Prioritäten

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Der Weg zum Bahnhof war ihm inzwischen vertrauter als ihm lieb war. Sein Magen schmerzte unangenehm und er musste seine Füße gerade zu prügeln einen Schritt vor den anderen zu tun. Das einzige das ihm etwas Halt gab war das sein Freund direkt neben ihm lief. Ihre Schultern berührten sich etwas und das tröstete ihn etwas darüber hinweg das er ihn nur zu gerne an der Hand gehalten hätte.
Sehnsüchtig sah er zu ihm hinüber und zu seiner Hand die nur wenige Zentimeter entfernt war. Dann erregte etwas im Hintergrund seine Aufmerksamkeit und er sah zur Seite. Eine Gruppe Mädchen die vor einem Kiosk zusammen standen, sahen in ihre Richtung und kicherten hinter vorgehaltener Hand. Und das nur weil er etwas zu nah neben ihm lief?
Er biss die Zähne aufeinander und ballte die Fäuste.
"Reg dich nicht auf, komm schon", raunte Kuro ihm zu und zog ihn an der Jacke weiter.
"Wieso glotzen die so doof", fragte er rhetorisch und warf noch einmal einen Blick zurück.
"Tya ich weiß auch nicht, die können schließlich nicht wissen das wir zusammen sind und wir verhalten uns auch nicht sonderlich auffällig. Aber darüber darfst du dir keine Gedanken machen. Los sonst verpass ich den Zug", meinte Kuro und sie beide liefen zur Abfahrtshalle.

"Shit halbe Stunde Verspätung ich glaub ich muss im Zug schlafen denn so viel Schlaf kriege ich heute bestimmt nicht mehr", rief Kuro genervt und lies sich auf eine nahegelegene Bank fallen.
Tsukishima blieb stehen und starrte auf den Boden.
"Hey ist nicht deine Schuld ich hätte einfach nen Zug früher buchen sollen", versuchte er ihn zu beruhigen doch das zeigte keine Wirkung.
"Kei was hast du", fragte er ihn und benutzte dabei absichtlich seinen Vornamen um ihn wachzurütteln. Zwischen ihnen hatte es nie ein Gespräch gegeben ob er ihn überhaupt so nennen durfte, er hatte es früher oder später einfach getan und er hatte nie etwas dagegen gesagt. Andererseits hatte er auch noch nie seinen Vornamen benutzt, was aber nicht weiter verwunderlich war, selbst Kenma nannte ihn bei seinem Nachnamen auch wenn er ihn anders betonte. Tetsuro sagten nur seine Familienmitglieder.
Es wäre auch etwas seltsam gewesen Tsuki zuhause bei seinem Nachnamen zu nennen, schließlich gab es dort mehr als einen Tsukishima.
Zwar benutzte er Kei nicht oft und wahrscheinlich deshalb reagierte sein Freund direkt darauf.
"Nichts, wirklich", meinte der blonde Blocker und lies sich neben ihn sinken. Weiter entfernt als es Kuro lieb war.
"Weißt du hat dir schonmal jemand gesagt das du echt schlecht lügen kannst", versuchte er ihn aus der Reserve zu locken.
Tatsächlich musste er etwas kichern und sah ihn endlich an.
"Da hast du wohl recht, aber danke das du es mir nochmal vor Augen hälst", sagte er daraufhin erörterte aber nicht weiter seine Gründe.
Was hatte er blos plötzlich, so schlimm war es jetzt auch nicht das sein Zug Verspätung hatte. Dann folgte Kuro Tsukis Blick. Er fixierte gerade ein älteres Paar auf dem anderen Bahngleis. Die Dame sah immer wieder zu ihnen rüber und sprach angeregt mit ihrem Mann und schüttelte dabei immer wieder mit dem Kopf. Der Mann versuchte sie zu beruhigen doch sie gestikulierte weiter und warf nun mehr als auffällig den Finger in ihre Richtung.
Gott sei Dank fuhr in diesem Moment ein Zug auf den anderen Gleis ein und versperrte ihnen die Sicht.
"Jetzt komm mal her", sagte Kuro einfühlsam, drehte sich auf der Bank sodass er ihn direkt ansehen konnte und zog ihn ein Stück zu sich.
In Tsukishimas Augen sah er die leichte Panik und wie er sich schnell umsah, doch er ignorierte es.
"Egal wo wir sind, es wird immer Leute geben die unsere Beziehung nicht gutheißen werden, damit musst du dich abfinden", erklärte er sah jedoch das Tsuki an ihm vorbei sah.
"Hey, sieh mich an". Das half.
Er hatte den jüngeren noch nie so unsicher gesehen.
"Jetzt sei mal ehrlich was ist dir wichtiger, die Meinung wildfremder Leute oder was deine Freunde und deine Familie von dir denken?" Kei nickte und nahm schüchtern seine Hand.
"Ich weiß das du dich immer noch nicht wohl dabei fühlst in der Öffentlichkeit zu zeigen das mehr zwischen uns ist und das ist auch ok, ich will dich zu nichts zwingen was du nicht willst", sagte Kuro die Worte die ihm schon länger schwer im Magen lagen.
Hey in wenigen Wochen würden sie mit vielen Leuten zusammen sein, die ihnen nah standen. Klar man musste nicht mit allen top befreundet sein aber trotzdem sahen sie sich ständig. Wieso sollten sie es vor ihnen geheim halten. Sein Team wusste ja schon bescheid und für ihn war das auch gar kein Problem. Klar hatte es den ein oder anderen blöden Spruch gegeben doch den hatte er einfach an sich abprallen lassen.
Früher oder später würde es sowieso raus kommen.
"Was willst du damit sagen", fragte Tsuki unsicher und zog eine Augenbraue hoch.
"Ich glaube du musst dir klar drüber werden ob du dieser Sache gewachsen bist. Entweder du versteckst dich wo auch immer du auf Leute triffst die nichts davon wissen das wir zusammen sind und glaub mir das ist verdammt anstrengend".
"Oder"?
"Oder du beginnst damit Prioritäten zu setzten und zu entscheiden welche Leute dir wirklich wichtig sind und wenn du auch weiterhin mir reinem gewissen in die Augen sehen willst".
Ihr Gespräch wurde unterbrochen von dem Pfeifen des Zuges der gerade auf ihrem Gleis einfuhr.
Tsuki biss sich auf die Lippe und wirkte nachdenklich.
Kuro stand auf um sich zu verabschieden. Sie standen sich gegenüber. Sein Freund tat einen Schritt auf ihn zu zögerte aber ihn zu küssen, was er wahrscheinlich vorgehabt hatte. Stattdessen wirkte er hin und hergerissen und das tat Kuro fast scho etwas leid. Er wollte ihn nicht vor solch ein Ultimatum setzen.
Vorsichtig lehnte er seine Stirn an seine und schloss für einen Augenblick die Augen.
"Ich wollte nicht da du dich verunsichert fühlst, es ist alles gut, ich bin glücklich mit dir und ich hoffe du auch mit mir und eigentlich ist das das wichtigste", flüsterte er.
"Ich bin glücklich glaub mir, ich muss mich nur dran gewöhnen.. "
"Glücklich zu sein", fragte Kuro lächelnd?
"Nein, jemanden so zu vertrauen".
Das traf ihn mitten ins Herz und er konnte es nicht unterdrücken und drückte ihm deshalb einen kurzen Kuss auf den Mund. Tsuki erwiderte und lächelte ihn danach sanft an.
"Ich liebe dich", raunte Kuro bevor er sich seine Tasche nahm und zum Zug lief.
Ein letzter Blick.
"Ich dich auch", flüsterte Kei und sah ihm noch lange hinterher selbst als der Zug schon längst aus dem Bahnhof gefahren war. Sollte es doch das letzte Mal für eine lange Zeit sein.

