80:Erkenntnisse

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Immer lauter und lauter nahm ich das regelmäßige Piepsen im Hintergrund wahr. Genauso kamen parallel immer mehr und mehr meine Erinnerungen zurück. Es fühlte sich so an als würden die letzen Stunden nochmal geschehen daher öffnete ich flatternd meine Augen um dies nicht noch einmal zu sehen. Mal wieder erwachte ich in einem Krankenzimmer. Während ich mich vorsichtig umsah merkte ich wie ich voll und ganz die Aufmerksamkeit von Ale hatte, welcher neben mir saß und Aurelian auf seinem Arm hatte der gerade am schlafen war.

„Ich würde ja gerne sagen,dass ich dich nach diesem sehr intensiven Kreislaufkollaps besser hier gelassen hätte aber das wäre ja auch irgendwie falsch gewesen." lächelte er mich beruhigend an.
„Wo ist Aurora?" kam es jedoch sofort von mir. Ale rückte mit deinem Oberkörper ein wenig zurück damit ich das kleine Babybett hinter im sehen konnte indem unsere kleine lag. Auch wenn ich zuerst ein wenig beruhigt war sie zu sehen und sie direkt in meiner nähe zu haben fühlte ich mich nicht wirklich wohl sie so zu sehen. Sie war an der Überwachung angeschlossen und trug eine Sauerstoffbrille. Ale merkte anscheinend meinen etwas verunsicherten Blick.
„Es geht ihr gut. Das sind alles nur Vorsichtsmaßnahmen." beruhigte er mich.

Doch eine Frage gab es definitiv noch die sich mir stellte. Aber war ich bereit es zu wissen? Wollte ich es wissen? Muss ich es wissen? Will ich es wissen? Wird es etwas ändern? Eigentlich ja. Es würde viel ändern. Vielleicht könnten wir dann endlich das Leben leben auf das wir schon lange gehofft haben. Ein ruhigeres Leben. Immerhin haben wir nun drei Kinder.
„Er ist tot, ja. Falls es das ist was du fragen möchtest." kam Ale mir zuvor.

Er ist tot. Meine beiden Elternteile waren nun tot. So sehr wie mich damals der Tod meiner Mutter beunruhigte, so sehr beruhigte mich nun irgendwie der Tod meines Vaters. Er war für nichts mehr gemacht als für den Tod. Lieber sollte er sterben als das andere noch mehr Leid wegen ihm tragen müssten. Es ist besser so.
„Nie wieder. Er wird dir nie wieder weh tuen oder sonst jemandem." sagte Ale während er meine Hand nahm und über diese strich.
Leicht nickte ich und genoss die paar Minuten Ruhe bevor die Tür aufgerissen wurde.

„Na das sieht ja glatt so aus als wäre meine Lieblingsschwägerin wieder bei vollem Bewusstsein." schmunzelte Renée als er rein kam und brachte mich so wieder zum lächeln während er sich auf die andere Seite neben mein Bett setze.
„Das Lächeln steht dir schon viel besser als dieser verhasste Blick den du aber zugegebener Maßen ziemlich gut drauf hast." kam sofort von Renée.
„Na ja, er sah schon heiß." gab Ale zu und ich gab mein bestes nicht rot zu werden was auch relativ gut klappte.
„Dazu darf ich mich leider nicht äußern. Selbst wenn Clara heiß wäre würde weder dir das gefallen noch Hailie wenn ich sowas sage. Erinnerst du dich noch an den Typen in der Bar den du zusammen geschlagen hattest weil er sowas ähnliches gesagt hatte?"

„Bitte was?" mischte ich mich nun ein und sah Ale fassungslos an.
„Mir ist die Hand ausgerutscht. Das passiert schonmal süße. Ich hab halt ein bisschen Kraft." verteidigte Ale sich angespannt. Offensichtlich ist er noch nicht über diesen Typen hinweg.
„Ja da kann man schonmal jemanden aus Versehen die Nase brutal brechen." lachte nun Renée und wieder glitt mein Blick zu Ale nur dieses Mal noch fassungsloser.
„Ist ja gut Renée. Ich hab ihm dafür einen schnellen Tod geschenkt und ihn nicht ewig im Keller verrotten lassen so wie du das letztens mit dem einem gemacht hast." rechtfertigte sich nun Ale und ließ mich blasser werden.
„Ach ja? Und was war mit dem Kerl den du vor zwei Tagen noch gefoltert hast weil er dich beleidigt hat nachdem er endlich das Geld hatte? Das Messer-" wurde Renée nun lauter doch bevor er seinen Satz beenden konnte wurde er bereits unterbrochen.

„Jetzt ist mal gut! Dieses lächerliche Geschwisterstreiten werdet ihr auch niemals verlernen oder? So leid es mir ja tut aber ihr könnt jetzt mal schön rausgehen und euch wieder mit euren Foltereien und Dealereien und was weiß ich alles beschäftigen aber Clara braucht jetzt mal Ruhe." schimpfte Ellian welchen eben noch keiner von uns bemerkt hatte.

