Saison

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Als ich morgens aufwachte, war es nicht mein Wecker welcher mich unsanft aus dem Schlaf riss sondern der 1,93 Mann welcher schon die Nacht neben mir, an mich gekuschelt verbracht hat.

Sanft wurde ich mit liebevollen Küssen geweckt.
Leise flüsterte er meinen Namen.
„Dein Flug geht in 4 einhalb Stunden..." ich spürte, dass er lächelt anhand wie er mich küsst.
Doch ich war absolut nicht in Laune. Ich wollte nicht zwei Wochen mit meinem absurden, fragwürdigen Kollegen mit hundert anderen Juristischen Helferlein in Kanada verbringen.
Viel lieber würde ich nächste Woche beim ersten Spiel der Saison auf der Tribüne stehen und Manu anfeuern und bewundern. Vermutlich mehr bewundern, das spielt jetzt aber keine Rolle. Denn die Realität ist, dass ich jetzt wohl oder übel aufstehen muss.

Manu legte mir seine Hand an die Wange.
Als ich meine Augen öffnete starten mich seine eisblauen Augen direkt an.
„Ich will nicht..." beklagte ich mich wehleidig und seufzte leise.

Wenigstens eine gute Sache hatte das Ganze, ich konnte endlich auf die Küsse von ihm eingehen. Zwar müde aber liebevoll.

Nachdem wir noch 10 Minuten so verharrten schaffte ich es endlich aus dem Bett.
Während Manuel das Frühstück vorbereitete duschte ich mich und packte die letzten Sachen in meinen Koffer.

Gezielt nutzte ich die Zeit während des Frühstücks um über meinen Kollegen abzulästern.
Ich beschwerte mich über seine pingelige Art, dass er immer recht haben muss, wie laut er telefoniert, dass er nie aufhört zu reden, dass er laut kaut und schmatzt und noch vieles mehr. aAuch wenn ich eventuell auch den einen oder anderen Charakterzug teile, ich brauche dies einfach als Ventil.

Manu grinste während meinem Monologs und biss lediglich von seinem Marmeladenbrot ab.
„Ich denke, du machst dir viel zu viele Gedanken." er nahm sein Glas in die Hand „sobald du in Kanada angekommen bist, bist du ihn bestimmt los, such dir Leute mit denen du besser klar kommst und sollte selbst das nicht klappen, erzähl mir von jedem auch so blöden Tag, aber vielleicht auch von Highlights. Ich höre dir gern zu." als er fertig gesprochen hatte wurde sein grinsen zu einem sanften Lächeln.

Während ich nur ein wenig lächelte, da ich realisierte wie lieb das von ihm war, trank er einen Schluck Wasser und stellte das Glas wieder ab.

Bevor wir beide los wollten, drückte ich ihm meinen Ersatzschlüssel in die Hand.
Mit den Worten: „Falls was passiert, Rette meinen Laptop."
Er grinste ein wenig und schob mich dann aus meiner eigenen Wohnung.
Er drängte mit dem Flug. Vermutlich war er besorgter, dass ich den Flug verpasse als ich selbst.

Mit seinem Auto, welches über Nacht vor meinem Wohnhaus stand, fuhr er mich zum Münchner Flughafen.

Als wir ankamen sah ich ihn wehleidig an.
Doch bevor ich nur was sagen konnte fiel er mir ins Wort: „Ich wünsche dir ganz viel Spaß, viel Geduld bei deinem Kollegen...wie hieß er nochmal? Erwin... Das wird schon. Schreib mir wenn du los fliegst, vielleicht ist die Route ja über unsrem Trainingsplatz." er lächelte und zog mich näher.
„Pass auf dich auf." mit diesem Satz küssten wir uns ein letztes Mal intensiv.

Als er grad noch was sagen wollte sah er aus dem Fenster und grinste. Ein vereinzeltes „oh" kam amüsiert von ihm.
Als ich seinem Blick folgte sah ich Erwin wie er lacht und lebt.
Mit riesigen Schweißflecken auf seinem blauen Polohemd, der roten Kappe auf dem Kopf und der weißen Bemalung aus Sonnencreme im Gesicht winkte er in unsere Richtung.

Ich seufzte.
„Dies ist kein verrückter Fan, dies ist Erwin..."
Ein letztes Mal fiel mein, bereits genervter, zu manus grinsendem.
Ein letztes Mal küssten wir uns kurz bevor ich ausstieg, mein Handgepäck auf meinen Koffer stellte und zu meinem 40-jährigem Kollegen lief.

Abseits des Stadions  - Manuel NeuerWhere stories live. Discover now