14. Kapitel - Henry

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Die Autofahrt zum Anwesen von McAlistair war schon unangenehm genug, mit der peinlichen Stille. Erinna - McAlistairs Nichte - sah stur aus dem Fenster, während McAlistair selbst in einem schwarzen Notizbuch etwas aufschrieb und dabei in einem Buch blätterte. Und jetzt stand ich in diesen dämlichen Klamotten in seinem Hausflur und musste mich von diesem Mädchen anstarren lassen.

Mir wäre fast ein genervtes: „Hab ich was im Gesicht?" herausgerutscht. Aber ich konnte mich gerade noch so beherrschen und beschäftigte mich weiter mit meinem Smartphone. Beziehungsweise beschäftigte ich mich mit Cory, der genau gesehen hatte, dass ich bei McAlistair ins Auto gestiegen war und jetzt natürlich wissen wollte, wieso.

„Muss was für meinen Dad bei ihm abholen. Und statt das mitzubringen... na ja du weißt ja wie es läuft", antwortete ich und setzte noch einen Augenverdrehenden Smiley hinterher.

„Ist ja nervig. Zeig deinem Alten den Mittelfinger und sag ihm, er soll sein Zeug selbst abholen", kam prompt die Antwort.

„Um mir dann wieder anhören zu dürfen, wie respektlos ich bin und das Cathie ja so viel besser und freundlicher ist? Sorry, aber noch mehr Enttäuschung kann ich mir echt nicht geben!"

„Wenn du meinst", antwortete er und ich atmete innerlich auf, als Erinna an mir vorbei rauschte und sich ins Wohnzimmer verzog. Wobei sie mich von dort noch genauso gut beobachten konnte. Hatte ich vielleicht wirklich etwas im Gesicht? Und wieso war es eigentlich so still in diesem Haus? Müssten Erinnas Eltern nicht hier rumlaufen und ihre Tochter mit Fragen bombardieren? Oder waren sie noch arbeiten und deshalb wurde Erinna von Celestine begrüßt?

„Aber wenn du schon bei McAlistair rumhängst, vielleicht kannst du mir ja die Nummer von dieser Erinna besorgen", blinkte mir die Nachricht von Cory hingegen. „Komm klar damit, dass sie dir nen Korb gegeben hat. Denn ich kann dir mit Sicherheit sagen, dass sie ein Telefon besitzt", schrieb ich zurück.

„Ich hab auch nicht geglaubt, dass sie keines besitzen würde. Komm schon Kumpel, hilf deinem besten Freund!" „Sorry, aber nachher denkt sie noch, ich würde auf sie stehen. Und ich kann echt darauf verzichten, dass sie mir hinterher heult!"

Cory schickte nur noch einen Lachsmiley zurück und ich steckte mein Smartphone weg. Gerade rechtzeitig, denn McAlistair kam die Treppe runter. Er hatte sich ebenfalls umgezogen und trug statt des schwarzen Anzugs nun eine schwarze, lockersitzende Hose – ähnlich wie meine – und ein schwarzes, schlichtes Hemd. Er nickte mir zu und wir verließen gemeinsam das Haus und liefen in Richtung Stallungen.

„Weiß Erinna eigentlich alles über Lavandia?", fragte ich und hoffte einfach, dass es nicht zu neugierig klang. „Noch nicht", antwortete McAlistair und ich war ehrlich überrascht. Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet. Ich war davon ausgegangen, wenn man bedenkt, wer ihre Mutter ist. Ich wollte schon fragen, wieso Ruby und er es noch nicht getan hatten, aber er sprach bereits weiter.

„Ich weiß, ich muss es ihr langsam sagen und sie in alles einweihen. Ich arbeite daran, sodass die Hüterzeremonie wie geplant am Samstag bei Sonnenuntergang stattfinden kann", sprach er weiter und nickte einem Stallburschen zu, der zwei Pferde führte und uns die Zügel in die Hand drückte. Überrascht von der Eröffnung, dass die Hüterzeremonie am Samstag sein würde, ließ mich den Rest des Satzes bereits vergessen.

„Die Zeremonie soll Samstag sein?", fragte ich überrascht. „Hat dir dein Vater das noch nicht gesagt?" „Nein. Seit wann steht das fest?", fragte ich zögernd. McAlistair zuckte mit den Schultern. „Seit gestern früh. Du hast doch den Brief selbst überbracht dachte ich", sagte er und ich schwang mich aufs Pferd. „Ja, nur hat er nicht gesagt, dass die Zeremonie schon so bald ist", murmelte ich bitter.

Avaglade - Die Hüter von Lavandia (Buch 1)जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें