Zwanzig

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> Noah <

Ich rannte. Ich wusste weder wovor noch wohin oder vor wem, aber ich rannte. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung was ich suchte und ob ich das überhaupt tat. Um mich herum veränderte sich die Kulisse sekündlich und ich konnte all dem nicht mehr folgen. Eine Frage raste immer wieder durch meinen Kopf. Wo war er? Wenn ich ihn nicht brauche, ist er ständig da, aber nun wo ich am verzweifeln war, war er wie ausgelöscht.
Innerlich versuchte ich unentwegs irgendwie in Kontakt mit meinem inneren Wolf zu kommen und fragte mich, ob ich es überhaupt hinkriegen könnte ihn irgendwie in mir zu finden und eine Antwort aus ihm herauskitzeln kann.

Seit meinem letzten 'Blackout' hat sich für mich einiges verändert. Ich war mit meinem inneren Wolf auf einer ungefähren Wellenlänge - nennen wir es lieber einen Deal - weil ich ihm versprach mich gut um Linn zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie uns nicht abweist. Er hörte dafür endlich auf meine Gedanken und Erinnerungen zu manipulieren und löschte mir endgültig den Nebel aus dem Kopf.
Und verdammt ich fühle mich so blöd dabei, wie wahnhaft verblödet ich gewesen war.

Es gab so viele Zeichen dafür, dass Linn meine Mate ist! So unendlich viele Kleinigkeiten! Ich hasste es abgrundtief die Zeit mit ihr verloren zu haben - die Chancen mit ihr verpasst zu haben. Verflucht! Ich habe sie nach unserem Kuss sitzengelassen damit ich zu ihr laufen kann. Wie krank war das?

Aber mein Wolf will partout nicht dass ich Linn konfrontiere oder sie unauffällig anspreche oder ausfrage. Er möchte erst herausfinden, was bei ihr falsch läuft und keine Ahnung was sonst. Dieses Detail möchte er mir nämlich nicht erzählen, weil ich seiner Meinung nach noch zu unerfahren und grün hinter den Ohren bin. Er will ja alles lieber selber regeln, aber ich hab ihm gesagt falls ich je wieder ein Blackout - den ich mir nicht selbst durch Alkohol oder sonst was verschulde - bekommen sollte, dass ich mich wo einweisen lasse, wo selbst er nie wieder rauskommen kann.

Alles um mich herum verschwamm plötzlich nur in wirre Farben und ich sah es als Zeichen meine Schritte auf dem ungewöhnlichen Boden weiter zu beschleunigen. Irgendwann blieb ich instinktiv stehen und sah mich verwirrt um. Das kam mir bekannt vor. Eine halbe Ewigkeit stand ich verwundert da und drehte mich im Kreis. Hä?

Warum war ich in Linns alter Siedlung? Ich war nur einige seltene Male hier und die paar Male meist nur in der Umgebung, aber nicht bei den Häusern direkt.
Aus dem grauen Haus vor dem Linn und ich uns damals fast das erste Mal geküsst hätten ertönte ein spitzer angsterfüllter Schrei. Linns Schrei. Voller Sorge raste ich auf das Haus zu, dessen Tür abgesperrt war. Ich versuchte mit ein paar Schritten zurück mir einen größeren Weg für mehr Schwung zu holen, um die Tür mit der Schulter aufzustoßen - was mir auch nach einigen Schmerzen gelang. Wie ein Idiot stand ich dann noch atemlos eine geschlagene ewige Minute im Türrahmen. Es war als würde ich mich selbst nicht kontrollieren.

Warum war das Haus voll möbeliert? Warum hingen hier noch über die alten Bilder? Hier standen die Möbel, bei denen ich beim Tragen ins neue Haus geholfen habe. Zu welcher Zeit bin ich hier? Ich war doch nie bei ihrem alten Haus - noch nicht einmal in der Siedlung als noch ihr Rudel existiert hatte! Woher wusste ich wie ihr Haus damals aussah? Hä?

Atemlos stieß ich mich dann von der Stelle und raste dennoch die Stiegen hoch - ohne auf alles um mich zu achten. Weswegen mir auch nicht auffiel, dass Linns Eltern blutüberstömt am anderen Ende des Ganges lagen und sich nicht regten. Ihre Münder und Augen waren zu stummen Schreien aufgerissen.

Die Tür zum Zimmer meiner Mate stand einen Spaltbreit offen. Woher ich wusste, dass es Linns Tür war war mir unerklärlich.
"Linn?", hörte ich mich selbst fragen und stieß die Tür vorsichtig auf. Das Zimmer war leer, aber es ertönte dennoch ein neuer Schrei der genau hier seinen Ursprung nahm. Ich fuhr mit zusammengezogenen Augenbrauen herum.
"Noah." Urplötzlich stand sie vor mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. Ihre Augen musterten mich weich, doch etwas stimmte nicht. Ihre Augen leuchteten orange. War das ihre Wölfin?

ᴡɪᴇ ʜᴇɪßᴛ ᴅᴇɪɴᴇ ᴡᴏ̈ʟғɪɴ? ✔️Where stories live. Discover now