Flucht

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Ich schwöre, mein Herz macht in genau diesem Moment einen heftigen Satz und droht pulsierend in meiner Kehle stecken zu bleiben.

"Hey Schnecke!", höre ich jedoch die amüsierte Stimme und atme gepresst sämtliche Luft (und Anspannung) aus meinen Lungen. Ich drehe mich blitzschnell um und schubse Sandro an der Brust von mir weg, sodass er mehrere Schritte nach hinten stolpert. "Woah!"

"Du verdammter Volltrottel! Weißt du, wie du mich erschreckt hast, ich dachte schon du wärst...", ich stocke nervös. "...Nicht so wichtig... Du hast mich fast zu Tode erschreckt!", fauche ich sauer und Sandro hebt abwehrend die Arme. Er grinst unschuldig.

"Hey, t-tut mir leid, ich hab nicht nachgedacht..." "Genau! Das tust du ja nie!", rege ich mich auf und werfe die Arme in die Luft, als ich leise arabische Flüche murmelnd an meinem Bruder vorbei ins Hotelzimmer stürme. Munir selbst macht überrumpelt einen Schritt zur Seite und zieht die Augenbrauen hoch, verkneift sich aber klugerweise einen Kommentar. Er weiß genau, wann man mir im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Weg gehen muss.

Sandro hingegen lacht nervös. "Wow, sind wir heute wieder kratzbürstig...", scherzt er milde und beobachtet mich, wie ich mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank unter dem Schreibtisch genehmige und mich auf Munirs Hotelbett werfe.

"Halt die Klappe!" "Du hättest mich auch vorwarnen können... wie auch immer, was machst du denn eigentlich hier, Schnecke?" "Ferien.", zische ich kurz angebunden und kann praktisch sehen, wie Munir die Augen verdreht. "Unsere Eltern haben ihr das Flugticket aufgedrängt, weil..."

Ich drehe den Kopf und werfe meinem Bruder einen warnenden Blick zu, der geradezu schreit: Wenn du nicht die Klappe hältst...

"... weil ich auch hier nach Marrakech geflogen bin und es einfach gepasst hat, dass wir alle uns mal wieder sehen. Also, wir als Familie.", redet sich Munir heraus. "Ach ja?", grinst Sandro und setzt sich ans Bettende. "Wie ich sehe, passt deiner Schwester das gar nicht." Er ziept mich an den Haaren. "Hey!", zische ich.

Munir, der immer noch in der offenen Tür steht, deutet auf den Kühlschrank. "Gib mir mal die Cola." Sandro streckt sich und reicht ihm eine Dose. "Und wieso zerrt Muni dich hierher ins Hotel?", fragt Sandro verwirrt nach und Munir nimmt einen großen Schluck. "Teambesprechung, weißt du noch? Hätte ich sie vorher nach Hause gefahren, wäre ich nicht mehr rechtzeitig..."

In dem Moment fällt eine Tür draußen auf dem Gang zu und ich höre laute Stimmen und irgendjemandes Lachen. Sie hören sich irgendwie fremd an, seltsam exotisch und doch dem Spanischen irgendwie ähnlich. Es waren männliche Stimmen und sie kamen näher.

Munir zieht verwundert die Augenbrauen zusammen und blickt aus der Tür hinaus den Gang hinab, bevor er einen kurzen Gruß und ein Kopfnicken andeutet. "Dani! Hey, Neymar! Wo ist denn jetzt die Besprechung?", ruft er fragend und ich kann euch sagen, so heftig zusammengezuckt war ich noch nie zuvor.

"Besprechung?", höre ich seine Stimme schon ziemlich deutlich und nahe und springe vom Bett auf. Doch dummerweise saß Sandro wohl zu nahe an meinem Kopf, weshalb ich mir durch meine plötzliche Bewegung dummerweise ein paar Haarsträhnen ausreiße.

"Shit, aua!", quieke ich auf und sehe panisch zur immer noch offenen Tür.

Vom Gang ertönt ausgelassenes Lachen. "Die Teambesprechung um fünf, Ney! Schon vergessen, was?", lacht einer der anderen Brasilianer, so wie mir schein. "Äh, ja.", ertönt Neymars Murmeln. Sie müssen wohl gleich an der Tür vorbeikommen.

"Badezimmer!", zische ich und wirble herum. Ein Glück ist die Tür gleich hinter mir, sodass ich sie schnell aufreiße und mich in das geräumige, mit hellen Fliesen ausgelegte Badezimmer flüchte, kurz bevor ich schon höre, wie die Brasilianer vor der Zimmertür anhalten.

Don't Kill My Vibe // Neymar JRWhere stories live. Discover now