12 Ushiten

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Wakatoshi Uahijima war der Meinung auf jede Situation in seinem Leben vorbereitet zu sein, vor allem seit er diesen Job macht war er sich sicher, dass nichts ihn jemals wieder aus der Bahn werfen würde, er nie wieder überrascht werden würde, dass niemand mehr fertig bringen würde.

Er hatte sich getäuscht, und wie. Er hatte sich so sehr getäuscht, wie noch nie in seinem Leben. Denn da gab es doch jemanden, jemanden der ihn überraschte, jemanden den er kannte. Zwar aus einem anderen Leben, einem Leben in dem er nicht diesem Beruf nachgegangen war, noch ein durchschnittlicher Schüler gewesen war.

Als er also an dieser absolut schick aussehenden, millionenschweren Hochhauskomplex ankam, kein seltener Anblick, die meisten seiner 'Kunden' waren gut betucht,  die Tür sich völlig automatisch öffnete, hatte er noch alles für gleich gehalten.

Klar war keiner seiner 'Kunden' gleichzusetzen mit einem Anderen, sie unterschieden sich immer, doch sie überraschten ihn nicht, brachten ihn nicht aus seinem gewohnten Lebensrhythmus.

Die Wohnung lag im obersten Stockwerk, blickte man aus dem Fenster konnte man ganz Paris funkeln sehen, gehüllt war die Stadt der Liebe in glitzernde Lichter und funkelnde Dekorationen.

Er ging durch das Wohnzimmer, schick eingerichtet. Wer auch immer hier wohnte hatte einen guten Geschmack, oder die Frau dieses Mannes hatte einen guten Geschmack, dass war ein abstoßender Gedanke der nicht selten stimmte. 

Die ganze Wohnung lag dunkel da, kein Licht, außerhalb war es längst dunkel. Nach kurzer Zeit erreichte er die offen stehende Balkontür, erkannte eine schmächtige Figur die an einem beleuchteten Whirlpool saß.

Wer auch immer dieser Mann sein mochte, er erinnerte ihn an jemanden. Nicht irgendwen er musste nicht einmal nachdenken und ihm schossen Bilder vor das innere Auge, Bilder eines glücklichen Jungen, die er zu vergessen versuchte, kläglich daran scheiterte.

„Nicht so schüchtern", forderte ihn der Mann auf, schien ihn bemerkt zu haben. Seine Stimme war sanft, doch immer noch sah Wakatoshi sein Gesicht nicht. „Setzt dich zu mir", sagte der Fremde, da Wakatoshi nichts entgegnete, sich nicht bewegte.

Als er auf den Balkon trat aktivierte sich eine kleine Lampe, die die gesamte Szenerie in ein weiches wärmendes Licht tauchte. Er blickte nicht auf, achtete auf die sorgfältig verlegten Holzbretter, ein dunkler Holzton, die Frau musste einen guten Sinn für Einrichtung haben, oder der Mann vor ihm, dass wäre ihm um Längen lieber.

Er wollte von seinen 'Kunden' nicht hören wie gut er im vergleich zu ihren Frauen war, er wollte nicht hören, dass er nur ein Ersatz, ein Spielzeug war, dazu beitrug Beziehungen zerstören, Ehen auseinanderzureißen. Er wollte nicht, diesen Job nicht, dieses Leben nicht, er wollte nur ihn, aber er war weg.

„Komm schon, setzt dich Wakatoshi-kun", augenblicklich musste er aufblicken. Es war nicht wahr, es stimmte nicht, er schlief, ganz sicher träumte er, anders war das einfach nicht zu erkläre, anders konnte es nicht sein, er war nur in einen Tagtraum verfallen.

Er blickte auf, und starrte in rote Augen, Augen die so vertraut, so geliebt waren. Das konnte nicht sein, dass durfte nicht sein, so sollte er ihn nicht sehen. Er war eine erbärmliche Gestalt, hübsch anzusehen, reduziert auf seine Äußerlichkeiten, ein kaufbarer Mensch, ein Objekt, so konnte er ihm doch nicht vor die Augen treten, so kümmerlich, nutzlos.

