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Park Jimin
Mittwoch, 16:30

Widerwillig betrat ich die Mensa und hielt Ausschau nach einem bestimmten, schwarzhaarigen Jungen. Er sass an einem der Tische in der Ecke und war in ein Buch vertieft, welches er jedoch sofort zuschlug und zur Seite legte, sobald ich seinen Platz erreicht hatte.

«Was liest du da?», fragte ich trotz mangelnder Interesse an seiner Antwort. Was juckte es mich, was Min Yoongi las.
Die Antwort blieb mir so oder so erspart, denn Yoongi sah mich nur an, überging meine Frage und wartete wortlos darauf, dass ich mich setzte.

Ich holte meine Unterlagen hervor und wartete darauf, dass der Schwarzhaarige das Wort ergriff. «Und?»
«Ich weiss nicht, was du können musst», kam seine Antwort und ich schaute ihn düster an.
«Ich brauche bessere Noten, ansonsten darf ich nicht mehr Basketball spielen.»
«Gewinnen tut ihr sowieso nie», murmelte Yoongi und ich hob blitzschnell den Blick.
«Und du glaubst, du könntest es besser?», fauchte ich dem Schwarzhaarigen entgegen.

Er sah mich an, in seiner Miene war keine Regung zu erkennen. «Wann ist deine nächste Prüfung?», weichte er meiner Frage wieder aus.
Ich lehnte mich stöhnend zurück und verfluchte erneut Mr. Min und seine bescheuerte Idee. «Nächste Woche»
«Gut», kam es von Yoongi, während er mich noch immer mit dem gleichen Blick ansah.
«Gut» wiederholte ich und starrte ihm entgegen.
Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn. «In welchem Fach?»
«Geschichte und Mathematik», war meine Knappe Antwort
«Also» der Ältere holte ein Schreibblock aus seinem Rucksack.

«Also?»

Yoongi verdrehte die Augen und schrieb mit ordentlicher Schrift das heutige Datum in die Ecke des leeren Papiers. «Womit möchtest du beginnen?»
«Am liebsten gar nicht», murrte ich. Lieber würde ich jetzt mit meinen Freunden trainieren gehen.
Mein Gegenüber ignorierte meine zugegen etwas kindische Antwort «Gut, dann zeige mir mal deine Mathematikunterlagen.»

Ich schob ihm meine Mappe mit allen Unterlagen über den Tisch zu und er blätterte kurz durch. Dabei kaute er konzentriert auf der Unterlippe herum und schien bald schon zu wissen, worum es sich handelte. «Bei diesem Thema erwarte ich mindestens eine 4,0», sagte er und schob mir meine Mappe wieder zu. «Wir beginnen mit der Theorie.»

Ich verdrehte die Augen. «Muss das sein, du kannst mir doch einfach helfen einen guten Spick zu schreiben und die Sache ist gegessen.»
«Und damit riskieren, dass wir noch länger Zeit miteinander verbringen müssen. Nein danke, ich verzichte.» Der Schwarzhaarige verschränkte die Arme und sah mich auffordernd an. «Wie berechnet man den Sinus?»
«Mit dem Taschenrechner» erwiderte ich grinsend, doch Yoongi ging nicht weiter darauf ein, sondern starrte mir weiterhin wortlos entgegen und wartete auf meine Antwort. Ich verdrehte erneut die Augen und stammelte irgendwelche Formeln vor mich hin, die dem Blick meines Gegenübers nach nicht stimmten.

«Nicht ganz.» Der Junge wirkte erstaunlich gefasst dafür, dass ich ein echt mieser Nachhilfeschüler war. Er riss ein Blatt aus dem Schreibblock und schrieb mir alles ordentlich auf, bevor er mir die Sinus, Cosinus und Tagens Sätze Schritt für Schritt erklärte.

Für eine Weile war es gar nicht Mal so schlimm, Min Yoongi dabei konzentriert zuzuhören und seine Fragen zu antworten. Doch als mir der Ältere dann verschiedene Rechnungen aufgeschrieben hatte und er darauf wartete, dass ich sie löste, verleidete es mir gewaltig. Immer wieder wanderte mein Blick zum Fenster, durch das die warme Abendsonne in den Raum schien und ich würde am liebsten mit meinen Freunden an der frischen Luft über den Platz rennen und ein paar Körbe werfen.

«Warum bist du immer allein?», unterbrach ich meine Arbeit und blickte zu Yoongi, der in seine eigene Hausaufgeben vertieft war.
Langsam hob er den Kopf. «Warum hast du noch nicht alle Aufgaben gelöst?» erwiderte der Junge monoton.

Frustriert kritzelte ich die letzten Antworten auf das Blatt und reichte es dem Schwarzhaarigen. Er korrigierte sie und erstaunlich viele meiner Lösungen waren richtig. Etwas stolz nahm ich das Blatt wieder entgegen und schaute auf die Zeitanzeige meines Handys. Kurz vor sechs. Wenn ich mich jetzt beeilen würde, wären meine Freunde bestimmt noch auf dem Platz. Mit einem Blick auf die andere Mappe zwischen uns trübte sich meine Freude aber ziemlich schnell.

«Geschichte müssen wir ja nicht so genau durchnehmen, da komme ich schon recht gut draus», log ich. Im Unterricht hatte ich lieber versucht meine Leuchtstifte zu stapeln, statt der alten Lehrerin zuzuhören.
Yoongi schien dasselbe zu denken und hob eine Augenbraue. «Sehen wir gleich.» Er schnappte sich die Unterlagen und wollte sich gerade einen Überblick verschaffen, als sein Handy klingelte und eine neue Nachricht ankündigte. Sofort liess er alles liegen und blickte mit besorgter Miene auf den Bildschirm. Das war die erste Emotion, die der Junge zeigte. Abgesehen von der Gleichgültigkeit, welche er mir immer schenkte. Und natürlich interessierte es mich brennend, was Yoongi solche Sorgen bereitete.

Hektisch tippte er auf seinem Handy herum, packte zusammen und stand auf. «Sorry, ich muss los. Können wir das verschieben?»
Was? «Von mir aus können wir es auch auslassen, ich werde das schon irgendwie hinbekommen.» ich hatte wirklich keine Lust auf eine zweite Lernstunde mit dem Älteren.
«Lieber nicht», widersprach er. «Morgen nach der Schule bei dir?»
Frustriert rutschte ich auf dem Stuhl nach vorne. «Besser nicht, meine Schwestern würden uns nur ablenken.» murrte ich.
Yoongi zögerte. «Also gut, du kannst zu mir kommen.»

Ohne, dass ich etwas hätte dazu erwidern können, war der Schwarzhaarige aus dem Raum gestürmt.

look here - YoonminWhere stories live. Discover now