3 Dabihawks

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„Warum lügst du mich an?", laut krachte die flache Hand auf den Küchentisch, der sie beide von einander trennte, zwischen ihnen stand. Ein kristallenes Glas, gefüllt mit einer entzündbaren Fähigkeit flog, aufgrund der Wucht des Schlages, vom Tisch, zersplitterte, der hochprozentige Alkohol klatschte auf die Küchenfliesen.

Der Angesprochene, wohl eher Angeschrieene sagte nichts, blickte starr gerade aus, sein Blick tief bohrte sich in die Augen des Schreienden. Sanft und doch starr wurde der Kleinere gemustert, der Schwarzhaarige sage nichts zu seiner Anschuldigung, blickte ihn weiter an.

„Warum, verdammte Scheiße, rede mit mir!", schrie er weiter, zitterte nicht nur vor Wut, sondern auch vor Angst. Warum sprach er nicht mit ihm, warum sagte er nichts, warum war diese ganze Scheiße so verdammt kompliziert, warum bekamen sie das nicht hin, warum?

Immer wieder durchzog ihn dieses einzelne Wort. Warum?

Es pochte in seinem Kopf unaufhörlich, ließ keine anderen Gedanken zu, alles verdrängt durch die Frage des Unwissens. Ja verdammt, er war so unwissend, dass es ihm selbst weh tat, er verstand nicht, versuchte, aber niemand redete mit ihm, erklärte ihm. Die Person von der er es am meisten wollte, sich erhoffte von ihm aus der Unwissenheit gezogen zu werden, diese Person, dieser Mann den er doch liebte, der ihn dich liebte, dieser Mann belog ihn, anstatt ihn Wissen zu lassen.

Und dann brachen seine Beine unter ihm weg, endgültig sackte er auf dem Boden zusammen, seine Hände um den Körper geschlossen, machte sich klein, zog die Beine an, versuchte unsichtbar zu werden.

Wovor er Angst hatte?

Vor der Welt, den Menschen, ihren Meinungen, davor wie sie ihn ansahen, nicht ihn sahen, nur eine strahlende Kunstfigur, nicht sein wahres Ich, ein Zweites, eine Lüge.

Wenn er ganz ehrlich war, er hatte Angst davor niemand zu sein, keinen Charakter außerhalb dieser Lüge zu sein, eine Lüge die ihn immer unglücklicher machte, aber darüber konnte er nicht reden, er konnte nicht damit umgehen.

„Weil ich dich nicht verletzen will", ein Würgereiz breitete sich in ihm aus, als er die Antwort hörte. War er so schwach, dass er beschützt werden musste, oder war die Welt einfach nur so grausam, dass er sie nicht ertrug.

„Glaub mir, ich will dir scheiße viel sagen, aber dir gehts sowieso schon beschissen genug, ich will einfach nicht, dass es schlimmer wird", die sanfte Stimme sollte ihn beruhigen, tat sie mit ihrer sanften rauen Art immer, doch dieses Mal nicht, dieses Mal brachte ihn diese verdammte Stimme, diese verdammten Worte so unglaublich wütend, so absolut aggressiv.

Unsanft stieß er den Älteren von sich weg, erhob sich, stand auf wackligen Beinen. „Was soll die Scheiße, hält du mich für so labil, rede einfach mit mir, ich bin kein verdammtes Kleinkind, dem man alles verschweigen muss!", schrie er, fühlte sich missverstanden von der einzigen Person auf dieser verqueren Welt, die ihn sonst immer verstand.

„Hör auf mich beschützen zu wollen, ich bin keine drei verdammt!", Tränen rannen ihn in Bächen aus den Augen, benetzten seine feine Haut, Haut die heil war. Sein Atem ging schneller, aggressiv ballte er die Hände zu Fäusten, funkelte Dabi wütend an, konnte nicht mit der Situation umgehen.

