76.🐳

117 12 4
                                    

Gemeinsam liefen wir also durch das Krankenhaus. Es ging dabei einen langen, schmalen Gang entlang, welcher mit milchig, weißen Türen überseht war. An jedem Hang eine Zahl, welche die Nummer der Patienten zeigte. Zu dem hangen zur Deko überall auch noch Bilderrahmen, Blumen und alles Mögliche. Es war schön dekoriert und lenkte vom Wesentlichem ab; undzwar, dass hier Menschen um ihr Leben kämpften und manchmal auch starben. So auch beinahe Taehyung.

Ich schluckte. Alles in mir zog sich zusammen und bei dem Gedanken, dass er sich umbringen wollte, bekam ich ein schlechtes Gefühl im Magen.
Das ergab alles einfach keinen Sinn. Egal so oft man es drehte und wendete, das alles hier konnte man mit Logik allein nicht erklären. Wenn Taehyung wirklich böse war wieso versuchte er mir dann zuvor so viel zu helfen? Oder war das bloß ein Teil seiner Psychospielchen? Allerdings wirkte seine nette Art, das alles einfach viel zu echt als, dass es nur gespielt gewesen wäre. Außerdem passte das dann auch mit dem Suizidversuch kaum zusammen...

Hoffnung. Hoffnung auf eine Lösung machte sich in mir breit, wobei zugleich auch Schmetterlinge grenzenlos anfingen in meiner Bauchgrube hinaufzufliegen.

" So da wären wir. Hier ist das Zimmer. Falls Sie noch weitere Fragen haben, melden Sie sich einfach bei uns, ja?" Vergewisserte sich die Frau vor mir und zeigte auf das Zimmer vor uns. Folglich antwortete ich ihr mit einem knappen 'Hmh', ehe sie sich abwand. Danach verschwand sie in den großen Fluren des Gebäudes, wobei ihre Absätze noch lange nach hallten.

Nun stand ich komplett alleine vor dem angeblichen Zimmer, wo sich der Braunhaarige befand. Ich war nervös, verspürte die Last von einer riesigen Schuld an seinem Zustand auf meinem Schultern und nagte wie verrückt an meinen Lippen. Alles in mir strebte sich dagegen da rein zu gehen, doch ich musste es tun. Schließlich bedeutete Taehyung mir nach wie vor viel und ich musste so einiges mit ihm besprechen. Es war notwendig; trotz der Umstände.

Eigentlich musste ich sogar noch wütend auf ihn sein. Doch angesichts der Tatsache, dass er bis vor kurzem noch in Lebensgefahr stand, ließ mich anders an die Sache rangehen. Mit einem gewissen Stechen im Nacken und ganz viel Überwindung drückte ich dann die Klinke der Tür runter. Danach öffnete ich sie und schritt durch- wenn auch sehr langsam.

Anfangs sah man nicht viel. Es war nur ein Flur, welcher hinein ins Zimmer führte. Also schloss ich die Tür wieder hinter mir und lief den Gang entlang. Dabei schlug mein Herz wie verrückt. Mein Kopf dröhnte und innerlich weigerte ich mich den Weg zu beschreiten. Doch je weiter ich ging, desto weniger konnte ich umkehren und desto mehr Mut fasste ich.

Bis ich letztlich dann doch das Ende des Korridors erreicht hatte und Taehyungs Gesicht direkt konfrontieren musste. Er lag auf dem Bett. Eingewickelt im weißen Stoff mit Bandagen und der Bettdecke um ihn. Er selbst war genauso blass wie der Bezug der Matratze. Außerdem waren überall Schläuche an ihm befestigt und er hatte die Augen nur einen Spalt breit geöffnet. Genauso so, dass er mir mit seinem matten fast schon leblosen Blick ansah. So als verspürte er gar nichts.

Geschockt vom Anblick bekam ich keine richtigen Worte zu fassen. Ich verstummte, sah ihn bloß schweigend an und konnte noch immer nicht glauben, dass alles hier der Realität entsprach. Bis vor wenigen Tagen saß ich noch zusammen mit ihm in seinem Zimmer und wir lachten noch so herrlich. Nun lag er mit schwersten Wunden hier in diesem Bett; verwundet und zugerichtet. Entlarvt als V. Hilflos und fahl.

Ich hatte so viele Fragen, aber noch keine Antworten. Ich trug so viele Emotionen in mir, konnte aber nichts zeigen. Ich wollte so viel sagen, sprach aber kein einzigen Ton. Alles was ich tat war es seine toten Augen zu betrachten, die mich mit großen Pupillen musterten; er sah so kaputt aus. Als wäre er schon lange gebrochen. Wieso hatte ich das nicht früher bemerkt? Oder war er erst jetzt so ?

" Jungkook..." flüsterte er schwach und war derjenige, der das Eis zuerst zwischen uns brach. Er zerstörte die Stille und gab somit dem Sprechen freien Lauf. Seine Stimme klang rau, abgeflacht und unter starken Druck. " ...es tut mir so leid..." nuschelte er sich leise unter seiner Batmungsmaske, wodurch ich näher an das Bett kam. Sein Anblick löste Mitleid in mir aus, doch ich wusste, dass ich mich zusammen reißen musste. Nichtsdestotrotz war er nach wie vor du letzten Wochen mein Peiniger gewesen.

" Wieso hast du es dann getan?" Fragte ich ernst, aber noch immer in einem sachtenUnterton. Ich wollte ihn so gut es ging nachvollziehen und alles wissen. Ich war bereit ihm zu zu hören und ihn zu verstehen.

Kurz daraufhin sah Taehyung zur Seite, doch antwortete mir nicht, woraufhin in mir innerlich ein Stück meines Herzens brach. Seine Reaktion enttäuschte und verletzte mich. Besonders weil ich mir erhofft hatte, dass es eine Erklärung für all das gäbe.

Also fing ich wieder an zu reden. Diesmal etwas aufgebrachter, weil meine Emotionen wieder die Kontrolle über die Situation nahmen. " Erklär mir warum du das alles getan hast und wieso zur Hölle du dachtest es wäre eine gute Idee dich beinahe umzubringen!" Beschwerte ich mich gereizt. Dass er sich zusätzlich verletzt hatte, saß mir auch schwer in den Knochen.

Es brachte mich um den Verstand zu wissen, dass der Braunhaarige sich umbringen wollte. Dass er beinahe ohne an die Konsequenzen zu denken oder an sein Umfeld sich getötet hätte. Für mich wäre innerlich immerhin eine Welt deswegen zusammengebrochen, wäre er wirklich gestorben. Außerdem streckte noch immer die Szene in meinem Erinnerungen, wie er blutig über dem Boden lag. Es schmerzte einfach. Ich würde mich für immer und ewig daran erinnern...

" Was hätte ich denn ohne dich gemacht, hm? Weißt du wie sehr mir dein Tod überhaupt weh getan hätte? Oder was du damit auslösen würdest?" Warf ich ihm vor. Er sollte nämlich verstehen, was er angerichtet hatte.
" Erst tust du mir sowas Schreckliches an und willst dich dann ohne Antworten einfach so von der Welt verabschieden und mich im Dunkeln tappen lassen? Weißt du wie ich mich damit gefühlt hätte?!" Verzweifelt sah ich ihn an.

Augenblicklich sah der Braunhaarige als Folge bei meinen Worten zu Boden. Er blickte mir nicht mal ins Gesicht, sondern starrte schuldig die Fließen an." Tut mir leid, ich wollte mich nicht umbringen..." kam es dann etwas gebrochen von ihm. " I-ich wollte mir lediglich dasselbe antun, wie ich dir..." wisperte er leise in den Raum, wodurch mein Kinnlade runter fiel. Seine tiefschwarzen Augen schimmerten gläsrig, was daran lag, dass sie sich mit Tränen füllten, ehe er denn Kopf zur Seite steckte.

" Was?" Hackte ich nach und kam näher. Ich konnte seine Mimik nicht lesen, weil seine Haare die Sicht versperrten. Ich war verwirrt und verstand nicht so ganz worauf er hinaus wollte.

" Ich habe dir die Wunden am Rücken und am Arm verpasst..." Er deutete mit seinem Blick, der nun auf meinem Arm lag auf mich. Perplex sah ich mich daraufhin zu dem alten Verband, der darum gewickelt war und frei war, da ich die Ärmel auf dem Weg ins Zimmer hochgekrempelt hatte.
" Also wolltest du dir dieselben Schnitte verpassen? " stellte ich sichtlich konsterniert fest.

" Bist du eigentlich verrückt? Weißt du wie tief die sind? Außerdem hat deine Aktion doch gar nichts gebracht...sie hat die Vergangenheit nicht verändert..." Er wollte sich also wirklich dasselbe antun wie mir. Dabei waren die Wunden doch so unglaublich schmerzhaft und nun hatte es dieser idiot sogar geschafft sich damit ins Krankenhaus zu befördern.

" Ich weiß...a-aber Ich habe es verdient..." murrte er traurig zur Seite, woraufhin ich nur unverständlich den Kopf schüttelte. Am Anfang hatte ich mir zwar gewünscht, dass er ebenfalls meine Qualen ertragen sollte, doch nun bereute ich es. Allein ihn jetzt anzusehen bereitete mir keine Freude, sondern puren Schmerz. Es war schon fast wahnsinnig. Vor allem weil ich es doch selber alles durchgemacht habe, hätte ich es besser wissen müssen...

" Taehyung..." flüsterte ich daraufhin ernst und verschränkte die Arme.
" Auch wenn du dieses Spiel gemacht hast, verdienst du das noch lange nicht, weil du eigentlich ein wirklich guter Mensch bist. Zumindest für mich lange warst..." Stellte ich klar.

" Nur verstehe ich gerade deshalb nicht wieso du dieses Spiel kreiert hast. Wozu du Kevin als auch mir diese ganze Scheiße angetan hast. Es war doch alles so gut zwischen uns...also Wieso?" Fragte ich etwas verzweifelt. Ich wollte es nicht wahr haben.

______

Felou

Bluewhalechallenge✔ °vkookWhere stories live. Discover now