44. Before you go

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POV: Leon

Olivia ist gerade mit ihrem Mann, bei Abygail. Nachdem der Arzt ihnen erzählt hat was passiert ist, hat sie nichts mehr vor der Tür von Aby's Zimmer gehalten. Was es noch schlimmer macht hier zu warten, weil ich jetzt weiß wo sie liegt. Inzwischen ist es schon 6:13 Uhr und ich könnte ein wenig Gesellschaft vertragen, weshalb ich hoffe das die zwei Schlafmützen auf dem Stuhl da, bald aufwachen. Sie haben sich ab und zu ein wenig bewegt, aber jetzt auch nicht so viel das ich sagen würde es sieht gemütlich aus. Warte, ich muss ein Foto machen! Schnell zücke ich mein Handy und mache schnell ein Beweisfoto. Weil wenn die Aufwachen, wird es für beide so cringe sein, das sie es immer abstreiten werden. Tja, wird wohl nix mit einem Beweisfoto. Ich versuche das alles gerade mit etwas Humor herunter zu spielen, damit ich nicht so viel nachdenke.

Was könnte ich jetzt noch machen? Ich könnte mal wieder auf's Klo gehen. Und so meine lieben Damen und Herren, verbringt man die Zeit in einem Krankenhaus. Ich mache mich also auf den Weg ins Klo und nachdem ich fertig bin auch wieder zurück ins Wartezimmer. Wow, haben wir viel Zeit rumgeschlagen....

Ich war 5 Minuten weg. Höchstens! Und ich komme zurück und Daniel und Emely sind auf wundersamer Weiße aufgewacht und sitzen 3 Stühle zwischen ihnen, weg von einander. Ok, vielleicht bin ich froh diesen Moment nicht mitbekommen zu haben, aber ich wollte ihn doch schon sehen...
"Ach, guten Morgen ihr Turteltauben." begrüße ich sie herzlich.
"Schnauze!" kommt es von beiden wie aus der Pistole geschossen.
"Jaja. So süß." provoziere ich sie noch ein wenig.
"Ja, reicht. Gibts was neues?" frägt Emely
"Ähm, ja tatsächlich. Also ihre Eltern sind heute Morgen um 2 Uhr gekommen und haben mir erlaubt sie zu sehen. Was bis jetzt noch nicht passiert ist, weil sie erst gegangen sind."
"Yeess, das ist gut! Dann kannst du sie endlich sehen."
"Ja..."

Klar sollte ich mich freuen, aber ich habe Angst das ich mich von ihr verabschieden muss genauso wie ich es von meiner Mutter hätte tuen sollen. Ich hoffe einfach das Beste. Wie ich es schon so oft getan habe... Frustriert lasse ich mich wieder auf einen Stuhl fallen.

Ich tiggere im Wartezimmer hin und her. Denn Aby's Eltern sind schon seit 3 Stunden da drin. Und natürlich möchte ich das sie so viel Zeit mit ihrer Tochter haben, wie sie brauchen, aber ich platzte gleich! Ich muss Aby sehen! Meine Hazel. Die es liebt zu Lesen. Die immer mehr auf andere, als auf sich selbst achtet. Welche so unfassbar viel durchmachen musste. Deren Lieblingsserie the good doctor ist. Die super krank auf Motorräder steht. Die ihr Auto über alles liebt. Ich korrigiere liebte. Oh fuck! Sie wird übel traurig sein das ihr schönes Auto kaputt ist! Sie wird richtig enttäuscht sein....

Ich greife mein Handy aus meiner Hosentasche, drehe es mit dem Display nach unten und drück das Handy etwas aus der dunkelblauen Hülle, um daraus das Foto zuholen, was wir in der Fotobox gemacht haben. Ich fand es ganz lustig sie ein wenig an der Nase herumzuführen. Ich hätte aber nicht gedacht das die Box genau dann ein Foto von uns schießt wie wir uns Küssen. Da war alles noch gut.

