2. Kapitel - Henry

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Leise schloss ich die Tür unseres Anwesen auf und hoffte, dass mein werter Herr Vater mich nicht hörte. Ich wollte einfach nur ganz schnell in mein Zimmer und mich umziehen. Aber natürlich hatte ich die Rechnung ohne meine kleine Schwester Catherine, alias die Petze gemacht. Sie stand am oben Treppenabsatz und grinste.

„Henry!", rief sie und ich warf ihr einen giftigen Blick zu, als ich die Schritte meines Vaters hörte und er kurz darauf aus dem Salon kam. Er sah mich missbilligend an, als ich die Eingangstür hinter mir zu zog und meine dreckigen Schuhe ins Regal stellte. 

Die Petze kam die Treppe runter und lächelte zufrieden. Wir wussten beide, was jetzt unweigerlich kommen würde und in Gedanken ging ich schon einmal durch, wie ich ihr das heimzahlen konnte.

„Ich hoffe deine schlampige Erscheinung hat einen guten Grund Sohn. Du hast dich schon wieder im Moor rumgetrieben oder?", fing er auch schon an. Ich musste es nicht einmal versuchen zu leugnen. Meine Hosenbeine waren noch immer nass, weil ich bis zu den Knöcheln im Morast versunken gewesen war. Und wieso? Weil ich diesem blöden Gnom helfen wollte, der sich einen Spaß daraus gemacht hat so zu tun, als würde er ertrinken.

„Es tut mir leid Vater", sagte ich und hing meine Jacken an die Garderobe. „Aber ich kann dir das wirklich erklären. Es gab quasi einen Notfall und..." 

„Notfall!", schnaubte mein Vater und sah mich an. „Dein Auftrag war es nicht, dich im Moor herumzutreiben, sondern am Avafluss mit den Nymphen zu sprechen! Die Elfen beschweren sich nämlich immer noch darüber, dass die Nymphen in den Gewässern der Elfen fischen!" Ich seufzte. 

„Vater ich war am Avafluss", sagte ich ruhig und sah ihn an. 

„Ich habe mit Lenori gesprochen und sie hat zugesichert, dass sie ihren Nymphen sagt, sie sollen sich von den Gewässern der Elfen fernhalten", fügte ich hinzu. Mein Vater entspannte sich langsam. „Und die Sache mit dem Moor war hinterher. Ein Gnom hatte sich im Morast verfangen und ich habe ihm geholfen", sprach ich weiter und beschloss nicht zu erwähnen, dass er gar keine Hilfe brauchte, sondern mich nur Ärgern wollte. 

Mein Vater sah mich dennoch unzufrieden an. 

„Aber das Moor liegt doch gar nicht auf dem Weg zwischen unserem Anwesen und dem Avafluss", sagte meine Schwester mit ihrer besten Unschuldsmiene. Wütend sah ich sie an. Blöde Petze!

„Henry Flynn Nox..." „Okay", sagte ich schnell und seufzte. „Ich bin nicht sofort zum Avafluss gegangen, sondern bin den Weg durch die Moore gefolgt, weil Flavius meinte ein Gnom stecke im Moor fest. Du sagst doch immer, dass es unsere Pflicht ist den magischen Wesen von Lavandia zu helfen!" Mein Vater seufzte tief. 

„Was auch immer... Geh dich umziehen. McAlistair wird in einer halben Stunde hier sein", sagte er und ich runzelte die Stirn. „Was will er?" „Das hat er nicht gesagt. War einer von euch beiden in letzter Zeit auf seinem Gebiet?" Catherine schüttelte sofort den Kopf. 

„Natürlich nicht, wie auch...", sagte sie und mein Vater lächelte sie liebevoll an. „Von dir habe ich das auch nicht erwartet mein Engel", sagte er und widmete sich dann mir. „Henry?"

Ich rang mit mir selbst. Eine Lüge wäre jetzt wahrscheinlich sinnvoll. Aber wenn es wirklich darum gehen sollte, würde mein Vater eh davon erfahren. McAlistair war nicht gerade ein Sonnenschein, auch wenn es mein Vater war, der auf die dämliche Gebietseinteilung bestand. 

„Nur ganz kurz und mich hat auch niemand gesehen glaube ich..." „Henry..." „Ich weiß! Es... es war ein..." „Notfall?", fiel mir meine Schwester scheinheilig ins Wort. 

Mach weiter so und du wachst morgen ohne Augenbrauen auf... 

„Ein Wolfsbärenjunges hat sich in den Wurzeln eines Baumes verfangen und kam dort nicht weg. Ich habe nur geholfen", verteidigte ich mich. Das war nicht einmal gelogen. Nur mein Vater schien mir nicht zu glauben. Er sah mich wütend an und schickte mich sofort auf mein Zimmer. „Und ich will dich heute nicht mehr sehen!" rief er mir nach. 

Avaglade - Die Hüter von Lavandia (Buch 1)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora