intuitiv und impulsiv

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Als Tsuki die Tür zu ihrem Zimmer öffnete merkte er zunächst die frische Luft und den kühlen Wind.
Im nächsten Moment blickte er zur Tür die sperangelweit offen stand sodass die Vorhänge sich gespenstisch im Wind bewegten.
Es dauerte bis er Kuro draußen auf der kleinen Holzveranda erkannte.
An dem selben Platz wo er noch vor ein paar Tagen gesessen hatte und..
Schnell verdrängte er diesen Gedanken. Jetzt ging es nur darum irgendwie wieder alles in eine Bahn zu schieben.
Er atmete tief durch. Seine Kehle fühlte sich plötzlich trocken an und in seinem Bauch war ein riesiger Knoten sodass er keine Ahnung hatte wie er jemals die richtigen Worte finden sollte.
Zwar hatte ihn Yamaguchi gut aufgemuntert und ihn ein wenig beruhigt jedoch änderte das nichts an ihrer Situation.
Kuro hatte sein Leben seit dem Trainingslager vor ein paar Monaten komplett auf den Kopf gestellt. Plötzlich machte er sich Gedanken über Dinge die er früher links liegen gelassen hätte. Da waren auch immer mehr Gefühle von denen er viele noch nicht einmal benennen konnte.
Zwischen, Lachen, Lust, Spiel, Wut und Trauer war alles dabei.
Und obwohl ihn das oft aufwühlte und er oft einfach nur intuitiv und vielleicht etwas impulsiv handelte fühlte es sich richtig an wenn er in seiner Nähe war.
Eine Weile stand er einfach im Türrahmen und starrte Kuros Hinterkopf an.
Die feinen schwarzen Häärchen in seinem Nacken die er schon so oft gestreichelt hatte.
Ein kleiner Teil in ihm stellte sich gerade vor was wäre wenn er diese kleine Geste nie wieder tun könnte.
Ein noch viel größerer Knoten formte sich in ihm und ihm wurde schlagartig schlecht.
Nein, das wollte er nicht. Nie und nimmer wollte er das was sie im Moment hatten, was auch immer es war wieder hergeben.
Kuro erfüllte ihn mit einer Art Lebendigkeit sodass er sich vorkam als hätte er jahrelang die Luft angehalten und würde jetzt zusammen ihm, das erste Mal richtig atmen. Das erste Mal richtig leben.

Genau in diesem Augenblick, als ihm das klar wurde hörte er Kuro leise aufschluchtzen.
Etwas tief in seinem Herzen zersplitterte. Es tat weh.
Es ging ihm schlecht.
Er. Er weinte?
Das durfte nicht sein. Das war nicht richtig. Das hatte er nicht verdient.
Schlagartig erwachte Tsuki aus seiner Starre, schloss die Tür und ging langsam auf ihn zu um ihn nicht zu erschrecken.
Als jedoch die letzte Planke knarrte drehte sich Kuro leicht um und strich sich schnell mit der Innenseite seines Pullis übers Gesicht.
"Hey", sagte Tsuki schüchtern. "Du warst nicht beim Frühstück".
Es war eigentlich belanglos, doch irgendwie musste man ja in einen Dialog kommen.
"Hatte keinen Hunger", kam es mit erstickter Stimme von dem schwarzhaarigen.
Eine Weile blieb es still.
Kuro saß ein wenig weiter vorn als er das letzte Mal, sodass seine Beine über die Kante nach unten hingen.
Tsukishima setzte sich bedacht neben seinen Freund und blickte auf die grauen Kieselsteine die zu ihren Füßen lagen.
"Weißt du... ", fing Kuro plötzlich an "ich glaube ich... Ich glaube ich bin nicht gut für dich. "
"Wie kommst du darauf", schoss es sofort aus Tsuki heraus und sein Herzschlag setzte eine Sekunde aus.

"Ich habe die ganze Zeit nicht gemerkt das ich dich mit der ganzen Sendai-Geschichte wahnsinnig unter Druck gesetzt habe. Ich habe nur daran gedacht, wie es am besten für uns ist. Wie ich alles erleichtere und wie ich mir die Zukunft vorstelle. Habe organiesiert und gesucht wie ich das schaffen kann. Wie ich bei dir sein kann."
"Und warum ist das jetzt schlecht, das klingt doch alles gut". Tsuki war verwirrt.
In Kuros Stimme lag ein komischer Unterton, der ihm ganz und gar nicht gefiel.
"Das ist es vielleicht, aber ich habe etwas vergessen das ich nicht vergessen durfte. "
"Und das wäre".
Der Brillenträger sah Kuro von der Seite an und tatsächlich wand der andere sein Gesicht.
Tsuki musste schlucken.
Die Augen seines Gegenübers waren leicht geschwollen, seine Haare noch wild und ungekämmt. Sein Gesicht wirkte irgendwie eingefallen und auf seiner Stirn waren zahlreiche rote Linie zu sehen als hätte er schon lange angestrengt über etwas nachgedacht.
Doch das Schlimmste war der Ausdruck in seinen Augen, er hatte etwas trauriges, offenbarendes. Angsteinflößendes.
"Ich habe. Ich habe dich vergessen. Bei all dem was ich geplant hab, da hab ich ganz aus den Augen verloren was du willst. Ich habe nie daran gedacht, das du vielleicht noch nicht bereit dazu bist. Das du womöglich andere Pläne hast. Das ich dich überfordern könnte und offensichtlich auf habe. Keinen einzigen Gedanken habe ich daran verschwendet dich zu fragen was du willst.
Wie kann ich mit dir zusammen sein und vergessen dich nach deiner Meinung zu fragen?
Wie kann ich zusammen mit dir sein und nicht an dich denken und das du auch Wünsche hast?
Dann bin ich einfach kein guter Freund. Ich habe nur an mich gedacht. Ich habe dich wieder in eine unglaublich dumme Lage gebracht. Denn natürlich kannst du nicht nein sagen. Es hat soviele gute Argumente warum Sendai die perfekte Ausgangsposition wäre. Aber ich will nicht das du ja sagst weil du musst, sondern weil du es willst.
Aber das geht jetzt nicht mehr.
Und das alles ist wieder mal meine Schuld.
Ich bin so ein Hitzkopf und ich weiß nicht ob ich das je ablegen kann.
Ich kann dir nicht versprechen das es das letzte Mal war das ich dich übergangen habe. Und ich finde du hast jemanden verdient der an dich denkt und deine Gefühle respektiert und dich nicht vor beschlossene Entscheidungen stellt."
Tsuki schluckte und zitterte am ganzen Körper.
Es hatte so viele Momente gegeben wo er Kuro am liebsten schreien ins Wort gefallen wäre, weil seine Worte so absurd und falsch waren doch er hatte es nicht geschafft auch nur ein einziges Wort über seine Lippen zu bringen.
Was sollte das hier alles?
Er wollte doch ein Happy End, er wollte ihm sagen das er niemals ohne ihn sein wollte. Er wollte ihn drücken und ihn beglückwünschen und wissen was mit seiner Familie war und hören das er es nicht nur für ihn tat sondern weil er es woltte.
Doch jetzt?
War das?
Ein Schlussstirch?

Kurotsuki Gemeinsam statt einsamWhere stories live. Discover now