ᴡɪᴇ ʜᴇɪßᴛ ᴅᴇɪɴᴇ ᴡᴏ̈ʟғɪɴ? ✔️

Zwölf

/ Leo  \

"Das kann nicht dein Ernst sein!", rief ich empört. "Linn, warum?"
Kühl musterte sie mich, wobei ihr der Schmerz im Gesicht anzusehen war. Sie sah schrecklich aus - halbtot. In einem verzweifelten Anfall hatte sie sich heute Früh fast die Haare abgeschnitten, als ihr diese weiße Haarsträhne immer wieder vor die Augen fiel. Rechtzeitig konnte ich sie noch abhalten und jetzt verlangte sie das von mir.
"Ich bitte dich, Leo. Bitte! Du musst mit ihm reden. Er soll sich keine Schuld zuweisen."
"Das kann ich nicht. Der wird mich zerfleischen!", rief ich außer mir und deutet in die Richtung seines Hauses.

Wann auch immer ich Noah sehe, werde ich an diesen dominaten, aggressiven, schwarzen Werwolf erinnert, der das Haus stürmen wollte und beinahe eine magische Schutzbarriere durchbrochen hat.
"Dann lass mich mit ihm reden.", meinte sie bestimmend und stand beleidigt auf, wobei sie kraftlos wieder nach hinten fiel. Sie hat das ganze Versiegeln überhaupt überleben können, weil wir ihr jeden Tag, an dem sie geschlafen hat, für zwei bis drei Stunden ihren Wolf zurückgegeben haben, damit er sie am Leben hält. Und ihr Wolf hat beinahe versucht uns umzubringen währenddessen.
"Das kannst du nicht.", ermahnte ich sie streng. Wer hätte gedacht, dass mir so etwas passiert, wenn ich aus Dänemark zurück komme? Babysitter für Linn Hambe und ihren Mate werden? Ich definitiv nicht.
"Bitte, Leo.", versuchte sie es wieder den Tränen nahe. Sie konnte mir nicht ins Gesicht schauen, dennoch tat sie es.
Okay, ich gab auf. "Du bleibst hier."

Genervt verließ ich das Haus und latschte durch den Wald. Ich versuchte das Bild von dieser kaputten Linn aus meinem Kopf zu kriegen, aber es verfolgte mich wie ein Geist.
Sie war total bleich und schwach. Sturr versuchte sie sich auf den Beinen zu halten und so weiterzuleben, wie davor, aber dazu hatte sie die Kraft und Ausdauer verloren. Zumindestens kann sie wieder essen und trinken. Ihre Mutter war froh, dass sie direkt nach dem Koma wieder so viel Essen konnte, wie sie es schon seit lange nicht mehr getan hat. Und ich wette, dass sie bestimmt schon zwei Kilo zugenommen hat, sie war fast nur noch am Snacks essen und futtern. Wie so ein Hamster.

Als ich in unser altes Gebiet ankam, blieb ich stehen. Ich wusste ja nicht einmal wohin ich gehen sollte. Entnervt rief ich Linn an, die mich lachend empfing. "Ich hab dir hinterher gerufen, aber du warst schon weg."
"Ja, ja. Wo soll ich hin?" Ausatmend sah ich mich in der bekannten Gegend um.
"Richtung See, aber du musst den Weg nach oben nehmen und nicht runter zum See."
"Zu der Klippe?", fragte ich verwundert und ging nachdenklich weiter.
"Ja, da ist eine Stelle, wo ein schiefer Baum steht und von wo man einen Ausblick auf den Flughafen hat." Schnaubend legte ich auf.

Ich gönnte es Linn, dass sie ihren Mate gefunden hat, aber ich wäre es auch gerne gewesen. Irgendwie. Klar bereute ich die Sache mit Tina, vor allen da Linn da erst angefangen hat aufzuleuchten und sich so toll weiterzuentwickeln. Wäre ich vielleicht hier geblieben, hätte ich Linn von mir überzeugen können, aber meine Eltern wollten ja unbedingt weg.
Meine Meinung zu Noah war zwiegespalten. Linn meinte, dass er sich gut um sie gekümmert hätte, aber ich hab das zwischen den beiden am Sonntag eher als komisch empfunden. Okay - ich war zwar von Amy abgelenkt - aber ja.

Je näher ich der Stelle kam, desto unwohler wurde es mir. Ich hätte eine Schutzausrüstung mitnehmen sollen, falls Noah wütend wird. Immerhin war ich 6 Jahre mit ihn in einer Klasse, ich hab ihn schon aggressiv erlebt und ich wusste, dass er jahrelang Regionalmeister im Kickboxen war.
Scheiße, ich hätte definitiv eine Schützausrüstung mitnehmen sollen!
Nervös schaukelte ich hin und her und sah den Flugzeugen beim Abfliegen und Landen zu. Noah ließ sich ganz schön Zeit. Ob er überhaupt kommt? Oder hätte er sie sitzen gelassen?
Scheiße, was war wenn er herausgefunden hat, dass wer Linn wirklich ist und er gerade auf dem Weg zu ihr ist?