Steinzeit

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Die Tür schloss sich und eine unangenehme Stille trat ein.
"Wow, das war ja..."
"Krass oder", meinte Kuro und sah zu seinem etwas perplexen Freund hinüber.
Seine Arme waren immer noch verschränkt und seine Augenbrauen waren zusammen gezogen als würde er angestrengt nachdenken.
"Was denkst du", fragte er deshalb.
Tsuki druckste etwas herum, antwortete dann jedoch. "Das was Michi da passiert ist, ist wirklich scheiße gewesen. Und das obwohl sie nicht mal die Person war um die es eigentlich ging. Ich glaube zwar nicht das einer aus deinem oder meinem Team sich assozial verhalten würde wie in Michis Fall doch die Auswirkungen auf sie können wir kaum leugnen".
Tsukis Worte klangen sehr erwachsen und sehr überlegt und er konnte dem nur zustimmen.
Bei ihrem Outing hatte er nie daran gedacht das es auch ihre Freunde treffen konnte. Allein die Vorstellung wie sein bester Freund gemobbt wurde, bah, da wurde ihm speiübel.
"So sehr mich die Leute im Team auch manchmal ankotzen, mit ihrem überzogenen Ehrgeiz, ihrem Stolz und besonders wegen den zwei Streithähnen aber ich will nicht das andere über sie lästern. Und den Namen des Teams in den Dreck ziehen".
"Meinst du ich will das? Aber mal ehrlich nur weil das bei Michi so gelaufen ist heißt das nicht das es bei uns genauso sein wird", redete Kuro ihm gut zu und berührte ihn sachte am Arm.
"Aber es könnte", kam es etwas erstickt und kalt von Tsuki und Kuro gab dem dringenden Bedrüfnis nach den anderen zu umarmen.
Anfangs war der jüngere steif doch dann klammerte er sich ruckartig an ihm fest.
"Wieso ist das alles so kompliziert", flüsterte Tsukishima mit dünner Stimme.
"Weil Liebe nun mal kompliziert ist".
Ein amüsiertes Lachen stieg in Tsukis Kehle auf doch fand es nicht den Weg durch seine Lippen. Die Worten klangen zugegeben etwas kitschig doch sie passten.
Sie hielten sich immer noch im Arm als an der Tür geklopft wurde und Sekunden später Sugawara den Kopf hineinstreckte.
"Kommt ihr zwei wir wollen dann looo.. ".
Blitzschnell hatten die beiden den nötigen Abstand zwischen sich gebracht.
"Wir kommen gleich", meinte Tsuki genervt und sammelte ein paar Kleidungsstücke ein.
Sugawara nickte grinsend und schloss die Tür dann wieder.
Kuros Herz schlug bis zum Hals. Adrenalin hatte sich in kürzester Zeit in seinem Blut gesammelt nur um jetzt wieder zu verpuffen.
Er seuftzte auf und griff sich an sein rasendes Herz.
"Sugawara weiß es doch, alles gut", sagte sein Freund locker und schlüpfte schnell in eine frische Jeans und einen Pullover.
"Na und es hätte auch jemand anders sein können. Man ich hasse es jetzt schon. Diese ständige Angst aufzufliegen wegen so einem Mist", sprudelte es aus Kuro heraus. In seinem Bauch hatte sich eine riesige Ladung Wut gebildet und der musste er jetzt Luft machen.
"Weißt du wir sind im 21. Jahrhundert, wir sind in Japan und nicht irgendwo in Israel oder in Afrika wo so etwas erst Jahre später ankommt. Wir sind technologisch und medizinisch so weit aber sozial sind wir gefühlt noch in der Steinzeit.
Mann plus Frau ist gleich Nachkommen ist gleich überleben. Was soll der Scheiß. Spielt Liebe überhaupt noch eine Rolle in unserer Gesellschaft? Wer zum Teufel bestimmt denn wen ich lieben darf und wen nicht? Und wieso werde ich dafür kritisiert das ich mit jemanden zusammen sein will den ich liebe. Das kotzt mich so an. "
Kuro schlug wutentbrannt gegen die Wand. Sein Atem ging stoßweise und in seiner Hand breitete sich schrittweise ein dumpfer Schmerz aus.
"Ich sags doch kompliziert".
Kuro drehte sich zu ihm um.
Wie konnte der denn so ruhig bleiben? Stöhnend wand er sich ab, schnappte sich seine Jacke und lief ziemlich übel launig zu den anderen.

Es dauerte fast zwei Stunden bis sie endlich das Meer sehen konnten.
Das Wetter spielte Gott sei Dank mit und bot ihnen leicht bewölkten Himmel bei 13 Grad. Der etwas kühle Wind störte ein wenig aber das war vermutlich normal an der Küste.
Der Sand unter ihren Füßen war trocken und wehte wie ein leichter Nebel über den Boden.
"Echt schön hier", rief Daichi bewundernd.
"Hab ich doch gesagt", meinte Oikawa stolz und atmete tief die saubere Meerluft ein.
"Und das kannst du so oft haben wie du willst", fragte Nishinoya verblüfft?
"Naja wenn er Daddy lieb bittet", antwortete Iwaizumi trocken und mit reichlich Sarkasmus in der Stimme.
"Ich, ich muss nicht erst meinen Dad fragen".
Die anderen kicherten nur und liefen in Richtung Wasser.

Eine Zeit lang später, die Sonne stand bereits hoch am Himmel hatte sich ihre Gruppe etwas verstreut.
Ein paar hatten sich am Kiosk etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu Essen besorgt und saßen nun im Kreis zusammen oder in Kleingruppen im Sand.
Die Aoba Josai Jungs saßen mit Nishinoya und Tanaka beisammen und diskutierten über die Standard der verschiedenen Schulen und wirkten dabei äußerst belustigt.
Hinata und Kageyama hatten einen Volleyball mitgeschmuggelt und spielten sich zusammen mit Yamaguchi und Kenma ein paar Bälle zu.
Die Mädchen saßen unweit entfernt und tranken einen Milchshake.
Daichi und Suga saßen weiter weg und waren über ein paar Collegebroschüren versunken.
Tsuki saß im Sand, hatte die Knie angezogen und seine Kopfhörer aufgesetzt.
Seine Augen schweiften über den Horizont und die Spiegelung der Sonne im Wasser.
Auf einmal spritzte Sand auf und neben ihm schlitterte Kuro.
Er sagte irgendwas zu ihm deshalb zog er die Kopfhörer ab und wischte sich den Sand von den Klamotten.
"Hey, was machst du", fragte Kuro außer Atem. Vermutlich hatte gerade noch mit den anderen Jungs gespielt und war dann zu ihm hinüber gesprintet.
"Nichts, nachdenken vielleicht".
"Über was denn? "
"Über die Zukunft"?
"Machst du dir immer noch Gedanken darüber?" Kuro musste nicht genauer aussprechen was er mit darüber meinte.
"Nein, das ist es nicht", antwortete er ehrlich.
"Ist es weil ich vorhin kurz ausgerastet bin, tut mir echt leid ich war einfach etwas gefrustet. "
"Nein, das ist es nicht".
"Was dann"?
"Ich schätze es geht immer noch nicht in meinen Kopf hinein, das du bald in Sendai zur Uni gehen wirst".
Diese Tatsache hatte er immer wieder zurückgeschoben doch jetzt da er etwas zur Ruhe gekommen war, hatte er Zeit gehabt darüber nachzudenken.
Was würde das für ihre Beziehung bedeuten? Einerseits stellte er sich unglaublich schöne Scenen vor. Nach der Schule mit seinem Freund irgendwo was essen zu gehen, über den Tag quatschen und vielleicht sogar bei ihm zu übernachten wenn am nächsten Tag kein Unterricht war. Und doch hatte er etwas Angst das wenn er immerzu ihn in der Nähe hatte, sich selbst immer mehr verlor und zu einem uns wurde.
Und das wollte er nicht. Er wollte nicht von ihm abhängig sein, er wollte nicht das er sein Leben bestimmte. Und doch merkte er auf schmerzhafte Weise das er ihn brauchte. Mehr als ihm lieb war.

Kurotsuki Gemeinsam statt einsamWhere stories live. Discover now