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Park Jimin
Sonntag, 22:00

«Wir sehen uns morgen!», ich winkte Hobi nach, als auch er durch das Gartentor schlüpfte und ich schleppte mich ins Wohnzimmer zurück. Yoongi, der letzte Verbliebene meiner Freunde, richtete ordentlich die Kissen. Ich half ihm wortlos und als wir fertig waren, klemmte er sich seinen dunklen Hoodie unter die Arme. «Ich sollte auch gehen.»

Ich nickte, doch irgendwie wollte ich nicht, dass der Junge schon ging. «Es hat noch Eis im Gefrierfach», versuchte ich also den Jungen auf halben Weg zur Tür zum Bleiben zu überzeugen. Der Schwarzhaarige blieb stehen und schien zu überlegen. Schliesslich nickte er und folgte mir in die Küche.

Ich grub das Eis aus dem Tiefkühler und reichte eines davon Yoongi. Ausgerüstet kehrten wir also wieder ins Wohnzimmer zurück und liessen uns aufs Sofa fallen.

«Und, was denkst du über das Marvel Universum?», durchbrach ich die angenehme Stille.
Yoongi betrachtete die Vitrine mit Papas Whiskeysammlung und hob anerkennend die Braue. «Es ist gut, aber wenn deine Freunde nicht so viel geplappert hätten, hätte ich auch verstanden, wovon es handelt.» Er lächelte belustigt und ich nickte.

«Sie können nicht auf den Mund hocken»
«Sie?» Yoongi sah mich belustigt an und ich boxte ihn schmollend.
«Ich bin gar nicht so übel», grinsend machte ich mich wieder über mein Eis her, während Yoongi nur belustig hüstelte.

Wir schwiegen, doch es war keine unangenehme Stille. Aus dem Zimmer über uns war ein Gepolter zu hören, wahrscheinlich veranstalteten meine Schwestern, die vor ein paar Stunden zurückgekommen waren, noch immer irgendwelchen Blödsinn.

«Yoongi, darf ich dich etwas fragen?» Die Frage nagte schon seit seiner knappen Antwort während des Essens an mir.
Der Junge neben mir drehte sich so, dass er mit der Seite an der Lehne ankam und ich spiegelte seine Haltung und legte den Kopf auf meine freie Hand.
«Ja?»

«Vorhin, als dich Tae wegen einer Beziehung gefragt hat», setzte ich an, und plötzlich wusste ich nicht so recht, warum mich das etwas angehen sollte. Doch jetzt hatte ich wohl schon angefangen, also räusperte ich mich und fuhr fort. «Ist das wahr. Hast du wirklich keinen Freund?»

Yoongi runzelte die Stirn, nicht aus Ärger, sondern eher aus Verwunderung gegenüber der Frage. «Nein», war seine knappe Antwort.
«Ich dachte nur», ich starrte auf meine Hände und nestelte an einem kleinen Zierkissen herum, «damals, als wir dich beim Basketballplatz gesehen haben, hattest du Blumen dabei. Da dachte ich -», ich redete nicht weiter. Auf einmal war es mir schrecklich peinlich.

Yoongi schwieg und lehnte sich wieder mit dem Rücken an das Sofa. Sein Eis hatte er fertig gegessen und er betrachtete in Gedanken den Stiel. Da der Junge nichts sagte, schloss ich daraus, dass er nicht darüber reden wollte.

Ich setzte mich auf und legte meinen eigenen Eisstiel auf den Couchtisch. «Weisst du was, es tut mir leid. Es geht mich nichts an. Ich wollte mich nicht in – »
«Die waren für meine Oma», unterbrach mich Yoongi und ich hielt in meiner Bewegung inne. Erst als er weitersprach, wagt ich mich wieder zu bewegen und im Schneidersitz den Jungen zu betrachten. Er zog seine Beine an, und während er sprach, sah er nicht zu mir. «Sie ist krank. Bauchspeicheldrüsenkrebs.»

Vorsichtig legte ich meinem Freund eine Hand auf die Schulter. «Das tut mir leid, ich wusste nicht -»
Der Junge sah mich mit grossen, traurigen Augen an. «Die Ärzte sagen, es sei ein Wunder, dass sie immer noch lebt.»
«Ach Yoongi», murmelte ich traurig und drückte sanft seine Schulter.

«Letzten Montag haben sie Metastasen auf der Lunge gefunden», eine einsame Träne lief ihm über die Wange. Er wischte sie schnell ab und rang stockend nach Atem.
Bestürzt erinnerte ich mich daran, wie aufgelöst ich ihn auf dem Pausenhof vorgefunden hatte. Da hatte er die Schreckensnachricht wohl erhalten. Hatte er nicht gesagt, seine Oma wäre mehr Mutter für ihn wie seine richtige Mutter?

Ich liess meine Hand sinken und liess sie in meinen Schoss fallen. «Kann ich irgendetwas für dich tun?»
Yoongi schüttelte den Kopf. «Du tust schon genug für mich, Jimin», er sah mich an und lächelte schwach. Ich erwiderte es vorsichtig, nahm kurzerhand seine zittrigen Finger in meine und drückte sie tröstend. So sassen wir uns eine Weile schweigend gegenüber.

Wie viel Leid hatte der Junge schon erleben müssen. Was war noch passiert, dass er sich und seinen Kummer hinter einer riesigen Mauer vor den Menschen um sich herum versteckt hielt?



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Ein nur sehr kurzes Kapitel ...
Das nächste wird zwar nicht länger, aaaber ereignisreicher ...

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