ᴡɪᴇ ʜᴇɪßᴛ ᴅᴇɪɴᴇ ᴡᴏ̈ʟғɪɴ? ✔️

Fünfundfünzig

¤ Timmy ¤

Jonas hatte immer darauf geachtet, dass er und Sammy sich vor mir verantwortungsvoll und normal verhalten. Einmal habe ich die beiden beim Umarmen erwischt und davor einmal beim Küssen zufällig gesehen. Er bestand vor Sammy ständig darauf, dass sie auf mich aufpassen sollen und auf mein Gedächtnis achten sollen. Ich weiß nicht wovor er Angst hat. Immerhin habe ich ihn in seiner Skinny Jeans Phase noch miterlebt und wenn er wollte, dass ich etwas nicht mitbekomme, dann wäre mir diese Phase viel lieber gewesen.

Mama und Papa lebten ihre Leben ohne schlechte Gewissen und relativ offen. Mama hatte immer Freude im Gesicht, wenn Papa heim kommt und Papa trug Liebe und Sehnsucht in den Augen, wenn über Mama gesprochen wurde. Sie umarmten sich oft, scherzten viel und lagen einander beim Fernsehen manchmal in den Armen. Ab und zu küssten sie sich kurz und früher habe ich mir Spiele ausgedacht bei denen ich die beiden beobachtet habe und wenn ich sie dann bei einem kurzen Kuss gesehen habe, war ich aus meinem Versteck gesprungen und habe beide erschrocken. Wir haben dann gemeinsam gelacht und sie haben mich in ihre Umarmung mit hinein gezogen.

Dass ich die Szene zwischen Noah und Linn in ihren Wolfsformen gesehen habe, war etwas total neues. Die sprühenden Funken, die Intimität und die starke Sehnsucht waren klar zu vernehmen.

Mist, jetzt fange ich schon an wie Mama zu reden wenn sie ihre Inga Lindström Filme schaut.

Linn und Noah drehten mehrere Runden um einander und mir fiel wieder das Gespräch zwischen Amy und Mama ein, als sie davon erzählt hat, wie Noah das erste Mal auf seine Mate getroffen ist. Damals als Amy in die giftige Bärenfalle getreten war. Es kommt alles wieder zu einem Anfang und schließt sich wie ein Kreis. Beim ersten Treffen waren Amy und Jason dabei und haben zugeschaut nun waren es Mama und ich.

Linns Statur änderte sich abrupt und sie verzog sich plötzlich. Im nächsten Moment saß sie dann erneut als Mensch vor uns auf dem Boden und hatte den Kopf so hängen gelassen, dass man ihr Gesicht nicht von den herabfließenden Haaren sehen kann. Noah verwandelte sich auch sofort zurück und fasste ihr Gesicht sanft und sorgevoll.
"Das Siegel ist gebrochen.", stellte Linn leise klar und ließ sich von Noah in die Arme ziehen.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich wie Mama auf ihre Armbanduhr blickte und mir dann einen Arm um die Schultern legte, um mich näher an sie zu ziehen. "Zweieinhalb Stunden früher als Leo und du es vorhin noch ausgerechnet habt.", flüsterte sie gerade noch so hörbar. Zweieinhalb Stunden früher als was? Und was für ein Siegel?
Linn schluchzte plötzlich auf und ich verlor mich für eine Sekunde. Sie weinte? Oder hat sie sich bloß verschluckt an ihrer eigenen Spucke?
"Linn, das muss nichts heißen.", sprach Noah schnell und ... besänftigend? "Sie können noch immer-"
Sie schüttelte den Kopf und verfiel weiter in Noahs Umarmung hinein. "Sie will es mir nicht sagen, aber sie hat sie seit ein paar Minuten nicht mehr spüren können. Es ist aus Noah. Sie sind nicht mehr da."
"Du darfst so nicht denken. Wir haben keine Bestätigung, kein Zeich-"
"Wir haben über zwei Stunden Verfrühung. Es ist nicht normal abgelaufen. Sie haben nicht stückchenweise vom Siegel abgelassen wie die letzten Stunden, sondern wurden in ihrem Vorhaben gestört. Etwas ist passiert und ich bin mir sicher-"
"Du hast recht.", fiel Noah ihr hektisch ins Wort. "Etwas ist passiert, aber dieses Etwas kann alles Mögliche gewesen sein."

Als sie ihren Kopf aufrichtete und ich durch das Licht aus dem Flur ihr Gesicht sah, musste ich erschrocken einen Schritt zurücktreten. Also war es doch wahr. Linn weinte. Aber warum?
"Du darfst das offentsichtlichste nicht vergessen, Noah. Einen Siegebruch führt keiner gerne durch da es sich auf alle Beteiligten unterschiedlich auswirkt. Sowas tut man nicht freiwillig anderen an." Kurz blickte sie zu mir und fokussierte sich dann wieder auf Noah. "Rede mit ihm und bring ihn dann zu mir.", flüsterte sie in einem Ton, der mich vor Kälte zusammenzucken ließ. Ich war außerdem total unvorbereitet darauf, dass sie auf einmal aufsprang und auf die Tür zustürmte. "Leo!"