Fünfundsechzig

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< Noah >

Leander war der komischte Werwolf, der mir bis jetzt begegnet war. Komisch meine ich in dem Sinne nicht als lustig, sondern eigenartig. Mal davon abgesehen, dass er ein junger Freileber war, zog er es vor barfuß durch den Wald zu gehen, obwohl ich ihn vor offenen Bärenfallen gewarnt habe und Laura und Linn beigehängt hatten, dass diese von und wegen Jägern da wären - was mich ziemlich unerwartet getroffen hatte. Jäger? So wirklich in Tarnfarben und Jagdgewehren? Bei uns in der Stadt?
Leander war für unsere zweite Besprechungsrunde aufgebrochen, bevor ich verwundert die beiden ausfragen konnte, was das alles zu bedeuten hatte. Und wie viele Geheimnisse sie noch zu ihrem Rudel und dem Gebuet zu verstecken hatten.

"Weißt du, Noah, ich wiederhole mich nicht.", fing er seufzend das Gespräch wieder an. "Die beiden bleiben im Rudel. Ich bin jetzt nur gekommen um mit dir zu bereden, wie wir weiter wegen Linn vorgehen werden."
Langsam, wirklich nur langsam, kam ich zu Sinnen und fing an tiefer die Luft ein und auszuatmen. "Wenn du glaubst, dass du mir meine Mate wegnehmen kannst, dann bist du zu oft gegen einen Baum gelaufen."
"Linn ist rudellos, genauso wie ihre Eltern. Oder habe ich da etwas verpasst?"
"Sie ist noch rudellos.", verbesserte ich ihn streng.
"Sie ist nicht markiert."
Schnaubend lachte ich auf. Das war jetzt nicht sein Ernst? "Wenn ich sie nicht dazu dränge, dann du erst recht nicht."
"Zusamengefasst: Sie ist weder in deinem Rudel noch von dir markiert. Was aber feststeht ist, dass sie Eltern hat."
"Hat sie das?", fiel ich ihm ins Wort und um ehrlich zu sein machte es langsam Spaß ihn danach immer so gereizt zu sehen. So eine Kleinigkeit reichte aus, um ihn aus der Haut fahren zu lassen? "Soweit ich Bescheid weiß, hat keiner meiner Vertrauten die beiden zu Gesicht bekommen und sie unversehrt geschweige denn lebend gesehen."
"Ich akzeptiere deine Zweifel." Ehm. Okay. Danke? "In der Sache wirst du mir genauso sehr vertrauen müssen, wie ich deinem Wort, dass Linn wirklich deine Mate ist." Zweifelt er tatsächlich mein Mateband an? Für alle um mich herum stand schon fest, dass Linn meine Mate ist bevor ich es wusste und er stellt sich dagegen?

"Linn gehört zu ihrer Familie." Meint er nicht eher ihre Familie zu ihr? "Ihr steht die Wahl offen uns freiwillig zu begleiten."
Ich lachte so sehr auf, dass mich mein Lachen noch weiter amüsierte. "Davon träumst du vielleicht nachts, aber Linn wird meine Seite nicht verlassen."
E

r atmete seufzend tief ein und aus. "Noah, ich habe versucht kooperativ zu sein meiner Mate Willen, aber wenn du nicht mitmachen willst, dann können wir das ganze Gespräch vergessen und ich reise mit deiner angeblichen Mate wieder ab."
"Du wirst gar nichts mit Linn machen.", blaffte ich genervt zurück. "Sie hat vielleicht akzeptiert, dass du ihre Eltern behalten wirst, aber dass du jetzt noch sie in deinen ganzen verfluchten Freilebeschwachsinn hineinziehst, werde ich nicht akzeptieren."
Er fuhr so schnell zu mir herum, dass ich mit dem Kopf nach hinten ausweichen musste, bevor er mir vor lauter Schwung seinen beinahe entgegenschlug. "Wie hast du gerade meine Lebensart bezeichnet? Dass du keinen Anstand hast, ist klar ersichtlich so wie du aussiehst und dich verhälst, aber dass du keinen Respekt hast, würde ich dir sogar schriftlich geben."
"Kannst du überhaupt schreiben?", rutschte mir wütend heraus und ich machte keinerlei Anstalten damit aufzuhören. Warum denn auch? Zuerst spielt er sich auf und dann darf er sich nichts gefallen lassen? "Lernt ihr das im Wald? Vielleicht würdest du dann die Meldezettel von Linns Eltern lesen können und sehen, dass ihre Adresse dieselbe von Linn ist und kein Baumhaus in der Schweiz?"

Leander sprang zurück und verwandelte sich innerhalb Sekunden zu einem Wolf, der sich zum Absprung auf mich bereit machte.
"Ich glaube jetzt hast du den Bogen überspannt.", meldete mir mein Wolf vorsichtig und ich nickte.
"Echt? Wie kommst du darauf?" Leander sprang kampfbereit mir gefletschten Zähnen auf mich zu und ich verwandelte mich auch endlich, um ihn harsch beiseite zu stoßen, bevor er mich biss. Er landete auf der Seite und rollte sich erneut auf die Beine.
"Ich hoffe du hast dich von Linn verabschiedet.", knurrte er mir telepathisch zu und ich knurrte tief auf.
Er wird mir nicht drohen. Er wird Linn nicht drohen.
"Ich hoffe Laura hat noch Sachen hier, damit sie einen Ort hat wo sie hin kann, weil du kein Rudel mehr leiten kannst wenn ich mit dir fertig bin."
Leander sprang mit so viel Kraft ab, dass er einen Meter weit hochflog und dann mit seinen Krallen voraus auf mich hinabflog. Ich richtete mich auf die Hinterbeine auf und fing ihn in seinem Vorhaben mit den Vorderpfoten ab, womit ich ihn dann stark auf den Boden hinabdrückte.

ᴡɪᴇ ʜᴇɪßᴛ ᴅᴇɪɴᴇ ᴡᴏ̈ʟғɪɴ? ✔️Where stories live. Discover now