15. Kapitel - Erin

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Ich saß am Esstisch und ließ mir von Celestine etwas auf meinen Teller machen. Der Platz, auf dem normalerweise mein Onkel saß, war zwar gedeckt, aber er war nicht da. Und das obwohl er sonst immer vor mir am Tisch saß und sich von Celestine ein Glas Wein einschenken ließ.

„Kommt mein Onkel später?", fragte ich, als Celestine zurück in die Küche gehen wollte. „Ihr Onkel kommt später, ja. Sie dürfen aber schon anfangen zu essen und brauchen nicht warten", antwortete sie höflich. 

„Wann genau kommt er denn wieder?" „Das lässt sich schwer beantworten. Aber er wird bald zurück sein. Guten Appetit!" Celestine ließ mich zurück und langsam begann ich mit dem Essen.

Noch immer konnte ich an nichts anderes denken, als daran, dass all die Geschichten, die Mum mir erzählt hatte, wahr zu sein schienen. Sie hatte sich die Geschichten nicht ausgedacht. Sie hatte sich nicht diese Wesen ausgedacht, sondern sie existierten wirklich. 

Gab es also auch das magische Reich, in dem sie lebten? Musste es ja. Wieso sollte sich Mum ein fiktives, magisches Reich ausdenken, aber die Wesen die darin lebten, aus der Realität greifen? Und wieso hatte Mum mir nie von meinem Onkel erzählt? Wieso hatte sie behauptet, Einzelkind zu sein und wieso hatte sie mir nie erzählt, wo sie herkam?

Ich hörte wie die Haustür aufging und kurz darauf trat mein Onkel ins Esszimmer. Er nickte mir kurz zu und setzte sich dann auf seinen Platz und griff nach seinem Wasserglas. 

„Wie war dein Nachmittag?", fragte er, als Celestine ins Esszimmer geeilt kam und ihm etwas zu Essen auf den Teller machte und ihm ein Glas Wein einschenkte.

„Ganz okay. Ich habe die Zeit genutzt, um ein wenig zu lernen und zu zeichnen", antwortete ich und William sah mich überrascht an. „Du zeichnest?", fragte er und ich nickte zögernd. 

„Deine Mutter hat früher auch gerne gezeichnet und gemalt. Sie konnte stundenlang irgendwo sitzen und die Natur einfangen. Das Bild in der Eingangshalle hat sie gemalt, als sie glaube ich 14 Jahre alt war. Sie hat ein wenig mit Ölfarben herum experimentiert und unser Vater fand das Bild so toll, dass er es rahmen und aufhängen lassen hat", erzählte er und lächelte bei dieser Erinnerung.

„Sie hat auch nach meiner Geburt noch viel gemalt und gezeichnet. Fast alle Bilder in unserem Haus, waren von ihr selbst gemalt. Ihre letzte Arbeit woran sie gesessen hat, war ein Familienbild gewesen, aber..." Ich zuckte mit den Schultern. Mein Onkel verstand und kurz herrschte Schweigen.

„Ich habe dich noch nicht gefragt, wie es dir geht", sagte er und ich sah ihn kurz an. „Gut", antwortete ich. „Ich meine im Bezug auf deine Eltern. Ich habe die Berichte gelesen. Wenn du möchtest und du das Gefühl hast, dass du es brauchst, dann kannst du deine Therapie auch hier fortsetzen. Ich kenne eine ausgezeichnete Therapeutin", sagte William.

Natürlich hatte er meine Akten gelesen und die Berichte über den Tod meiner Eltern. Er wusste, dass ich nach ihrem Tod eine Therapie angefangen hatte, weil ich zeitweise ziemlich starke, depressive Verstimmungen hatte und mich mehrmals gefragt hatte, wieso ich überlebt hatte, während meine Eltern sterben mussten. Wieso sie an einer Rauchvergiftung starben und verbrannt sind, während ich lediglich mit Verbrennungen an den Armen davon kam.

„Danke, ich glaube es wäre keine schlechte Idee", antwortete ich langsam. „Ich werde sie gleich morgen anrufen und einen Termin ausmachen. Willst du zu ihr in die Praxis, oder soll sie her kommen?" „Äh...?" Ich war überrascht, dass ich mir das aussuchen konnte. 

Er ist ein McAlistair. Natürlich kommen Ärzte, Therapeuten und wer sonst noch alles hier her! „Hier?", sagte ich mehr fragend und William nickte. „Okay, ich mache einen Termin aus", sagte er und ich stimmte zögernd zu.

Avaglade - Die Hüter von Lavandia (Buch 1)Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin