Kapitel 11

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Die Hoffnung schlich sich immer mehr in mein Herz und ich glaubte daran, dass ich nicht wieder enttäuscht wurde. Vielleicht schenkte mir diese auch nur den Glauben, um meinen Körper zu schützen. Einfach nur vor Verlangen und weil ich ihn so sehr vermisste, obwohl wir uns kaum kannten. Eigentlich muss ich hier weg. Irgendwie... und das schnell. Aber da war sie, oder doch nicht? Diese Stimme, sie war wieder da. In meinem Kopf. Auf meiner Haut. Sie liebkoste und streichelte mich. Eine Stimme, die es nicht geben konnte, weil sie verdammte Scheiße noch mal nicht existierte. Ich konnte mich nicht herumdrehen, bevor ich wieder merkte, dass ich Wahnvorstellungen bekam und rannte mit erneuten Tränen in den Augen, blind weiter. 

Was sollte ich auch sonst machen? Verpassen würde ich eh nichts, also konnte ich auch schwänzen und obwohl ich das häufiger tat, kam ich immer noch gut davon. Ich holte mir den versäumten Stoff von den Lehrern ab und konnte somit immer alles nachholen, vor allem weil mir das Lernen schon immer ziemlich leicht viel. Normalerweise hätten sie mich schon längst hinausschmeißen müssen, doch vielleicht taten sie es auch nicht, weil sie Mitleid mit mir hatten. Keine Ahnung. In diesem Moment war es mir auch egal. Hauptsache ich kam von diesem Ort weg.

»Ein Danke hätte es auch getan«, rief es und ich blieb doch stehen, weil er plötzlich so nahe hinter mir stand. Schlagartig und ohne groß darüber nachzudenken wirbelte ich herum. Ich erschrak. Das musste eindeutig ein Traum sein. Bestimmt. Ich wurde kalkweiß und taumelte einige Schritte nach hinten. Dieser Mann. Er war es tatsächlich. Diese perfekten Gesichtszüge und das lange Haar, sowie die enorme Größe schienen mich blind zu machen. Er war einfach nur ein Engel. Mein Engel. Ein Vampir. Der Gedanke daran schien mich wieder komplett zu verwirren. Das war doch totaler Schwachsinn. Ein riesiger Müll, den ich da dachte. Es gab keine beschissenen Vampire. Das war nicht real. Doch ich wusste, was ich alles erlebte. Ich war mir sicher, dass er kein normaler Mann sein konnte. »Was machst du hier?«, fragte ich verzweifelt, weil ich immer noch dachte, dass es nur ein Traum sei, doch er stand vor mir und wäre ich einen Schritt nach vorn gegangen, hätte ich ihn berühren können.

Wie er sich wohl anfühlt? Genauso wie sonst? »Kennen wir uns?«, fragte er mich allerdings prompt. Aber ich war mir tausend Prozent sicher, dass er es war. Was sollte das? Wollte er mich für dumm verkaufen? Als wenn wir beide uns nicht kannten... Zugleich huschte ein komisches Gefühl durch meinen Körper. Es war nicht zu beschreiben. Ich wusste nur eines: Edan lügt. Geschockt riss ich dennoch die Lider verblüfft nach oben. Ich erinnerte mich ganz genau an diesen Mann. Niemand sah so perfekt aus wie er und außerdem war er mir mehr als nur einmal ziemlich nahe gekommen. Er verarschte mich eindeutig. »Natürlich!«, sprach ich bestimmend und mit klarer Stimme. Ich ließ mir da auch nichts anderes einreden. Nicht mit mir. Oder schämte er sich nun für mich, weil er das mit den Jungs aus der Ferne mitbekam?

»Das denke ich aber nicht« und dieser Mann, den ich glaubte ein bisschen zu kennen, musterte mich von oben bis unten. Konnte es tatsächlich sein, dass er leugnete mich zu kennen? Jetzt auf einmal? Weshalb machte er das? Wie konnte er bloß... »Jetzt bin ich dir wohl zu peinlich oder wie? Du bist ein Arsch!«, pampte ich unvermittelt, drehte mich angesäuert herum und verließ hektisch das Schulgelände. Das konnte doch wohl alles nicht wahr sein. Ich träumte doch nicht. Erst tauchte er auf, verschwand wieder wie aus heiterem Himmel und nun stand er da und stritt ab, dass wir uns jemals begegneten? Was war das alles für ein verfluchter Müll? Wo war ich nur gelandet? Erst das mit diesen Typen, die mich ständig schikanierten und nun das? Dabei wäre er für mich ein kleiner Lichtblick gewesen.

Zugleich kniff ich mir in den Unterarm und hoffte aus diesem dummen Traum zu erwachen, doch es passierte nichts. Rein gar nichts. Das konnte echt nicht wahr sein. Es dauerte auch nur ein paar Minuten, da fing ich schon wieder zu weinen an. Darüber, dass ich nicht ganz klar im Kopf war und alles so verwirrt zu sein schien. Über das, was ich sowieso noch nie besaß. Ich weinte über Henry, weil ich wusste, dass er ebenso jeden Tag einsam durchlebte und auch über meine Mutter, weil sie sich so veränderte... Über die ganzen Vollpfosten, die mir jeden Tag über den Weg liefen und über Edan, dass er mir nie gehören würde. 

Someday I - I looked into your eyesWhere stories live. Discover now