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Park Jimin
Dienstag, 15:30

«Wieder richtig», Yoongi legte das Blatt vor sich auf den Tisch und sah mich ungläubig an. «Wäre dies deine Prüfung gewesen, hättest du eine Bestnote geschrieben. Wann bist du solch ein Geschichtsprofi geworden?»
Ich zuckte bloss mit der Schulter und tat es als Kleinigkeit ab, verschwieg meinem Gegenüber aber geflissentlich, wie lange ich gestern Abend noch an meinem Schreibtisch gesessen hatte und mir die verschiedenen historischen Persönlichkeiten am liebsten Wort wörtlich in den Schädel gezwängt hatte.

«Ich weiss nicht, wo ich dir noch helfen sollte», gestand der Schwarzhaarige ehrlich. «In Mathematik hast du den Dreh auch schon raus.» Yoongi runzelte die Stirn und schien fieberhaft nach etwas zu suchen, wo ich noch schwächeln könnte, während ich grinsend eine Tüte Gummibärchen aufriss.

«Lass uns doch einfach etwas anderes machen?», schlug ich vor und warf mir eine Handvoll der süssen Sünde in den Mund.
Yoongi sah mich etwas verwirrt an und verengte schliesslich misstrauisch seine Augen. «Hast du etwa noch eine andere Prüfung, die du mir verschwiegen hast.»
Ich wedelte mit meinen Händen verneinend vor meinem Gesicht herum und schluckte eilig die Süssigkeit herunter. «Um Himmels willen bitte nicht! Ich dachte da eher an eine Runde Basketball.»
Yoongi deutete nach draussen. «Bei den Temperaturen?»

Der Schwarzhaarige hatte recht. Der Hochsommer war eingetroffen und sogar meine Freunde verzichteten heute auf den Sport, da man nur schon vom Blinzeln Schweissausbrüche kriegte. Ausserdem trug Yoongi wie gewohnt einen Hoodie (Heute etwas gewagter, denn der Pullover war doch tatsächlich grün. Zwar dunkelgrün, jedoch ausnahmsweise nicht schwarz). Der Ältere würde schon zusammenklappen, bevor wir überhaupt den Platz erreicht hätten.

«Es ist dir sehr wichtig, habe ich recht?»
Verwirrt blickte ich mein Gegenüber an. «Was meinst du?»
«Das Basketballspielen», erklärte Yoongi sich, «du legst dich richtig ins Zeug, damit dein Team von der Schule weiterhin unterstützt wird.»
Ich nickte. Unser Team wurde in einem tragbaren Rahmen finanziell von der Schule unterstützt. Nur ein Patzer, ein Wort der Direktorin, und aus war der Traum. «Ich möchte nicht schuld daran haben, wenn meine Freunde das aufgeben müssen, was sie lieben.»

Yoongi schien zu verstehen. «Wenn du die Prüfungen morgen so gut löst wie diese Aufgaben hier, dann musst du dir keine Sorgen machen.»
Ich strahlte sofort von einem Ohr zum anderen.
«Und ausserdem», hängte Yoongi an, «Würde mein Vater nie wollen, dass ihr euer liebstes Hobby aufgeben müsstet. Zum einen, weil er dafür ein zu grosses Herz hat und zum anderen, und da musst du mir zustimmen, wären du und deine Freunde danach unausstehlich. Noch mehr als jetzt!»
«Du kannst knallhart sein», grummelte ich, musste dabei aber trotzdem lachen.

Kurz schwiegen wir und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis ich die Stille nicht mehr ertragen konnte.
«Wie ist es eigentlich so, einen Lehrer als Vater zu haben?» Ich klaubte die letzten Gummibärchen aus der Tüte, pickte die grünen für meinen Nachhilfelehrer heraus, – das waren die Einzigen, die er mochte, so hatte er es mir zumindest gebeichtet– und reichte sie ihm. Er legte sie ordentlich vor sich hin und schien sich seine Antwort genau zu überlegen.

«Ich kenne es nicht anders, schon an meiner alten Schule hatte er ebenfalls unterrichtet. Es ist nicht schlimm, er war ja nie mein eigener Lehrer, aber trotzdem - »
Ich merkte, dass der Junge noch mehr sagen wollte, unterbrach ihn also nicht und ass still meine Gummibärchen.
«Ich kann nichts vor ihm geheim halten», sagte er schliesslich schulterzuckend.
«Du meinst also, du konntest nie schwänzen?», neckte ich Yoongi grinsend, doch als der Ältere keine Mine verzog, wich mir das Lächeln wieder vom Gesicht.
«Das meine ich nicht, er weiss welches Image du in der Schule hast, wer deine Freunde sind und wer sie nun mal nicht sind.»