„Nun setzt dich endlich", leicht lächelte Satori ihn an, seine Stimme sanft und ruhig, so wie er es leibte. Ohne zu zögern setzte er sich neben den Kleineren, ließ seine Beine samt Sneaker und langer Jeans in das Wasser gleiten, baumelte wie Satori durch das überraschend warme Wasser des Pools.

Sie blickten beide still auf das Wasser, keiner sagte ein Wort, beide blieben still, wussten nicht recht was es zu sagen galt, was gesagt werden konnte um diesen Moment nicht zu zerstören. Vor allem Wakatoshi hatte Angst, er könnte nicht gehen, auch wenn es nicht so recht sein Job war, er sich mit Satori immer außerhalb seiner Arbeit treffen würde, für Treffen mit dem Mann den er liebte keine Gegenleistung erwartete, so war das hier im Moment teil seiner verdammten Arbeit.

„Ich hab mich gefragt was du so machst", erklärte der Kleinere, blickte in Wakatoshis Richtung, bekam einen fragenden Blick zurück. „Shirabu kam auf diese komische Idee, dass ich mir jemanden zum vögeln suchen könnte. Ich war dagegen, aber er hat nicht locker gelassen, also hab ich ihm versprochen mich wenigstens mal Umzusehen. Und sieh an, dann hab ich dich da gefunden. Wenn du es nicht wärst, ich hätte es nicht getan."

Wakatoshi hörte schweigend zu, lehnte sich auf seine Hände zurück, sein Blick stets auf den Rothaarigen gerichtet, der nun wieder zu sprechen begann. „Ich wollte dich wiedersehen, und dann warst du da, und ich konnte dich herbestellen. Wie verdammte Ware, als wärst du ein austauschbares Objekt."

Die Wut in seiner Stimme war derart kühl, dass Wakatoshi ein Schauer über den Rücken lief. „Für sie bin ich das Satori, für sie bin ich ein austauschbares Objekt", versuchte er ihn zu beruhigen, versuchte es zu erklären.

„Verdammt!", die geballte Faust des Kleineren schlug auf die Wasseroberfläche, ließ eine kleine Fontäne entstehen, die sie beide etwas nass spritzte. „Allein der Gedanke, dass du mit anderen schläfst macht mich rasend. Ich komm damit einfach nicht klar, auch wenn ich weiß, dass das dein gutes Recht ist, auch wenn ich weiß, dass du das vermutlich nicht wolltest, auch wenn ich weiß, dass du keine Verpflichtungen mir gegenüber hast."

Tief atmete er durch, ließ seine Hand einmal durch das Wasser gleiten. „Auch wenn ich das alles weiß, kann ich nicht anders. Ich liebe dich, egal wie bescheuert das auch sein mag."

Sie schwiegen wieder. Satori weil er alles gesagt hatte, Wakatoshi weil er nach einer Antwort suchte. Er konnte nicht damit aufhören, schließlich verdiente er sich damit sein Lebensunterhalt, dass war alles, was noch übrig war, sein letzter kümmerlicher Rest, sein Körper.

„Ich kann nicht aufhören, dass ist alles, was noch übrig ist, ohne diesen Job kann ich nicht leben", erklärte er, drückte beschämt seine Hände in seinem Schoß zusammen, es war so unglaublich erbärmlich. Satori war reich geworden, hatte verdammt gut Geld verdient, und er musste seinen Körper verkaufen um überhaupt leben zu können.

„Du musst nicht. Du kannst hier bleiben, bei mir, und dir etwas Neues suchen, wenn du willst", schlug Satori vor, griff sich eine von Wakatoshis Händen. „Ich liebe dich, immer noch und es macht mich kaputt dich so zu sehen, also bitte bleib einfach bei mir, bleib hier", er flehte ihn an, bettelte darum, dass er hier blieb, bot ihm ein neues Leben an.

„Ich liebe dich", war seine Antwort, eine Antwort die sie beide verstanden, sie beide verstanden den Tiefgang dieser Antwort, ihre Bedeutung.

One-shot Adventskalender, oder soWhere stories live. Discover now