Kapitel 4

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09.04.2019, Nizza, Frankreich

"Scheiße", fluche ich.

Geschockt sehe ich auf die blinkende Anzeige über mir. Die Anzeige mit dem Flieger nach Schanghai. Der Flieger, der mich eigentlich nach China bringen sollte. Mein Flieger.

"Scheiße, scheiße, scheiße!", wiederhole ich mich die ganze Zeit.

Das war meine einzige Chance noch vor Donnerstag nach China zu kommen. Also, so anzukommen, dass ich am Donnerstag mit an der Strecke bin.

Heute habe ich verschlafen, weswegen ich zu spät zum Flughafen gefahren bin und deswegen meinen Flug verpasst habe. Die beiden bringen mich um. Sie hassen es ja eh schon, wenn ich alleine reise, aber jetzt werde ich es vermutlich nie wieder dürfen.

Charles war diese Woche in Maranello, in Italien bei Scuderia Ferrari, damit sie noch ein bisschen was am Auto machen können und um ein paar Trainingseinheiten zu machen. Pierre war in Milton Keynes, aus ähnlichen Gründen. Deswegen war ich alleine in Monaco und hätte heute Morgen nach China fliegen sollen.

Nur hab ich das dämliche Flugzeug verpasst!

Meine beiden besten Freunde sind gestern schon angereist, wegen dem Jetlag. Sie sitzen jetzt vermutlich gerade beim Mittagessen, da China 6 Stunden vor unserer Zeit hier ist. Es ist gerade kurz nach 06:00 Uhr hier in Nizza, ich sollte im ersten Flugzeug sitzen.

Mit einem mulmigen Gefühl, hole ich mein Handy aus meiner Tasche und wähle Pierres Nummer. Er ist vermutlich derjenige, der noch am entspanntesten reagieren wird. Hoffentlich. Es klingelt dreimal, dann nimmt er ab. "Guten Morgen. Solltest du nicht jetzt im Flieger sitzen?"

Fuck.

"Guten Morgen, Pierre. Wie geht's dir?", frage ich und verfluche im Stillen die Flughafenansage im Hintergrund.

"Angelique, das ist nicht dein ernst." Ich kann leichte Wut in seiner Stimme hören.

"Es tut mir leid, okay? Ich hab verschlafen und dann der blöde Checkin und dann war das Boarding geschlossen", erkläre ich eilig. "Blöderweise stehe ich immer noch in Nizza."

Er flucht vor sich hin. Charles kann ich im Hintergrund fragen hören, was passiert ist. Pierre erklärt es ihm knapp und dann hab ich Charles am Telefon. "Wie kann sowas passieren? Willst du uns verarschen?"

"Ach halt doch die Klappe", zicke ich. "Als ob euch das noch nie passiert ist!"

Es wird erstaunlich ruhig am anderen Ende der Leitung, bevor Pierre dann sagt: "Wir finden eine Lösung, dass du noch hierher kommen kannst, okay? Ich melde mich gleich wieder."

Dann hat er aufgelegt. Einfach so. Ein bisschen überrascht sehe ich auf mein Handy, bevor ich kopfschüttelnd auf einem der Plastikstühle Platz nehme. Es ist komisch, hier am Flughafen zu sitzen und zu wissen, dass ich nicht gleich in einen der Flieger steigen werde. Auf eine Nachricht wartend sehe ich mich um. Überall verschlafene Gesichter von Familien, die in den Urlaub fliegen wollen und auf ihren Checkin warten, von Geschäftsleuten, die versuchen sich mit Telefonaten oder Kaffee wachzuhalten. Selbst die Kinder sind um diese Uhrzeit noch müde.

Es dauert nur ein paar wenige Minuten, dann klingelt mein Handy wieder. "Und?", melde ich mich.

"Carlos macht einen Halt in Nizza mit dem McLaren-Jet und holt dich ab", erklärt mir Pierre. "Du musst jetzt nur noch in den Teil des Flughafens für die Privatjets zu kommen. Am einfachsten wird es sein, wenn du zu einem Mitarbeiter gehst. Er wird in etwa zwei Stunden da sein."

"Danke, danke, danke", juble ich und bekomme ein paar giftige Blicke zugeworfen. "Danke, Pierre, wirklich!"

"Jetzt sieh zu, dass du den nicht auch noch verpasst", verabschiedet er sich.

You were there for me - Lando Norris FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt