Peter ein paar Schritte zurück und presst seine Hände auf seine kleine Bauchwunde. Weichei. Hätte ich die Zeit, würde ich mit den Augen rollen. Allerdings bin ich zu sehr damit beschäftigt, meinen Fuß hinter Peters Kniekehle zu legen, ihn nachvorne zu ziehen. Er wedelt mit den Armen, bevor auch er das Gleichgewicht verliert und es ihn hinlegt.

Der Anführer, der mit schmerzverzehrtem Gesicht versucht, aufzustehen, knurrt: «Du Miststück!»
Ich wirbele zu ihm, kicke ihn gegen die Brust. Keuchen. Aufprall mit dem Rücken auf den Boden. Bevor er sich aufrappeln kann, setze ich mich auf ihn. Ich blicke auf ihn herab und dann endlich weiß ich, woher ich ihn kenne.

Lorenzos Freund. Der Freund des Volldepps, der meine Macht in Frage stellte. Oder besser gesagt: Der Freund des toten Volldepps, der meine Macht in Frage stellte und nun in der Hölle dafür büßt.

«Matteo», zische ich.
Matteo rollt seine Augen. «Hat ja lange gedauert.» Verdammt! Die ganze Zeit über hatte Luigi einen Maulwurf in meiner Mafia. Zumindest war Matteo nur ein einfacher Soldat und besaß keine höhere Stellung. Doch was ist, wenn Matteo nicht Luigis einziger Maulwurf ist? Ein Zischen verlässt meine Lippen.

Matteos Faust schnellt nach vorne, ich blocke sie ab, presse diese mit meinem Gewicht auf den Boden. In Blitz-geschwindigkeit ziehe ich mein Knie nach oben, treffe sein Intimbereich. Er knurrt, versucht seine Beine zu bewegen, mich irgendwie zu verletzen, jedoch ist ihm dies nicht möglich.

Meine Lippen pressen sich aufeinander. «Ich hätte dich damals töten sollen.» Ich steche den kleinen Dolch von meinem Rosenring in seinen Hals, treffe die Hauptschlagader. Er gurgelt.

Harvey, Peter und Fabian starren ihren verletzten Anführer an, dann sich gegenseitig. Ich lege meinen Kopf schief. Ich mag die die drei bereits verletzt haben, aber meine Arme sind noch immer gefesselt. Während ich mit Matteo beschäftigt bin, könnten sie mich angreifen. Ich hätte keine Chance.

Ich knirsche mit den Zähnen. «Haltet euch raus und ihr werdet verschont.»
Peter beißt sich auf seine Lippe, schaut den Anführer schlechten Gewissens an. Dann tritt Entschlossenheit in seine Augen. Ich rechne schon damit, dass er sich auf mich wirft, doch stattdessen eilt er zu seinem Freund, dessen Knie ich verletzt habe, hilft ihm aufzustehen und humpelt mit ihm aus dem Zimmer, so schnell es ihm möglich ist. Harvey rennt ebenfalls davon. Ich habe sie alle bereits verletzt, wenn auch nicht sonderlich schwer, jedoch sind sie schlau genug, sich kein weiteres Mal mit mir anzulegen.

Ich umgreife Matteos Kehle, drücke leicht zu, verstärke meinen Druck mit jeder Sekunde. Anfangs versucht Matteo sich zu mit all seiner Kraft zu wehren, nach Luft zu schnappen, doch innerhalb kürzester Zeit verlässt ihn seine Kraft. Eine Träne rollt über seine Wange. Das Seil an meinen Händen spannt sich, bohrt sich in mein Fleisch, wie es auch Matteos Hals kratzt. Ein letztes Mal versucht er sich zu wehren, jedoch sind seine Arme zwischen meinen knienden Beinen eingeengt, können sich nicht bewegen. Ich grinse. «Richte dem Teufel schöne Grüße aus.»

Matteos Augen flattern, dann fallen sie zu, sein Körper wird schlaf. Tot.

Mein Blick rast zur Tür. Ich warte darauf, dass weitere Wachen herbeieilen; dass Peter, Harvey und Fabian Verstärkung geholt haben, aber noch passiert nichts. Dennoch bin ich mir sicher, dass sie genau das getan haben. Jedoch befinden sich alle anderen Soldaten im Kampf. etwas Glück bleiben mir noch wenige Minuten, bis sie und weitere Soldaten herbeigerannt kommen.
Genug Zeit, um die Fesseln an meinen Händen zu befreien. Zumindest hoffe ich das.

Meine Lippen bilden eine Linie. Mir ist bewusst, dass ich diesen diesen Kampf mit gefesselten Händen nur deswegen überstanden habe, weil sie mich nicht ernsthaft verletzen durften und zusätzlich alle nicht die beste Kampftechnik besaßen. Luigi muss gedacht haben, vier starke Männer könnten eine gefesselte Frau in Zaun halten. Wieder einmal wurde ich unterschätzt.

Ich habe mehr von dir erwartet, Luigi.

Mafia Romance 1 Where stories live. Discover now