|| 22 || Ein Miststück mit dem Herzen am rechten Fleck

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Avyanna Salvatore

Mit schnell pochendem Herzen, das sich seit der Äußerung von Leandro über seine Zukünftige nicht beruhigt hat, betrete ich mit ihm an meiner Seite den Kommissionsraum.
Leandro und ich sind die Letzten. Die anderen zehn Bosse sitzen bereits auf ihren Plätzen. Ein Glas Wasser steht vor jedem auf dem schwarzen, runden Tisch.

Im Gegensatz zu dem königlichen Schlossthema des Anwesens ist dieser Raum kahl und kühl gehalten. Keine pompösen Fenster, keine protzigen Gemälde, keine prachtvollen Dekorationen. Nur ein glänzender Kronleuchter und die zehn Gebote der Mafia, die golden eingerahmt wurden, zieren das Zimmer.

Im selben Augenblick, indem Leandro und ich den Raum betreten, verändert sich die Stimmung, wird angespannter und aufgeladener. Alle Blicke liegen auf uns, wie wir eingehakt nebeneinander stehen.

Mehrere Augen werden rund, als sie bemerken, dass ich nicht wie üblich meinen Hosenanzug trage, sondern ein eng-anliegendes Kleid, welches meine Kurven vorteilhaft betont.
Die rechte Augenbraue von Miguel wandert ein Stückchen nach oben. Ich unterdrücke ein genervter Seufzer und rolle stattdessen lediglich mit meinen Augen. Ich habe das Gefühl, dass diese Kommission um einiges spannender als sonst wird.

«Du siehst atemberaubend aus», schmeichelt Miguel mir. Manche Bosse, wie beispielsweise Licciardi und Pastrone, nicken zustimmend. Doch die meisten scheinen verspannt zu sein, schauen abwechselnd von mir zu Leandro, zu Miguel und zu Luigi.
Offensichtlich haben sie schon von den Spannungen zwischen uns mitbekommen. Auf welche Seite sie sich wohl schlagen?

Schwach lächle ich. «Danke, Miguel.» Absichtlich verwende ich seinen Vornamen, um zu verdeutlichen, dass er auf unserer Seite steht und dass wir eine geschlossene Einheit bilden.

Leandro wirft mir einen kurzen Seitenblick zu, bevor er sich auf seinem Platz, der meinem fast gegenüber liegt, hinsetzt. Auch ich mache mich nun auf dem Weg zu meinem Sitz, der sich direkt neben Luigis, meinem Feind, befindet.

Gerade als ich mich hinsetzen möchte, sticht mir eine schwarze Rose, die auf meinem Stuhl platziert wurde, ins Auge. Die Rose ist ganz schwarz; die Blütenblätter wie der Stiehl samt Dornen.

Wie eingefroren verharre ich, den Blick auf die schwarze Rose gerichtet. Schwer schlucke ich. Eine Drohung. Vor allen Mafia Bossen, meinen Rivalen und Konkurrenten. Vor all den hungrigen Löwen, die bereits mit ihren scharfen Zähnen fletschen, um mich bei lebendigem Leibe zu fressen, wenn ich auch nur das kleinste Anzeichen von Schwäche zeige.

Ich räuspere mich leise, strecke mein Kinn vor, richte mich in meiner ganzen Größe auf. «Ästhetisch.» Nun bücke ich mich leicht, greife vorsichtig nach der Rose, achte darauf keinen Dorn zu berühren. Daraufhin hebe ich sie hoch, präsentiere sie allen.
Jedermanns Augen werden rund, Schock und teils Verwirrung spiegelt sich in ihnen. Leandros Lippen werden dünn, genauso wie Miguels.

Als ich gestern mit Miguel telefoniert habe, habe ich ihm von der Drohung und der schwarzen Rose berichtet. Leider wusste auch er nicht, was es mit der schwarzen Rose auf sich hat.

Nachdem ich mich auf meinen Stuhl gesetzt habe, sage ich mit dem Blick auf die Rose: «Es ist mir eine Ehre, diese Rose zu erhalten.» Mein Mund ist zu einem gefährlichen Grinsen verzogen. «Die hat sicher ein kleines Vermögen gekostet, oder nicht, Mister Montana?» Mit einer mörderischen Betonung hebe ich Luigis Namen hervor. Anschließend wende ich mich an ihn, schaue ihn erwartungsvoll an. 

Jeder im Raum, außer Luigi und mir, hält den Atem an und verspannt sich. Luigi starrt mich mit verengten Augen an, die Lippen missbilligend zu einer dünnen Linie zusammen gepresst. Offenbar hat er sich eine andere Reaktion gewünscht.
Tja, Pech gehabt.

Mafia Romance 1 Where stories live. Discover now