Dreh die Zeit zurück, verdammt...

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~Fatima POV~

Ich weiß nicht genau wie, nennt es Talent oder einfach nur Glück, aber irgendwie gelingt es mir die letzten zwei Tage über Neymar erfolgreich aus dem Weg zu gehen.

Ich frühstücke nun immer zur ersten Schicht, gemeinsam mit meinem Bruder und haue ab, bevor die Brazukas für gewöhnlich im Speisesaal aufkreuzen.

Ich benutze die Treppen anstatt der Aufzüge. Das ist zwar zeitaufwendig und anstrengender, aber hey - so vermeide ich zumindest einen nervigen Zusammenstoß mit dem Brasilianer.

Am Vormittag findet das Training statt, also kann ich beruhigt Mittagessen, nur um mich danach in Munirs Hotelzimmer zu verkriechen und beim Abendessen Appetitlosigkeit vorzutäuschen und zu hoffen, dass ich von zerquetschten Müsliriegeln, Cashewnüssen und Hustenbonbons eine Weile überleben kann.

Das schlechte daran: diese Methode funktionierte genau zwei Tage lang. Zwei Tage absoluter Desozialisierung. Einzig und allein mit meinem Bruder wage ich zu reden. Nicht einmal mit Sandro ist ein normales Gespräch möglich. Seit seinem Geständnis wird mir vor Schuldgefühlen beinahe übel, wenn ich ihm in die Augen sehe.

Zwei Tage funktioniert das ganz gut. Könnte sein, dass ich an den zersplitterten Scherben meines gebrochenen Herzens schon abgekratzt bin - sozusagen innerlich tot - aber hey, es funktioniert zumindest zwei Tage lang.

Bis zum schicksalshaften dritten Tag. Und der dritte Tag ist der Tag des Finales. Des Finales der Klub-Weltmeisterschaft. Gegen San Lorenzo, wenn ich es mich nicht irre.

Bis zum letzten Abend vor dem Finalspiel.

"Sis, ich besorge dir Tickets und du kommst morgen Abend mit ins Stadion, wie klingt das?" "Klingt furchtbar. Nächster Vorschlag!"

Munir seufzt gestresst auf und hebt die Snapback etwas an, um mich unter hochgezogenen Augenbrauen nachdenklich anzusehen.

Ich kaue auf meinen Nägeln herum, welche so oder so schon bis zur Nagelhaut abgekaut sind, und starre stur zurück.

"Fa, ich will ja nichts sagen... Aber du machst mir wirklich Sorgen. Du sperrst dich nur noch weg, redest kaum etwas. Und - lüg jetzt ja nicht - ich war mir gestern Abend ziemlich sicher, als ich deine Augen gesehen hab, dass du geweint hast."

Ich seufze laut auf und fahre mir durch die Haare. Munirs Sorge ist begründet... Aber im Augenblick nervt sie nur.

"Ich... bin ein wenig von der Rolle, ich geb's ja zu. Stimmungsschwankungen... Soll vorkommen bei uns Mädchen, hab ich mir sagen lassen. Mir geht's gut, Muni."

"Das kannst du deinem Frisör erzählen, Fatima! Ich will ja nur, dass du mal wieder rauskommst und dich ablenkst. Und... abgesehen davon... Würde ich dich beim Finale gerne in meiner Nähe wissen.", erklärt mein Bruder leicht nachdenklich.

Ich zupfe an einem Zipfel des Kissens herum. "Wieso das? Du hast mir gesagt, du spielst sowieso nicht, also wozu dann mitkommen?", murmele ich beiläufig.

Um Munir zu zitieren: "Das ist das Finale der Klub-WM! Lucho wird sicher nichts riskieren. Deshalb steht das Trio drin. Ganz sicher."

Mein Bruder atmet tief durch und lässt sich neben mir auf die Bettkante sinken, den Kopf in die Hände gestützt.

Und ich erstarre zu einer Salzsäule.

"Nicht wahr! Du spielst doch?", japse ich zugegeben überrascht.

Munir seufzt auf. "Ja, das werde ich wohl..."

"Das ist echt... klasse. Ich freu mich irrsinnig für dich, Brüderchen!", seufze ich ehrlich und schenke Munir eines meiner ersten Lächeln der letzten zwei Tage.

Don't Kill My Vibe // Neymar JRحيث تعيش القصص. اكتشف الآن