Für einen Moment schaute Ale mich noch an. Wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass er mich wirklich alleine lassen könnte. Beruhigend lächelte ich ihn an und er verschwand daraufhin gemeinsam mit Renée. Nun waren es nur noch Ellian, die Zwillinge und ich, da Ale bevor er gegangen war Aurelian zu seiner Schwester legte.

„Wie geht es dir mit seinem Tod?" war das erste was Ellian wissen wollte.
„Es ist okay. In letzter Zeit habe ich immer mehr mitbekommen was er für ein schrecklicher Mensch war und das weiß ich nicht nur wegen Erzählungen von anderen sondern auch von ihm selbst. Er hat zugegeben wie gerne er mich als Kind seelisch und körperlich gequält hat. Jetzt weiß ich, dass es so einfach am besten ist und jemand hätte sterben müssen, sonst hätte das alles niemals ein Ende gehabt. Lieber ihn als jemand von uns." erklärte ich ehrlich.

Wahrscheinlich hatte es mir sehr geholfen vor seinem Tod so viel über ihn zu erfahren. Zwar tat es weh aber dafür verstehe ich es jetzt warum er sterben musste. Es gäbe keine andere Lösung. Er hat mir nur weh getan mehr nicht. Jetzt habe ich eine eigene Familie gegründet, die mich braucht.

Ellian nickte nachdenklich ,fasste sich aber wieder relativ schnell und machte sich an meiner Infusion zu schaffen.

„Hätte damals als ich dich hier das erste mal liegen hatte, mir nicht vorstellen können,dass du irgendwann so viel veränderst." gab er nachdenklich zu als er fertig war und sich auf den Stuhl neben meinem Bett setze. Er hatte wie immer seinen Kittel an und hatte ein Stethoskop um den Hals geschlungen. Typisch Arzt eben.

„Als würde es nicht reichen, dass du die Díaz Tochter bist aber nein der große Rodríguez musste es ja auch noch auf dich abgesehen haben nicht wahr? Schon lustig wenn man bedenkt was alles passiert ist und vor allem wie oft es so schlecht aussah und du jetzt trotzdem relativ wohlauf bist und glücklich mit deinen Kindern und deinem Mann bist." schmunzelte er nun.

Wo er Recht hatte, hatte er Recht.
„War zugegebener Maßen nicht meine Absicht. Rückgängig würde ich es trotzdem nicht mehr machen wollen. Ich wünschte jemand hätte damals schon der Clara, die gerade überfordert in einem dieser Zimmer saß und weinte gesagt was sie alles erwartete aber auch wie schön es dafür im Endeffekt sein wird. Aber vielleicht wäre ich dann nicht jetzt so unfassbar glücklich wie ich es jetzt bin."

Es waren die Menschen in meinem Umfeld welche für dieses Gefühl sorgten. Nicht nur hatte ich nun drei wunderbare Kinder welche mich mehr als nur glücklich machen sondern auch hatte ich die Liebe meines Lebens. Meine beste Freundin heiratete seinen Bruder welcher auch ein wirklich guter Freund ist welchen ich immer Mal gut gebrauchen kann. Meinen beiden Brüdern geht es gut und ich sehe sie oft. Zwar nervt mich Eric regelmäßig aber vermutlich wäre er ansonsten nicht mein Bruder. Ellian und Miguel sind mittlerweile auch gute Freunde geworden.

Und auch Adriana hatte ich gerade in letzter Zeit sehr in mein Herz geschlossen. Auch meine Mutter wird diesen Platz nie wieder verlassen. Mittlerweile weiß ich mit dem vermissen um zu gehen und habe Menschen die mir dabei helfen. Trotzdem tut es manchmal gut zu vermissen. Ab und an vermisse ich auch Aris. Er war auf irgendeiner Weise auch für mich da. Immerhin war er dabei mich zu beschützen als er starb. Genauso vermisse ich Tino aber ich weiß wie stolz er auf mich wäre oder sogar ist. Auch Matteo werde ich nicht vergessen. Vielleicht auch weil Hailies Sohn welcher nach ihm benannt ist ihm wirklich ähnlich sah.

Viele Menschen hassen die Tiefen im Leben und setzen viel Mehr auf die Höhen. Aber selbst die Höhen sind vielen Menschen zu intensiv. Ohne jedoch diese Höhen und Tiefen wäre das Leben nicht das was es ist. Ohne tiefe Tiefen und hohe Höhen würde man nicht spüren das man im Leben ist. Zu spüren, dass man lebend ist, ist wichtig. Höhen sind schön und lassen einen unglaubliches spüren und am liebsten erlebt man sie zusammen mit seinen Liebsten. Genauso aber sind auch Tiefen. Sie wirken so intensiv als könnte man sie nicht durchstehen. Dabei brauch man nur seine Liebsten.
Die Sicherheit und Liebe.
Das was ich so oft gespürt habe. Selbst gefesselt in einem Keller mit Schmerzen da ich ihnen vertraute.

Hailie, Renée,Eric, Leon ,Ellian, Alea, Valentino, Matteo, Miguel und vor allem Alessandro Rodríguez.

Eine wichtige Erkenntnis.

Someone Save MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt