Zweieinhalbter Zwischenteil

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Wyatts Kopf ruhte auf dem Tisch im Aufenthaltsraum. Der Laptop stand aufgeklappt vor ihm, die Tasse an Kaffee war schon längst kalt geworden. Es war nur eine achtstündige Schicht, die er geschoben hatte, dafür eine am Abend. Und diese strengte mächtig an. Es war der siebte Kaffee, aber irgendwie hatten diese auch schon an Wirkung verloren, weshalb er sich seiner Müdigkeit hingegeben und sich zu einem kleinen Nickerchen entschlossen hatte.

Doch dieses war nicht von langer Dauer, denn er wurde an der Schulter gepackt, wodurch er aufschreckte.

„Sie sollten doch den verdammten Bericht schreiben!", knurrte die düstere Stimme seines Vorgesetzten. Er liess ihn los, woraufhin der junge Mann über seine Augen rieb und sich aufrechter hinsetzte. Der andere liess sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches fallen und seufzte. Es sah also wieder so aus, als würde es Probleme geben. Und wahrscheinlich würde Mr Moran ihn als Problem sehen und nicht das eigentliche. Das besagte nämlich, dass die Arbeitsbedingungen unmenschlich waren.

„Was wollen Sie schon wieder?", brummte Wyatt und streckte sich gähnend, bevor er einen Schluck von seinem ekelhaften, übersüssten Kaffee nahm und sein Gesicht verzog. „Es geht doch nicht wirklich um den Bericht. Es kümmert Sie doch einen Scheiss, ob ich ihn jetzt, morgen oder in einer Woche mache."

Der Chief of Training presste die Lippen aufeinander. Mit einem Seufzer verdrehte der junge Mann die Augen.

„Na, rücken Sie schon mit der Sprache raus. Worum geht's wirklich? Meine Kündigung?"

„Wenn Sie weiterhin so mit mir sprechen, dann ja", entgegnete der andere mit feindseligem Blick. „Ich kann nicht anders, als zu sagen, dass Sie heute Abend einen miserablen Job erledigt haben."

Nicht besonders interessiert daran, was sein Chef zu sagen hatte, hob Wyatt eine Augenbraue. Heute Abend? Er grübelte. Ach ja. Der Auftrag, einen 17-Jährigen zu beschatten. Zunächst hatte er es für einen bescheuerten Auftrag empfunden. Dann aber hat sich im Verlauf des Abend die Lächerlichkeit in Panik umgewandelt.

„Ich habe Ihnen doch alles berichtet", meinte er und überkreuzte seine Finger unter dem Tisch. Natürlich war es eine Lüge. Und dass Moran sie schon durchschaut hatte, war ihm in diesem Moment auch klar. Aber er konnte ihm die Wahrheit nicht sagen. Er schwieg, was die Situation für ihn nur unerträglicher machte. Er hasste diese Methode. Weil sie ziemlich effektiv war. Sein Vorgesetzter sass einfach nur da und schaute ihn an. Aber dieses Mal würde er nicht nachgeben. Stattdessen holte der junge Mann zum Gegenangriff aus.

„Die Bar, das Black Jack, was hat es mit der auf sich?"

Morans Blick blieb der gleiche. Aber Wyatt wusste, dass er nicht mit dieser Antwort gerechnet hatte.

„Ihr Auftrag lautete, mir alles zu berichten. Und keine Fragen zu stellen."

Seine Stimme war kalt und fordernd. Er wich seiner Frage aus. Auch wenn der junge Mann es nicht zugeben würde, am liebsten wäre er im Erdboden versunken. Und doch rang er mit seiner Neugier. Nicht einmal Gerard Moran konnte ihm diese nehmen. Er hatte bereits eine Vermutung, aber nun könnte sein Chef ihm den Beweis liefern.

„Worum geht es Ihnen bei diesem Auftrag, warum ein Kind?", fragte er mit fester Stimme, obwohl er innerlich bereits bis zum Hals im Boden versunken war. Sein Gegenüber antwortete ihm nicht. Er schwieg, wie er es immer tat. Aber dieses Mal wollte er seinen Willen durchsetzen. Er musste herausfinden, worum es ging, damit er Gewissheit hatte, in welchem Bereich sich das Ausmass der Sache bewegte.

„Es ist das neue Ausbildungsprogramm, stimmt's?"

„Von woher haben Sie das?"

Morans Stimme war nun erheblich lauter geworden. Diese Reaktion war Wyatt neu. Sonst war der Ausbildungsleiter doch die Ruhe selbst. Was hatte ihn also so aufgebracht? Etwa die Tatsache, dass er Bescheid wusste? Zwar hätte McFarlane gemeint, er sollte es nicht laut in die Welt posaunen, allerdings hatte er nicht gesagt, dass es sich dabei um ein strenggeheimes Projekt handelte. Denn der Chief of Training tat so, als wäre es eines.

Am Abgrund der Zeit | Band IWhere stories live. Discover now