36. Kapitel - Henry

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Im Haus war es still und auf leisen Sohlen schlich ich die Treppe rauf und in mein Zimmer. Ich war total erledigt und müde und gleichzeitig hatte ich nicht das Gefühl, schlafen zu können.

Es war die richtige Entscheidung gewesen nicht nachhause zu fahren, als ich es vorgehabt hatte. Stattdessen hatte ich im Auto gesessen und darauf gewartet, dass irgendein Anwohner die Polizei rief. Oder darauf, dass Cory und Erinna die Party früher verließen.

Und lange warten musste ich nicht.

Es waren vielleicht gerade einmal zehn Minuten vergangen, als die Polizei anrückte und ich war kurzerhand über den Zaun geklettert und hatte mich in den Umkleidekabinen versteckt. Aus zwei Gründen.

Erstens, von dort konnte ich genau beobachten, wie die meisten meiner Mitschüler über den Zaun kletterten, im Versuch zu entkommen.

Und Zweitens, hatte ich kurz zuvor gesehen, wie Cory über den Zaun geklettert war und Erinna zurückließ. Und sie lief völlig Kopflos zum Haupteingang, wo noch Polizisten standen und warteten.

Wäre ich nicht gewesen, hätte man sie definitiv geschnappt, oder sie hätte – wenn man sie nicht erwischt hätte – sich irgendwo in der Nähe des Freibades versteckt und hätte keine Ahnung gehabt, wie sie dort wegkommen sollte.

Gedankenverloren schüttelte ich den Kopf und ließ mich in mein Bett fallen.

Wie konnte Cory sie einfach zurück lassen? Er hätte vor dem Freibad irgendwo warten müssen, um sie nachhause zu fahren. Er hatte sich nicht einmal vergewissert, dass sie hinter ihm war.

Ich kuschelte mich müde in mein Kopfkissen und schaffte es irgendwie über meine Gedanken hinweg einzuschlafen. Auch wenn meine Träume ziemlich wirr waren.

Irgendwas mit Elefanten in Freibädern und mein Dad, der vom Drei-Meter-Turm in das leere Becken sprang und dabei die Nationalhymne sang.

Kein Wunder also, dass ich völlig verschlafen am Frühstückstisch saß und kaum die Augen offen halten konnte.

„Hast du schlecht geschlafen Henry?", fragte Mum mich besorgt und machte so auch meinen Dad auf mich aufmerksam, der mich jetzt prüfend betrachtete.

„Ja, halb so wild", sagte ich schnell und rang mir ein Lächeln ab. Mum erwiderte das Lächeln und nahm sich etwas Brot.

„Dabei warst du gestern schon sehr früh im Bett. Du solltest ausgeruht sein", sagte mein Vater und schüttelte leicht den Kopf. Ich seufzte.

„Ich hab einfach schlecht geträumt. Halb so wild", gab ich zurück und mein Vater schnaubte leise, ehe er zur Zeitung griff.

„Dad, warst du gestern Abend eigentlich noch einmal unterwegs?", fragte Cathie und ich sah sie wütend an. Unser Vater runzelte die Stirn.

„Nein, wieso kommst du darauf Catherine?", fragte er und sah sein Lieblingskind an. Cathie zuckte mit den Schultern und setzte ihre Unschuldsmiene auf.

„Ach nur so. Ich habe geglaubt dein Auto zu hören und habe mich nur gewundert", sagte sie und ich sah auf meinen Teller. Ich musste Dad nicht einmal ansehen um zu wissen, dass er mir einen sehr wütenden Blick schenkte.

„Möchtest du mir irgendwas sagen Henry?", fragte mein Vater und ich kaute auf meiner Unterlippe rum.

„Ich war gestern noch einmal weg", sagte Mum ruhig und wir alle sahen sie überrascht an.

„Du hast bereits geschlafen und ich war mit einer Freundin verabredet. Wir waren in der Bar, haben ein wenig geredet und dann bin ich gegen halb eins schon wieder hier gewesen", sprach Mum weiter und lächelte.

Avaglade - Die Hüter von Lavandia (Buch 1)Where stories live. Discover now