29 | Bedienungs-Dinger

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Funken sprühen vor meinen Augen. Ein Flimmern breitet sich aus. Was geschieht mit mir? Ist es so weit? Geht es nun doch vorbei mit mir? Was für eine bescheuerte Frage. Es ist schon lange vorbei. Aus, finito und so weiter. Aber jetzt so endgültig?

Ich kann nicht schon wieder mein vertrautes Terrain verlassen. Hast du das nicht schon?

Ich riskiere einen Blick zurück. Keiner ist mir nachgelaufen gekommen. Die Tür, auch von außen grün, ist zu; sieht nicht mal einladend aus. Nicht mehr für mich; es zieht mich nicht wieder dorthin zurück. Komischerweise.

Mir tut es leid, das wollte ich Myst sagen ... Ich habe ihr Unrecht getan.

Hätte ich das gewusst, hätte ich meine andere Kleidung angezogen. So trage ich nun – neben dem Geschirrtuch über der Schulter – meine olivfarbene Chinohose und nur ein weißes Shirt. Was ist, wenn es dort kalt ist, wo ich landen werde? Na immerhin könnte ich versuchen, dass Geschirrtuch als Schal zu verwenden ...

Ich greife in die Hosentasche und hole dieses verfluchte Ding heraus. Wurde ich wirklich betrogen? Ist meine Zeit hier im Zwischen-Paradies vorbei?

Es gibt nur eine Möglichkeit, dies herauszufinden. Ob ich den Weg dorthin noch finde?

Die Augen schließend besinne ich mich auf meine Erinnerung, auf die Pfade und welcher mich zum Ziel führt ... Als ich wieder aufschaue, laufe ich los.

Dabei umklammere ich das Armband so fest, wie es nur geht, damit ich es auf den letzten Metern nicht noch verliere. Ansonsten fokussiere ich mich auf das Vorwärtskommen, nur teilweise gelangen die weiten gelben Felder zu meinen Seiten durch in mein Blickfeld.

Völlig außer Puste komme ich vor der Halle an. Jetzt, wo ich durch die Glastür hineinspicke, fallen mir all die Ähnlichkeiten zu einer Bahnhofs- oder Flughafenhalle auch auf. War das schon immer so und ich habe es nie – nun ja, bei meinen zwei Besuchen vor Ewigkeiten – wahrgenommen? Oder hat sich echt so viel verändert?

Ich sage – oder denke – nur: Menschenmassen. Heilige Kacke. Aber davon mal abgesehen beziehungsweise ja auch gerade deswegen herrscht dort drinnen ein Stimmengewirr, was bis hier draußen an meine Ohren dringt. Wie können die sich da konzentrieren?

Es nützt nichts, ich muss da jetzt durch, wenn ich wissen will, was Sache ist. Das Armband nach wie vor fest in meinem Handgriff ziehe ich an der Tür. Sie bewegt sich nicht. An meiner Stirn bilden sich schon Schweißtropfen. Das ist alles schwerer als gedacht.

»Drücken. Steht doch da«, grummelt jemand neben mir und demonstriert es überdeutlich, nach dem er mich natürlich auch noch auf das Schild dafür aufmerksam machen musste.

»Danke«, zische ich ihm zu – aber ein freundliches Lächeln setze ich zu meinem sarkastischen Ton auf.

Ich folge ihm ins Innere. Von der Decke hängen mehrere Bildschirme herunter mit lauter Anzeigen. Das sind auf alle Fälle mehr, als ich sie noch kenne. Ich glaube, damals gab es nur zwei und es war um einiges übersichtlicher.

Wie soll ich da meinen Namen finden? Wie findet Krause-Stirn ihren und was ist dann daran so schlimm, dass alles immer öffentlich ist? Na ja ... Okay ... Vielleicht würde ich das auch nicht wollen, doch ... Lenk nicht ab! Aber das hält auf Trab.

»Ist das dein erstes Mal?«

»In so einer Halle wäre es das«, erwidere ich grinsend dem grummeligen Typen von eben. »Glaube ich zumindest.«

Schockiert betrachte ich seine schockierte Reaktion. Hochroter Kopf und eine vor dem Mund geschlagenen Hand. Prüde.

»Terminal. Einchecken«, bringt er gequetscht hervor und wendet sich schnell ab.

O herrje. Zum Glück ist er nie in meine Bar gekommen. Obwohl, vielleicht wäre es ganz gut für ihn gewesen ... Bevor er in der Masse untergeht, verfolge ich ihn. Mit den Augen. Wie das klingt ... Ich meine, um aufzulösen, was er mit Terminal und Einchecken meint. Muss ich mich nun schon vor mir selbst rechtfertigen?!

Erst jetzt werde ich auf die anderen Bedienungs-Dinger aufmerksam. Wie auch immer sie heißen mögen. Wahrscheinlich Terminals. Ja, auch über mich selbst kann ich mich prima lustig machen.

Ich mache es ihm gleich, steuere eins der unzähligen – wie mir jetzt auffällt, sprießen sie ja nur förmlich überall aus dem Boden – Terminals an und bin mal gespannt, was es mir zu sagen hat.

Nichts. Na danke. Oder vielmehr lässt ein herumschwebendes Bild meine Geduld so langsam schwinden. Ich schaue zu meinen Seiten. Die tippen einfach auf den Bildschirm. Alles klar. Es bewegt sich etwas, eigentlich ist es genau das Gegenteil – das schwebende Bild hört endlich auf.

Vier Kästen zur Auswahl poppen auf: Das erste Mal; Wohnbereich; Status; Einchecken/Auschecken

Ich klicke einfach auf das erste. Es tut sich nichts. Dann fällt mir auf, dass die ersten drei grau und nur das letzte grün ist. Einchecken war das, was auch Mister Mega-Grummel gesagt hat. Mein Finger wählt also das aus.

Denk daran, bevor du das Terminal verlässt, wieder auf Auschecken zu klicken. Bestätige, indem du auf OK drückst‹, folgt als Anweisung, der ich nachkomme.

Daraufhin erscheint: ›Halte nun dein Armband – wie auf dem Bild abgebildet – an das Terminal.‹ Alles klar, mit Vergnügen mache ich auch das.

Die Anzeige hüpft wieder – nicht zum schwebenden Bild – zum Start mit dem Display, auf dem die vier Auswahlmöglichkeiten angezeigt werden. Dieses Mal sind alle grün. Auch wenn ich vermutlich weniger Plan habe als die meisten, sollte ich wohl nicht Das erste Mal auswählen – so witzig es auch klingt –, sondern direkt zu Status übergehen. Darum geht es schließlich.

Kreisend bewegt sich mein Finger über die Option. Status. Ich ziehe ihn wieder zurück und atme erst einmal tief durch. Was mich bloß erwarten wird? Fuck! Darf ich dort noch fluchen, wohin ich auch immer kommen werde, wenn ich überhaupt für so weit erklärt wurde? Fuck! Okay, es ist nicht das Wichtigste, aber fuck, manchmal ist es schon nice.

Come on! Du machst das jetzt!

Mit mittlerweile schweißgetränkter Stirn – einige Tropfen fallen vor meinen Augen herab – visiere ich den Button Status an. Beinahe senkrecht lasse ich meinen zittrigen Finger darauf zusteuern. Hoffend, dass er das Ziel nicht verfehlt.

Getroffen! Yeah. ›Status wird geladen‹, wird mir angezeigt. Darunter eine Abbildung eines Balkens, dem ich dabei zuschauen kann, wie weit er schon gekommen ist. Der scheint eine Menge zu laden zu haben. Nur müßig schreitet der Balken voran.

Langsam werde ich noch hibbeliger, weswegen ich meine Schuhe anstarre. Einige Flecken sind da drauf. Doch die sind mir egal. Mir ist es eher unangenehm, wie lange ich brauche. Ich schaue wieder auf den Bildschirm. Weniger als die Hälfte hat er bereits geschafft.

Nachdem ich eine Weile diesem Balken beim Wachsen zugesehen habe, werde ich noch nervöser. Dauert es immer so lange? Mich umschauend bemerke ich, dass an den Terminals zu meinen direkten Seiten nicht mehr die gleichen stehen wie noch zuvor. Die sind alle schon fertig. Ist das was Schlechtes?

Als ich wieder auf das Display schaue, habe ich das Gefühl, dass der Balken eingefroren ist. Es lädt nicht mehr. Ich tippe darauf herum. Nichts passiert. Mist! 

SonderbarNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