„Kei-", versuchte der Schwarzhaarige ihn zu beruhigen, seinen Geliebten aus dem Wahn zu ziehen. „Lass das verdammt Dabi, hör auf damit, sag mir einfach was los ist, verdammt rede mit mir!", er schrie nicht mehr, er schluchzte, und wieder knickten die Beine unter ihm weg, er fiel hinab, sein ganzer Körper zitterte, er hielte es nicht aus.

„Warum verstehst du nicht, das sich einfach für dich da sein will, weil es niemand für mich war!", nun schrie auch Touya, konnte sich nicht mehr zusammen reißen, sein Geduldsfaden war kurz, eine knappe bemessene Zündschnur, die gern und vor allem blitzartig zu brennen begann.

„Wenn du für mich dasein willst, dann rede doch mit mir, teil dein Leben mit mir, und verbirg nicht immer alles vor mir, mach nicht immer einen auf mysteriös, das fuckt ab!", böse funkelten ihn die goldenen Augen an, brachten dem Schurken nichts als Hass gegenüber, bohrten sich tief in das leuchtende blau.

„Willst du ernsthaft hören, dass mein Vater ein Arschloch war, ein scheiß Arschloch ist und mich und meinen kleinen Bruder zerstört hat! Mh, willst du das hören, willst du hören das ich mit dieser abgefuckten Scheiße nicht klar kommen, außer wenn du da bist! Soll ich die eine scheiß Biografie über meine Leben schreiben in der dauernd irgendwelche perversen Dreckssäcke mein Leben nur schlimmer gemacht haben, willst du das Keigo?!", jetzt funkelten sie sich beide aggressiv an, starrten in die Iriden des anderen, keine der beiden gewillt diesen inoffiziellen unausgesprochenen Wettbewerb, diesen sinnlosen Streit ums bloße Rechthaben, den sie so oft führten, zu beenden.

„Ja, vielleicht möchte ich das hören, damit ich dich verstehe, aber das verstehst du wahrscheinlich nicht, dass andere Menschen sich mit dir beschäftigen wollen, weil du ihnen vielleicht wichtig bist, weil sie dich vielleicht lieben!", erbost warf er die Hände in die Luft, erhob sich auf zittrigen Beinen, wendete sich ab, lief einen Schritt auf die Tür zu.

Und dann Stillstand, warme Arme schlossen sich um seinen Körper, ein vertrauter Geruch schoss in seine Nase und auf einmal, wie als hätte jemand einen imaginären Schalte umgelegt, beruhigte sich sein Puls, sein Körper hörte auf zu beben, sein Atem begann sich zu normalisieren und seine Augen hörten auf salziges Wasser zu produzieren.

„Es tut mir leid", die Worte waren so still, schlichen sich leise und anmutig in sein Inneres.

„Was tut dir leid?", flüsterte er zurück, sah nicht auf, spürte, genoss die Wärme die Touya ausstrahlte, die ihn erfüllte, ganz ohne das er seine Flammen aktivierte, diese Wärme war anders, viel schöner, er könnte sich in ihr suhlen, niemals würd er genug von dieser verdammten Wärme bekommen.

„Das weißt du, Idiot", leicht boxte der Schwarzhaarige ihn in den Seite, eine übliche Geste, das taten sie beide oft, sich gegenseitig boxen, wenn auch nur leicht, irgendwie tat es gut.

„Ich hab keinen Schimmer was du meinst", tat er auf unwissend, hob leicht die Schultern, verpasste Touya damit einen leichten Schlag gegen das Kinn.

„Tut mir leid, dass ich nicht mit dir rede, hab irgendwie Angst davor", erklärte der Größere, schlang seine Arme fester um Keigo, wollte ihn nie wieder loslassen, gehen lassen. „Ich weiß, mach ich ja auch", erklärte Keigo, drückte sich noch enger in die warme, leibende Umarmung die ihn so geborgen fühlen ließ, wie es nichts auf der Welt konnte.

One-shot Adventskalender, oder soWhere stories live. Discover now