"Leon Scott?"
"Ja" antworte ich sofort, und drehe mich zu der Tür. Darin steht die Krankenschwester von der Rezeption.
"Sie dürfen zu ihr."
Daniel und Emely stehen ruckartig auf und sehen mich erwartungsvoll an.
"Wirk...wirklich?" frage ich verdattert. So wirklich habe ich damit noch nicht gerechnet, weil immerhin wollen ihre Eltern ja auch Zeit mit ihr. Aber wenn ich schon darf.
"Ok."
"Soll ich mitkommen. Brauchst du jemanden?" frägt mich Daniel noch bevor ich gehe.
"Nein, ich denke nicht, aber danke. Ich sag euch dann bescheid."
Ich laufe der Krankenschwester hinterher, obwohl ich weiß wo Hazel ihr Zimmer ist. Als wir vor dem Zimmer ankommen sitzten ihre Eltern vor der Tür auf einer Bank.
"Wieso sitzt ihr hier draußen?"
"Wir wollen euch beiden ein wenig Freiraum geben." antwortet mir George
"Aber, sie wollen doch bestimmt bei ihr sein."
"Natürlich, nur willst du bestimmt auch mit ihr alleine sein."
Ich möchte Olivia gerade wiedersprechen, da redet sie mir schon dazwischen.
"Diskutier jetzt lieber nicht mit mir. Geh rein und sei bei ihr. Wir werden es schon aushalten." bestimmt sie liebevoll.
"Ok, danke"
Jetzt wo ich sie länger ansehe, sieht man wie krass angeschwollen ihre Augen sind und sie tut mir unendlich Leid. Wie schlimm es wohl sein wird? Das werde ich wohl jetzt herausfinden.

Ich lege meine Hand auf die Türklinge und drücke sie langsam runter. Die Tür öffnet sich Stück für Stück. Und irgendwann sehe ich sie dann. Wie sie blass ohne Farbe, mit Schläuchen, überall an ihrem Köper in diesem Bett liegt. Es erinnert mich daran, als ich meine Mom gesehen habe, nachdem sie ins Krankenhaus kam.
Ich schließe die Tür hinter mir und bleibe kurz stehen, um zu realisieren, das das hier Aby ist. Die einen Autounfall hatte und vielleicht. Ganz vielleicht wieder kommt. Und nicht meine Mutter bei der keine Hoffnung bestand. Langsam laufe ich auf ihr Bett zu und setzte mich auf den Stuhl daneben. Was mich am meisten stört ist das ich ihre wunderschönen Augen nicht sehe. Die mir immer Kraft gegeben haben und die immer für mich da waren.
Sie hängt am Beatmungsgerät und man weiß, das wenn man einmal daran hängt, das man nur schwer wieder von weg kommt.

Erst jetzt fällt mir das piepen von dem Gerät auf, welches immer in regelmäßigen abständen kommt. Ich weiß nicht was ich tun soll. Soll ich mit ihr reden? Oder ist das komisch? Die Frage ist was will ich? Wieso bin ich hier bei ihr?

Also entscheide ich mich ihr Hand die schlaff auf dem Bett liegt in meine zu nehmen. Sie ist ein kalt und ich mache es mir zur Aufgabe sie zu wärmen. Ich entscheide mich doch einfach mit ihr zu reden. Was kann schief laufen. Niemand hört mich.

