Kapitel 33

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Ich blinzelte verwirrt, spürte wie mein Atem schneller ging und bekam erst gar nicht meine Augen richtig auf. Erneut probierte ich es. Langsam aber sicher klappte es. Hart biss ich mir dabei auf die Unterlippe. Sofort pulsierte Schmerz, aber den ignorierte ich gekonnt. Schaute ich da wirklich an die Decke meines Zimmers bei Henry? Aber da war doch... War ich nicht tot? Wie konnte das sein? Das ging doch überhaupt nicht. Wie komme ich hier her? Ich blinzelte erneut und schluckte Tränen herunter. Sofort kam mir das Geschehene in den Kopf. Es war alles so verdammt schlimm gewesen. Die Qualen, das Vermissen von Edan, der nicht auftauchte und mich allein ließ... und dann...

Oder war das alles doch bloß ein Alptraum gewesen? Leicht schüttelte ich den Kopf und bemerkte den vertrauen Geruch meines Kissens. Ich war in Sicherheit. So viel stand schon einmal fest. Allerdings hatte ich auf der Stelle wieder diese verstörenden Bilder im Kopf. Es war nicht möglich, dass ich mir alles bloß einbildete. Was aber wenn doch? Wäre ich diesem Guhl tatsächlich begegnet, läge ich in einem Krankenhaus und nicht in meinem Bett. Ich lebe doch... oder ist das nur ein Traum?

Nun ließ ich meine Lungen mit einem tiefen Atemzug beleben und irgendwie... Die Decke kam mir heute so anders vor. Sie war... und der Stoff... Er fühlte sich... ziemlich echt an. Ich musterte die Raufasertapete. Dafür dass ich tot sein müsste, sah ich schlagartig verdammt scharf. Ich presste meine Lider kurz zusammen und schaute erneut auf den gleichen Punkt an die Decke, aber es blieb alles wie es war. Nichts änderte sich. Ich war da. Ich existierte. Irgendwie.

Als ich auf meine Arme blickte, sah ich nichts außer makelloser Haut. Erleichtert fiel mir ein Stein vom Herzen. Verdammt. Das war ja ein Alptraum gewesen. Zwar wünschte ich mir manchmal den Tod, aber nicht auf dieser Art und Weise. Ich war sicherlich ins Bett gegangen, weil ich müde war, anstatt hinauszurennen. Genau. Anders war es nicht zu erklären. Oder vielleicht hatte mich Edan irgendwie schlafen lassen. Wenn, dann bekam er ein paar auf die Nuss. Das schwöre ich. Er sollte damit aufhören mich zu beeinflussen. Das wusste er aber auch.

Jeden einzelnen Knochen versuchte ich auszumachen. Gut. Alles befand sich an Ort und Stelle. Seufzend bewegte ich schließlich meinen Kopf in Richtung Tür. Da saß er. Edan. Ich wusste, er spürte, dass ich nicht mehr schlief, aber was trieb er da? Das konnte doch nicht wahr sein. Mir blieb der Mund offen stehen. Er blätterte doch tatsächlich gemütlich in meinem Tagebuch. Das war doch die Höhe. Was bildete er sich überhaupt ein? »Leg das sofort wieder hin«, zischte ich und sprang so schnell auf, dass ich prompt über meine eigenen Beine fiel und das Gleichgewicht verlor.

Ich knallte sofort hart auf den Boden auf, sodass ein Schmerz durch mein Leib zuckte, der aber auch wieder schnell verschwand. Kurz überlegte ich. Etwas war anders. Anders wie sonst. Es machte mir gar nicht so viel aus. Der Schmerz hielt sich in Grenzen. Unvermittelt wollte ich natürlich darüber nachdenken, aber das ging gar nicht, weil ich erneut Edan ins Auge fasste. Außerdem gab es da etwas, was in diesem Moment wichtiger war: Er sollte sofort mein Tagebuch aus der Hand legen. Er zuckte nicht einmal zusammen, sondern blieb sitzen als wäre ich überhaupt nicht anwesend. Augenblicklich dachte ich darüber nach, ob ich nun doch tot war und ein Geist sei. Schwachsinn.

Die Wut, die ich auf einmal in mir hatte fühlte sich real an und machte mich stärker, als ich mich überhaupt fühlte. Ich war zwar einerseits müde, doch irgendwie hätte ich Bäume ausreißen können. Selbst konnte ich es nicht beschreiben. Zumal es tatsächlich schon etwas komisch war. Warum war dieses Gefühl überhaupt so extrem? Es schoss durch jede Ader meines Körpers und nistete sich in jeden Winkel ein.

Schnell rappelte ich mich wieder auf, um dann erneut fast das Gleichgewicht zu verlieren. Verstört lies ich mich prompt in die Hocke sinken und schaute erschrocken um mich. Was war nur plötzlich mit mir los? Vor allem, was hatte ich denn da an? Spitzenunterwäsche? Ich konnte mich nicht daran erinnern... Und dann dieses Oberteil, was aus genauso wenig Stoff und Seide bestand, dass es kaum etwas bedeckte. Es ging nur bis kurz über meinen Bauchnabel und als ich an mir herunterschaute, dachte ich erst tiefe Wunden zu sehen, aber mit meinen Beinen war alles in Ordnung.

Someday I - I looked into your eyesDonde viven las historias. Descúbrelo ahora