Wolfsburg

1.1K 36 0
                                    

Nach knapp einer Stunde teilten sich die Spieler aufs Feld auf. Direkt vor unserer Nase, Neuer. Einer der wenigen welche ich noch aufzählen könnte.
Er sah oft in die Runde. Sam winkte ihm wie eine verrückte zu. Dies ließ ich unkommentiert, ichmöchte ihr ihren Spaß nicht nehmen. Doch was war das? Ich nahm ein Schmunzeln des Torhüter war. Direkt in unsere Richtung. Ich sah mich um. Das hier war ausschließlich der Fanblock. Niemand seiner Familie würde vermutlich hier sitzen.
„Ich glaube er hat dich tatsächlich wahrgenommen!" ich schmunzelte. Vielleicht waren meine Gedanken umsonst aber vielleicht war es auch einfach nur viel wahrscheinlicher ein Zufall.
Das Spiel wurde angepfiffen. Oft waren die meisten Spiele auf der belgischen Seite. Für uns gab es wenig zu sehen. Bis auf Manuel neuer waren nämlich alle anderen deutschen bestimmt 200 Meter entfernt von uns.
In ein paar freien Momenten schaute der große Blonde Torhüter noch ein paar mal in unsere Richtung.
Die Zeit ging zwar schnell rum doch nur kurz befand sich das Geschehen vor unseren Augen.
Als die zweite Halbzeit mit einem guten 2:0 fast zu Ende war, verschwand Sam mit den Worten „Ich geh auf Klo! Warte dann auf mich!" relativ schnell. Die Schlangen vor den Toiletten müssen unendlich lang sein. Auch 10 lange Minuten nach Spielende saß ich noch immer hier. Der Großteil der Fans hatte sich schon zur Autogramm Session von Thomas Müller, Kai Haverts und Joshua Kimmich verzogen.
Ich nutzte die Chance um mich in die erste Reihe zu stellen und mir alles etwas genauer anzuschauen. Viele Dutzend Kameras waren überall verkabelt. Ich folgte den Kabelsträngen mit den Augen.
Unerwartet streiften grau-blaue Augen von der Ferne meinen Blick. Überrascht blickte ich beschämt weg. Diese Kälte der kühlen Augen meines Gegenübers lagen noch immer auf mir. Ich spürte es. Doch ich musste einen neuen Blick riskieren. Ich sah ihn an. Selbstbewusstsein und Adrenalin schoss durch meinen Körper. Ich lächelte zaghaft. Er erwiderte mit einem Grinsen. Bevor ich die Situation realisieren konnte sah ich ihn in seinem grauen Oberteil davon joggen.
Mein Blick fiel nun auf meine hochgekrempelten Ärmel. Überall hatte ich Gänsehaut.
Diese Begegnung glaubt mir doch kein Mensch.
Erneut schmunzelte ich bevor ich sanft am Arm gefasst wurde.
„Mensch, die Schlangen sind ja unendlich lang..." erschrocken drehte ich mich um.
„Lass uns gehen, hier ist ja mittlerweile nichts mehr los..." ihr Blick fiel aufs Feld.
„Zudem haben wir was zu feiern. Wir sind im Halbfinale!" sie strahlte. Ich erwiderte ihre Freude. Eher weniger weil ich mich für das Nationalteam freute sondern weil Sam so glücklich aussah. Ihre Schminke war total mitgenommen, ihre Haare hatten auch schon bessere Tage gesehen doch das war ihr egal.
„Ja, lass uns feiern." ich lächelte und zog sie mit mir zum Ausgang. Immer wieder musste ich an diese stahlblauen Augen denken, an dieses Lächeln... anmerken ließ ich mir nichts. Dies war vermutlich eh nur ein blöder Zufall.
Auch unser Rückweg bestand aus einer Bahnfahrt zurück in die Stadt. Das Gröhlen und der Gesang nun noch viel lauter als noch vor ein paar Stunden.
Ich entschied mich dazu, die Nacht bei Sam zu verbringen, ich hatte keine Energie mehr um mit dem Rad noch durch die überfüllte Innenstadt zu radeln.
Leider träumte ich weder von Manuel Neuer noch von sonst irgendwas. Naja, wenigstens hatte ich so meine Ruhe.
Auch am folgenden Tag wahr es ruhig. Jedoch bin ich kaum zu was gekommen. Ich habe geduscht und bin nach Hause gefahren. Vorsichtshalber legte ich bereits meine Klamotten für morgen raus. Ich bin in einer Kanzlei angestellt. Jedoch nicht als Juristin sondern als persönliche Sekretärin des mehrfach ausgezeichneten Rechtsanwalt Herr Dr. Senkit. Dieser hat mich dazu beauftragt morgen nach Wolfsburg zu fahren um seinen neuen Firmenwagen zu holen.
Es würde ein entspannter Tag werden also entschied ich mich für eine lockere Bluse, einen luftigen Blazer sowie für eine Jeans und sneaker.
Dass ich durch halb Deutschland reisen muss für meinen Beruf war nichts Neues. Deshalb stellte ich mich auf die Zugfahrt ein. In meiner Ledertasche befand sich deshalb auch mein Laptop.
Die Fahrt am nächsten Tag lief wie erwartet entspannt. Mit einem Shuttle wurde ich zum Hauptstammsitz der Volkswagen Gruppe gebracht.
Nachdem ich mich auf den Namen der Kanzlei angemeldet hatte nahm ich im Wartebereich Platz und fing an ein unbedeutendes Magazin zu liegen. Dieses hatte ich vom Stapel neben mir.
Durch jene Tür durch welche ich eben den Raum betrat kamen auch 2 Männer. Ich beachtete sie nicht großartig. Ich sah nur aus dem Augenwinkel, dass beide dunkel gekleidet waren.
Mitten in einem Artikel über das Aussterben der atlantischen Kegelrobben wurde ich unterbrochen.
„Entschuldigung, wir kennen uns." meinte einer der beiden Männer. Mein Blick lag noch immer auf der Zeitschrift.
„Ich denke wohl kaum." entgegnete ich desinteressiert und blätterte um.
Nun entschied ich mich doch, ihm einen kurzen Blick zu schenken.
Tatsache, wir kennen uns. Diese blauen Augen würde ich direkt wieder identifizieren können.
Ich war zu perplex um eine klare Antwort zu geben. Lediglich ein trauriges gestottert verließ meine Lippen.
„Herr N-Neuer..." ich sah ihn an. Nervös fuhren meine Hände über meinen Blazer.
Er bemerkte meine Unsicherheit ganz genau und konnte sich ein Grinsen offensichtlich nicht verkneifen.
Seine große Hand streckte sich mir entgegen.
„Manu..." sagte er selbstbewusst. Unsere Augen haben noch nicht einmal ihre Blicke zueinander gelöst.

Abseits des Stadions  - Manuel NeuerWhere stories live. Discover now