17 Iwaoi

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(Triggerwarnung bezüglich Alkoholmissbrauch und Gewalt)
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Es war dunkel, kein Indiz für die Nacht, schließlich waren die Sonnenstunden oder eher die Stunden an denen Licht in die Wohnung flutete knapp, ein Mitbringsel des winters, dass Hajime kein Stück schätzte. Denn zog die Dunkelheit ein, verschwand mit ihr auch die Liebe, die Zuneigung.

Es war wie eine Tradition, begann es zu dämmern wurde alles schlimm, alles schrecklich. Die Dämmerung war ein Vorbote, sein persönlicher Vorbote der Hölle, den er kein Stück schätzte, viel mehr verabscheute ihn, wünschte ihn brennend, in hellen gleißenden Flammen zergehen. Flammen die ihm jemanden zurückbrachten, jemanden den er nur in den Sonnenstunden begrüßen konnte, jemand der in der Nacht verschwand.

Ihm selbst war das alles mittlerweile egal. Früher einmal hatte er ihn zurückgewollt, diesen Jemand, doch nun wusste er, dass er verloren war, verloren an die Nacht hatte er ihn, ein schreckliches Gefühl.

Mittlerweile wollte er nur noch, dass er den Jungen in Ruhe ließ, ihm nichts tat. Er wollte seine Kindheit nicht gefährden, dem Elfjährigen nicht die Illusion einer glücklichen Familie nehmen, die er mehr als verdient hatte.

Bei Tag war es nicht einmal eine Illusion, da war es dir Realität. Das Glück war echt, die Liebe auch, die beruhigenden Worte wenn er hinfiel keine Lüge. Bei Nacht war es anders. Wachte der Junge auf, so erzählte er nichts, weinte nicht, beruhigte ihn mit Lügen, die erschreckend einfach aus seinem Mund kamen, die auszusprechen ihm so leicht fiel, dass er manchmal Angst vor sich selbst bekam.

Vor sechs Stunden hatte es begonnen zu dämmern, vor vier hatte er den Jungen in sein Bett gebracht, ihm eine Geschichte vorgelesen, ihm einen Kuss auf die Stirn gehaucht und ihn zugedeckt, kurz darauf war der Schüler eingeschlafen.

Während diesen zwei Stunden hatte er gebetet, dass er nicht schon begonnen hatte, sich gegen die Nacht hatte stemmen können, nicht schon ohne Verstand herum saß, nicht schon willkürlich durchdrehte. Er wusste wie vergeblich diese Gebete waren, er wusste, dass er bereits begonnen hatte, das Dunkel seinen geliebten Mann übernommen, zu einem Monster gemacht hatte.

Er wusste es immer, immer wusste er es und dennoch hoffte er auf ein Wunder, einen Kampf gegen diesen unbezwingbaren Feind, einen Kampf den sein Mann nicht antreten würde, weil er der Meinung war ihn sowieso nicht gewinnen zu können.

Er hoffte der Konfrontation aus dem Weg gehen zu können, betete dafür, wusste das er sie nur aufschob, ihr nicht entfliehen konnte. Leise tappst er durch den Flur, wollte zum einen seinen Sohn nicht wecken, zum anderen den Mann im Wohnzimmer nicht rasend machen.

Er erreichte das Bad, zog sich die Kleider vom Leib. Helle Haut, bedeckt von vielen Wunden kam zum Vorschein. Hier ein blauer Fleck, dort ein Kratzer, seine ehemals so reine, strahlende Haut war von Blessuren überseht, er trug nicht umsonst selbst im Sommer lange Pullover und Hosen. Er wollte sie nicht zeigen, er musste doch seinen Sohn beschützen.

Das plätschernde Wasser war kühl, erschreckte seine Haut durch den harten Aufschlag, er drehte den Regler für die Temperatur hoch, den zweiten herunter, ließ sich von weicherem, etwas warmem Wasser waschen.

Nachdem er geduscht hatte, trocknete er sich den Körper, wuschelte sich das dunkle Haar mit einem Handtuch trocken. Er erinnerte sich gern an ihre Jugend zurück, auch in diesem Moment. Wie oft hatte er ihm durch die Haare gewuschelt, wie oft hatte er ihn dafür angeschnauzt, hatte sich über das unechte Lächeln auf seinen Lippen aufgeregt.

Er entfloh gern in derartige Tagträume, hoffte somit seiner persönlichen Hölle zu entkommen, was nur äußerst selten klappte und wenn es das dann einmal tat, dann wurde er keinen halben Augenblick in diese Erinnerungen verloren, schnell wieder in die Realität zurückgezerrt, gewaltsam seinem glücklichen Geträumt entrissen.

One-shot Adventskalender, oder soOù les histoires vivent. Découvrez maintenant