Ich hatte das Gefühl, Yoongi würde sich auf ein bestimmtes Ereignis aus der Vergangenheit beziehen und wäre sich nicht sicher, ob er mir jenes anvertrauen sollte.
Ich wartete ab, doch als nichts mehr folgte, suchte ich angestrengt nach einem neuen Gesprächsthema. Wie gerufen klingelte mein Handy.

Hobi:
Chim, die Jungs und ich gehen ins Freibad, du und Yoongi können ja später dazu kommen, wenn ihr wollt
15:40

Ich begann zu grinsen und mein Gegenüber entging dies natürlich nicht. Er war noch immer der stille Beobachter.
«Was heckst du diesmal aus, Park Jimin?», fragte er mich mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen.
Ich schaltete in Ruhe mein Handy aus, legte es vorsichtig vor mir auf die Tischfläche und räusperte mich. Es machte mir ungeheuerlich Spass, Yoongi etwas zu necken.

«Was hast du lieber, Springturm oder Wasserrutsche?»
Der Ältere öffnete verständnislos den Mund und ich sah das Fragezeichen förmlich auf der blassen Stirn des Jungen aufploppen.
«Dann bist du wohl eher derjenige, der sich lediglich damit begnügt, die Zehenspitzen ins Wasser zu halten.»
Yoongi schien zu begreifen, denn er atmete scharf ein. «Du willst doch nicht etwa ins Schwimmbad gehen?»
Ich kicherte. «Natürlich. Komm schon, ich habe die letzten Tage nur gelernt. Gönn mir einen freien Nachmittag.»
Der Junge zuckte mit der Schulter. «Dann kannst du allein gehen.»

Ich merkte sofort, dass er es ernst meinte, und aus irgendeinem Grund gefiel mir der Gedanke nicht, dass ich mich jetzt von Yoongi trennen sollte. «Ich möchte aber mit dir gehen», versuchte ich es und setzte ein bemüht überzeugendes Lächeln auf.
Yoongi raufte sich die schwarzen Haare und schien hin und her gerissen. «Das letzte Mal war ich im Schwimmbad, als ... Ich weiss es schon gar nicht mehr.»

Ich packte meine Unterlagen in den Rucksack und sah ihn dabei an. «Dann ist es an der Zeit, es endlich wieder zu tun. Ausserdem werden die anderen auch dort sein und Hobi hat ausdrücklich auch deinen Namen erwähnt, als er eben fragte, ob wir auch kommen wollen.»

Das schien Yoongi noch immer nicht überzeugt zu haben. Auch wenn der Junge heute wieder mit uns am Mittagstisch war, wusste ich, dass er es noch immer nicht wagte, ganz sich selbst zu sein, wenn meine Freunde dabei waren. Trotz allem erkannte ich, wie sehr er sich bemühte und auch meinen Freunden war dies nicht entgangen. Sie drängten ihn zu nichts, akzeptierten sein Schweigen und hörten gebannt zu, wenn er doch etwas sagte.

«Biitteee!» Versuchte ich es.
Er verdrehte bloss die Augen und steckte sich brummelnd sein letztes grünes Gummibärchen in den Mund. «Ich habe doch gar keine Badehosen dabei.»
«Ich doch auch nicht. Wir können auf dem Weg einen Abstecher bei mir machen und du kriegst eine Hose von mir. Es spricht also nichts mehr dagegen.»

Yoongi schwieg, doch das Zucken seiner Mundwinkel verriet mir seine Antwort, bevor er sie aussprach. «Na gut, nur damit du aufhörst zu betteln. Aber vom Begeistert hüpfte ich vom Stuhl und verstaute die leere Süssigkeitentüte in meiner Tasche. «Los geht's, folge mir Min Yoongi, hier geht's lang zum besten Nachmittag deines Lebens.» Beim Umdrehen erkannte ich noch, wie der Schwarzhaarige die Augen verdrehte, sein amüsiertes Lächeln ihn jedoch auffliegen liess.



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Hola zusammen
Ich bin zurück mit einem zwar nur kurzen Kapitel, jedoch zwei weiteren (leider noch nicht ganz fertigen) Kapiteln auf Reserve ...

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