Kapitel 21

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"Ach herrje, welcher LKW hat dich denn überfahren?"

Pacifica stand am Fuße meines Bettes und kaute lustlos auf ihrer Zahnbürste herum.
"Wie kannst du denn noch schlechter aussehen als gestern, deine Augenringe toppen sogar meine nach meinem 16. Geburtstag und das will was heißen..."

"Dir auch einen wunderschönen, guten Morgen" murmelte ich und rieb mir das Gesicht.

Nach unserem mehr oder weniger aufschlussreichen Waldspaziergang letzte Nacht hatte mich Fynn quasi wortlos vor meinem Zimmer abgesetzt und war in Rekordschnelle verschwunden.

Aus diesem Typen wurde ich einfach nicht schlau. Anscheinend wusste er mehr über mich, als ich gedacht hatte, hielt sich aber grundsätzlich eher auf Abstand. Und das, obwohl er in irgendeiner Weise, die ich nicht so recht verstand, für mich zuständig sein sollte...

"Sue?! Bist du wieder eingeschlafen?"

Ich öffnete widerwillig die Augen.
Ich saß zwar im Schneidersitz auf meinem Bett, aber ich hatte den Kopf auf meine Hand gestützt und war wirklich kurz davor, einfach wieder einzunicken.

"Hm hm" machte ich und schüttelte unmotiviert den Kopf.

Leider nicht.

"Jetzt komm, mach dich fertig!" Sie zog mir, unbarmherzig wie sie manchmal war, die warme Bettdecke von den Knien und ich beschwerte mich lautstark.

"Deinetwegen müssen wir mit den Anderen zusammen frühstücken gehen, gut gemacht."
Sie warf mir einen anklagenden Blick zu und spuckte die Zahnpasta in unser kleines Waschbecken.

"Wieso?" fragte ich verwirrt und schwang meine erschöpften Beine aus dem Bett, die letzte Nacht eindeutig zu viel Bewegung gehabt hatten.

"Der King hat gemerkt, dass du außer Adam, Fynn" - sie machte eine dramatische Pause - "und mir keine anderen Schüler bis jetzt kennengelernt hast und schiebt das irgendwie darauf, dass wir die Gemeinschaftsmalzeiten ausgelassen haben...
Das heißt, du und ich dürfen uns jetzt nach unten ins Getümmel stürzen, obwohl wir auch in unserem gemütlichen Zimmer hätten bleiben können, aber nein, Ms. Ich-stelle-Pacificas-unkompliziertes-Leben-auf-den-Kopf, das wäre ja zu einfach."

"Sorry" gab ich zerknirscht zurück und sah an mir herab. Als ich das berühmt-berüchtigte grüne Sweatshirt erblickte, musste ich kurz schmunzeln.

Wenn Pacifica nur wüsste, dass ich schon mehr neue Leute kennengelernt hatte, als mir lieb war...

"Ade, entspannter Müsli-Riegel nach dem Aufstehen" grummelte sie, während sie sich umzog. "Sag Goodbye zu einer halben Stunde länger schlafen... Echt jetzt, was habe ich eigentlich mit der ganzen Sache zu tun?"

Ich schlüpfte nach einer kurzen Dusche - denn die hatte ich nach meinem Horrortrip durch den Wald echt nötig - ebenfalls in eine weite Jeans und kramte nach einem Top, dass nach der Zeit im Koffer nicht allzu zerknittert war.
Na ja, egal. Ich entschied, dass ich auch einfach ein dünnes Hemd darüber anziehen konnte und dann würde man die Falten eh nicht sehen.

Zu guter Letzt band ich mir die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und begutachtete mich zufrieden im Spiegel.
Irgendwie hatte dieser Vampirlook mit den übermüdeten Augen auch etwas...

"Los geht's" drängelte Pacifica weiter und ergriff meine Hand. "Wenn wir uns beeilen, haben wir es auch schneller hinter uns..."

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Als ich die gefüllte Mensa durchs Fenster erblickte, wurde mir augenblicklich schlecht.

liquidWhere stories live. Discover now