"Hey" sage ich also rau und leise. Sofort fängt das Gerät an zu piepen, weil ihr Puls schneller geht. Was mir ein kleines Lächeln auf mein Gesicht zaubert.
Und dann fange ich an zu reden und höre nicht mehr auf.
"Ähm, ich weiß nicht ob du mich hörst oder überhaupt etwas von all dem mitbekommst. Aber, scheiße ich vermisse dich. Ich vermisse dein Lachen, deine Augen. Deine zuneigung. Wie du dich immer an mich ran schmiegst, deine freude über Motorräder. Einfach dich. Und tu mir das bitte nicht an. Bitte lass mich nicht einfach hier alleine. Wir sind alle hier. Deine Eltern, Emely und Daniel. Und wir hoffen alle so sehr das du es schaffst. Bitte, du bist die stärkste Person die ich kenne, bitte geb nicht auf. Ich weiß nicht was ich ohne dich machen soll. Wie ich das alles schaffen soll. Wie versöhne ich mich mit meinem Vater. Wie mache ich das mit Bella wieder gut. Und wer ist da wenn ich das alles nicht hinbekomme?
Und fuck, ich geb mir so krass die Schuld an all dem. Ich hätte es verhindern können. Denk ich mal. Es hätte alles anders sein können. Und das Leben ist so unfair, das weißt du. Aber ich werde nicht aufhören zu hoffen, auch wenn das Leben mich dafür oft zertrümmert hat, werde ich es für dich weiter tun. Egal, wie lange du brauchst. Ich werde hier sein und warten. Denn du bist alles für mich. Mir ist es erst zu spät aufgefallen, aber ich möchte mir sicher sein das ich es dir gesagt habe. Es wenigstens versucht habe. Denn Abygail...Hazel ich l..."
Aufeinmal rastet das EKG aus und ich bin maßlos überfordert. Bis Krankenschwestern und der Arzt herein stürmen. Ich erhebe mich und frage was los ist.
"Sie müssen leider gehen Mr. Scott."
"Aber ich.."
"Bitte verlassen sie den Raum!"
Überall herscht unruhe und sie legen Abygail flach hin. Scheiße sie realimieren sie!
"Ich kann sie jetzt nicht alleine..."
"Das müssen sie aber. Lassen sie uns bitte unsere Arbeit machen"
Ein Mann taucht neben mir auf und schiebt mich förmlich aus dem Raum. Ich will mich wehren, aber mein Kopf reagiert gar nicht mehr.

Irgendwann stehe ich im Gang vor der geschlossenen Tür.
Ihr Herz steht still. Die Linie des EKG's war gerade. Wieso habe ich das nicht mitbekommen! Sie stirbt wahrscheinlich. Ich konnte ihr nicht sagen das ich sie liebe. Wie viel sie mir bedeutet. In mir steigt so eine Wut hoch, das ich mich einfach umdrehe und auf die Wand einschlage. Ich bin so sauer auf mich, auf diesen scheiß Blitz, den Baum und einfach auf die Welt, das ich ohne nach zu denken, auf die Wand mit dem Rauputz einschlage. In mir ist so viel Adrenalien das ich den Schmerz nicht spüre und vor mir verschwimmt die Sicht. Es sammeln sich Tränen und diesmal halte ich sie nicht zurück. Ich lasse sie einfach laufen. Die Wand vor mir wird rot, aber es hält mich nicht auf. Ich hätte bei ihr sein sollen. Ich hätte mit ihr fahren sollen. Vielleicht wäre ich dann gestorben und nicht sie! Ich bin ein Versager, wie es mein Vater schon immer wusste. Ich kann für niemanden da sein. Ich schlage immer weiter, bis sich zwei starke Arme um mich rum schließen.
"Leon, hör auf!"
Es ist Daniel der anhand seiner Stimmlage schon länger versucht mich zu beruhigen. Trotzdem schlage ich einfach weiter.
"Verdammt Leon! Hör. Auf!"
Nach mehreren Minuten gebe ich es auf. Lasse meine Arme sinken und rutsche die Wand herunter auf den Boden und fange an zu schlunzen. Ich lasse alles raus und gebe auf dagegen anzukämpfen.
"Ich liebe sie. Und sie weiß es nicht, weil ich, Arsch zu viel Angst hatte es zuzugeben. Und jetzt stirbt sie ohne das sie es weiß!"
Damit schlage ich nochmal gegen die Wand, aber Daniel umschließt mich direkt wieder. Er lehnt mich an die Wand und ist einfach da. Und das ist alles was ich gerade brauche.

The Party goes overWhere stories live. Discover now