Als er eine Stunde später sich in sein Bett warf war Tsukishima irgendwie verwirrt. Kuros Worte hatten ihn stark getroffen. Natürlich war er sich im klaren darüber das er ihr Geheimnis nicht ewig aufrecht erhalten konnte, vorallem im Bezug auf die Freizeit die bevorstand. Seufzend stand er nochmal auf um sich ein Schlafshirt aus dem Schrank zu holen. Dabei bemerkte er das auf seinem Schreibtischstuhl noch ein graues T-shirt lag, das eindeutig nicht ihm gehörte. Er schmunzelte das er doch irgendwie immer irgendwas hier lies wenn er ging. In Gedanken versunken zog sich Tsukishima sein verschwitztes T-shirt aus und zog sich das seines Freundes an. Bei genauerer Betrachtung stellte er fest das es kein gewöhnliches T-shirt sondern ein Tanktop war das ziemlich locker saß.
Als er sich mit dem fremden Oberteil so im Spiegel ansah war ihm klar das er so niemals das ZImmer verlassen würde. Kuro stand sowas vielleicht aber wenn er es anhatte sah er einfach nur lächerlich aus. Er drehte sich etwas vor dem Spiegel doch es wurde nicht besser. Wie er sich so drehte und wendete musterte er seinen Körper mit einem ganz anderen Blick. In letzter Zeit hatte er vermutlich ein paar Kilo zugenommen doch wie sein Freund gesagt hatte, hatte ihm das sogar gut getan. Er war definitiv kein eitler Typ doch im Moment fuhr er sich durch die Haare wie einer dieser Fitnessfreaks. Im Geiste musste er über sich den Kopfschütteln und wollte sich gerade zum Bett umdrehen als ihm etwas im Spiegel auffiel. An seinem Hals. Tsuki sah genauer hin und ging näher an den Spiegel ran. Verdammt das gabs doch nicht.
Ein Hicky. Ein Knutschfleck.
Oh Scheiße. Kuro du Idiot...

Kurotsuki Gemeinsam statt einsamWhere stories live. Discover now