My past will NEVER define my future...

5K 135 14
                                    

~1 Jahr zuvor~

Tja, das war's dann wohl.
Meine Augen kleben förmlich an meinem Zeugnis, an jeder noch so kleinen Zahl, die alle größer oder gleich als 5 sind.
Dieses Zeugnis hätte mein Weg auf die Uni in Barcelona sein sollen.
Aber das können sowohl ich als auch meine Eltern sich sowas von abschminken.
Ich kann es allerdings ehrlich gesagt gar nicht erwarten, zurück nach Marokko zu kommen.
Immerhin wartet mein Traumboy dort auf mich. Das ist doch wesentlich Wichtiger als ein paar Zahlen auf einem Blatt Papier.
Mit einem lauten Seufzen stopfe ich das Zeugnis in meine Umhängetasche und steige ins Taxi.
Sobald ich dem Lenker mein Ziel gesagt habe, zücke ich mein Handy und wähle mich ein.
Nach langem Klingeln meldet sich eine raue Stimme.
"Hey Babe..."
"Hi.", krächze ich und wundere mich über meine schwache Stimme.
"Az, meine Noten sind der totale Reinfall... Das war's also mit der Uni."
Wie von selbst wechsele ich ins Arabische, um mit meinem Freund Aziz zu reden, welcher in Marokko lebt.
Ich war in Spanien geboren, hatte jedoch immer schon viel Zeit in meinem Heimatland verbracht, bei Großeltern und Verwandten und dort Aziz kennengelernt.
Obwohl meine Eltern verlangten, dass ich in Barcelona studieren sollte, würde mich das von meinem Freund trennen. Niemals.
Und ich kann kaum zwei Wochen für die Aufnahmetests in Barcelona bei meinen Eltern und ohne ihn verbringen.
"Und das heißt jetzt...?", fragt er nach und ich starre aus dem Fenster. "Ich komme zurück. Wie in... Jetzt.", erkläre ich.
Schweigen.
"Wie in... Sofort?" "Ja. Meine Eltern bringen mich um, wenn sie die Noten sehen und würden mich nie zurückfliegen lassen. Es ist okay, wenn ich bei dir unterkomme?"
"Babe, sitzt du schon im Flieger oder so...?" "Äh, nein..." "Vielleicht solltest du echt da bleiben. Du weißt schon... In Spanien?"
Verwundert schnappe ich nach Luft. "Wieso? Willst du nicht, dass ich zurückkomme?" "Doch, sicher... Aber gerade jetzt hab ich echt viel um die Ohren...", erkläre Aziz zögerlich und ich schlucke.
Aziz ist arbeitslos. Was soll er zu tun haben?
"A-aber Babe, ich hab extra die Tests verhauen, damit mich meine Eltern nicht zur Uni anmelden können. Das war nicht leicht, diese Entscheidung zu treffen. Und... Und ich brauch dich gerade jetzt echt..."
"Sorry, Babe, aber ich kann jetzt gerade wirklich nicht..."
Ich spüre, wie mir die Tränen kamen, als ich hinter ihm Geräusche und die Stimmen von Frauen höre, was nichts Neues war, aber gerade jetzt ist es das letzte, was ich hören wollte.
"Babe, ich...-" "-Ja, schon klar... Ich leg jetzt auf, Az, ich muss... Ich kann gerade... Tschau..."
Mit zitternden Händen lege ich das Telefon zur Seite und versuche mich zusammenzureißen.
"Miss? Miss... Wir sind jetzt da.", höre ich die Stimme des Taxifahrers, die mich aus der Starre reißt und ich blicke auf.
Barcelona Airport El-Prat.
Erneut spüre ich, wie die Tränen kommen und bringe kaum ein Wort heraus.
"Fahren sie... Fahren sie bitte zurück. Einfach zurück...", stottere ich und der Taxilenker blickt besorgt von mir zum Schalthebel.
Nach langer Pause reiche ich ihm den Zettel mit meiner Adresse, da ich keinen Ton mehr aus meiner ausgetrockneten Kehle bringe.
"Miss, geht es ihnen gut?", fragt er und ich schüttele den Kopf.
"Fahren sie bitte einfach hier weg... Bitte...", seufze ich und endlich bewegt sich der Wagen, bringt mich zurück, zu meinen Eltern, nach Hause.

*~*~*

Ich schlage die Augen auf und bemerke, das helles Licht ins Zimmer strömt.
Es war Morgen. Und der Traum war endlich vorbei.
Ich streiche mir über die Wangen und bemerke die getrockneten Tränen darauf. Zeitgleich runzele ich die Stirn.
Hatte ich im Schlaf geweint? Anscheinend...
Stöhnend kippe ich zurück ins Kissen und zwinge mich, den Content des Traumes aus meinen Hirnwindungen zu verbannen.
Doch zwecklos... Ich würde das nie vergessen können.
Meine Blindheit... Meine gottverdammte Blindheit und Naivität gegenüber dem Jungen, von dem ich geglaubt hatte, er wäre für mich bestimmt.
Ich hatte Aziz alles, was ich besaß, anvertraut und alles gegeben, Körper und Seele und Herz und er hatte es ausgenutzt und mich betrogen.
Eiskalt...
Und ich hätte um ein Haar wegen diesem Typen meine Zukunft aufs Spiel gesetzt. Ich hätte die Ausbildung geschmissen!
Ich hatte meine Eltern belogen, beschimpft und hintergangen. Doch als ich meinen Fehler einsah, war es fast zu spät gewesen und alle Zukunftspläne wären dahin gewesen.
Nur aus dem Grund hatten meine Eltern die neuen Regeln aufgestellt... Keine Dates, keine Jungs mehr bis zum Abschluss der Uni. Oder... Viel eher keine Liebe, keine Gefühle. Keine Ablenkung durch Männer.
Oh du heilige... Wie hatte ich je glauben können, dass das tatsächlich funktionieren würde?

Don't Kill My Vibe // Neymar JRWhere stories live. Discover now