|| 61 || Das Feuer der Rachelust

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Leandro Cassamento

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, er ist nur in Ohnmacht gefallen. Doch wer soll diese Verletzungen überleben?

Drei Sekunden schaue ich ihn, meinen besten Freund, der für mich sein Leben gegeben hat, an.
In der ersten Sekunde, kann ich nicht glauben, dass er tot ist. Ich schreie seinen Namen, doch er wacht nicht auf.
In der zweiten Sekunde, ertrinke ich in Selbstmitleid, in Schmerz und Kummer.
In der dritten Sekunde erwischt mich einen Schlag von Wut. Ein Feuer entzündet sich in meinem Herzen, steckt meinen ganzen Körper in Flammen. Von Rachelust befeuert geht jede Zelle in mir in Flammen des Zornes auf.

«Interessant», erklingt Luigis Stimme. «Man könnte denken, ihr seid ein Paar.»

Das Feuer in mir explodiert. Mein Gehirn verliert die Kontrolle, wird übermannt von Gefühlen, die nach Luigis Blut trachten. Langsam, wie in Zeitlupe, stehe ich auf, drehe mich zu Luigi. «Schmorr in der Hölle, du Bastard.» Dann schmeiße ich mich auf ihn.

Avyanna Salvatore

Luigi wird büßen. Er wird dafür büßen, dass er Kinder und Frauen verkaufen und vergewaltigen ließ. Er wird dafür büßen, dass er meinen Vater damals umgebracht hat. Er wird dafür büßen, dass er mein Leben so schwer wie möglich gemacht. Er wird dafür büßen, dass er Leandro gezwungen hat, mit mir Schluss zu machen. Er wird dafür büßen, dass er meine Mama entführt und jahrelang eingesperrt hat. Er wird dafür büßen, dass er meine Mutter vor meinen Augen umgebracht hat.

Ich weiß nicht, wie es geschehen ist. In einem Moment kämpfte sie mit ihm, ihm anderen Moment fing Luigi sie, schien sie in einer Umarmung festzuhalten und plötzlich gaben ihre Beine nach. Mit ihrer letzten Kraft wollte sie mir etwas sagen, doch die Schüsse und Kampflaute übertönten ihre Stimme. Mein Herz zieht sich zusammen. Ich werde nie erfahren, was ihre letzten Worte waren.

Ich lege meine von Blut überzogenen Finger auf meine Wange, spüre die klebrige Spur von Tränen auf meiner Haut. Tränen, Schweiß und Blut vermischen sich.

Wieso musste es soweit kommen? Wie konnte es soweit kommen? Ich verstehe es nicht. Nichts macht Sinn. Wie habe ich das verdient? Wie hat meine Mama dieses Schicksal verdient? Ich verstehe es nicht. Ich kann diese Last auf mir nicht länger ertragen, die mir meine Brust zuschnürt, mir die Luft abschneidet und mein Herz bluten lässt. Wie soll ich je wieder glücklich werden? Ich dachte, ich hätte sie zurückgewonnen. Ich dachte, meine Mama wäre zurück und alles würde gut werden.

Ich habe es noch nicht realisiert. Ich habe noch nicht realisiert, dass sie wahrhaftig weg ist. Für immer. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. In meinem Kopf würde endlose Stille herrschen, wenn nicht die Rachelust in mir schreien würde.

Mein Blick huscht über den dreckigen Boden, der aussieht, als würde der Kampf schon Tage andauern. Meine Augen haften sich an ein blutiges Messer, welches nur wenige Meter von mir entfernt auf dem Boden liegt, ebenso wie ein Wurfstern. Ich steige über Leichen, weiche Schläge aus, und passe auf, nicht auf dem Blut auszurutschen, als ich mich dem Messer krabbele. Dabei ignoriere ich die Schmerzen, die insbesondere von meinen Beinen ausgehen.

Gerade nachdem ich das Wurfstern gepackt habe und das Messer umgreife, stolpert jemand gegen mich, verliert sein Gleichgewicht und fällt mit seinem Rücken nach hinten auf den Boden. Ich versenke das Messer in seiner Brust, nur um es dann zusätzlich in seinen Magen, seine Intimzone, sein Oberschenkel und erneut in sein Herz zu stechen. Ob ich wütend bin? Und wie.

Weitere zehn Sekunden benutze ich den Blauhaarigen wie ein Nadelkissen, nur dass ich die Nadel immer wieder herausziehe und neu hereinsteche. Macht Spaß. Besser als Therapie.

Mafia Romance 1 Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon