Kapitel 25

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Mir war kalt.

Und ich war frustriert, weil mir niemand so richtig zuhören wollte.

Nachdem mich vorhin Adam ebenfalls im Stich gelassen hatte, indem er behauptete, ich müsse wohl aufgrund meines Kreislaufs halluzinieren, und sowohl der Professor als auch Fynn mir aus dem Weg zu gehen schienen, hatte ich keine andere Wahl gehabt, als irgendwann Ruhe zu geben und mich dem gewöhnlichen Alltag hier zu fügen.

Ich war schweigend mit meinen zwei sehr diskussionsfreudigen Freunden zu den gemeinsamen Mahlzeiten gegangen, hatte einen mehr oder weniger erfolgreichen Mediationsversuch allein unternommen und nun endgültig die Nase voll.

Wieso sollte ich überhaupt noch alleine trainieren, wenn immerhin eine kleine Möglichkeit bestand, dass meine Fähigkeiten eine Gefahr für Andere darstellen könnten?
War es nicht irgendwie fahrlässig vom Professor, mich nicht ansatzweise aufzuklären?

Gut, jetzt stand ich erstmal viel zu leicht angezogen an einem Seitenausgang der Schule und hatte die Arme fest vor meinem Körper verschränkt. Von einem Bein auf das andere tretend murmelte ich durch den Kragen meines Hoodies: "Was genau wird das hier nochmal?"

Adam rieb sich grinsend die Hände. Ihm schienen die niedrigen Temperaturen nach Sonnenuntergang nichts auszumachen.
"Diese miesepetrige Stimmung den ganzen Tag können wir nicht einfach so stehen lassen. Wenn ich eins hier gelernt habe, dann ist das nicht alles so verkopft anzugehen. Nicht wahr, Cica?"

Pacifica nickte abwesend und tippte irgendwas auf ihrem Handy rum.

"Dich haben die ersten Tage hier schon so ausgelaugt - das kann auf lange Frist gar nicht gut gehen, wenn du dich nicht mal ab und zu von dem Stress ablenkst. Deswegen haben Pacifica" Adam wedelte ihr vor der Nase rum "und ich uns gedacht, dass wir dich mal in ein sorgfältig gehütetes Geheimnis einweihen."

Pacifica blickte auf einmal verschmitzt auf. "Wenn Sensible nämlich eines außer den blöden Geisteswissenschaften können, dann ist das feiern."

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Nachdem sich unser unbeholfenes Dreiergespann eine halbe Stunde durch den dichten Wald geschlagen hatte, schienen wir wohl endlich an unserem Ziel angekommen zu sein. Bis dahin hatte sich Adam mindestens dreimal "bestimmt einen Zeh gebrochen", weil er ständig an Wurzeln hängen blieb, und Pacifica versucht, uns davon zu überzeugen, dass sie "ganz genau wüsste, wo wir waren und wo wir hinmüssten", obwohl sie das GPS ihres Handys längst verlassen hatte.

Umso erleichterter war ich, als sich vor uns tatsächlich das Dickicht lichtete und ich Gelächter und laute Musik hörte.

"Da ist es doch!" verkündete Pacifica stolz und beschleunigte ihren Schritt. "Seht ihr, wer brauch schon moderne Technik? Meine überragende Intuition führt uns viel verlässlicher ans Ziel."

Adam hustete und konnte damit schlecht das Lachen überdecken, dass aus uns beiden herausbrechen wollte.

"Wie war das mit den 800 Metern Entfernung?" merkte ich leise an und erntete damit einen kalten Blick meiner Mitbewohnerin, während Adam wieder mal einen gedämpften Schrei losließ.

"Wurzel?" fragte ich.

"Wurzel."

Wir schlugen uns durchs letzte Geäst und standen nun am Rande einer unerwarteten Freifläche, die an einem riesigen Gewässer grenzte. Das musste der See sein, den ich auf der Hinfahrt gesehen hatte.

"Oha" war alles, was ich herausbrachte, als ich das Spektakel vor mir sah.

Der Nachthimmel wurde vom Licht der bunten Lampions erhellt, die an den wenigen freistehenden Bäumen hingen.
Von den vielen Menschen, die sich um das große Lagefeuer in der Mitte versammelt hatten, schwappte die ausgelassene Energie zu uns herüber und der Bass der Musik pulsierte in meiner Brust.

liquidWhere stories live. Discover now