Kapitel 7

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Ich trank weder Alkohol, noch nahm ich irgendwelche Drogen zu mir. Na ja, bei den Drogen war ich mir nicht ganz so sicher, wenn man an Edan dachte. Er kam mir vor wie meine ganz Persönliche. So viele Gedanken kreisten nur um diesen einen Tag, der wahr war oder nicht. Ich selbst wusste es nicht. Was war denn nur geschehen? War ich schon so einsam, dass ich mir einen imaginären Freund ausdachte? Vielleicht hatte mich dieser Mann gar nicht unter dem Baum gefunden und ich war tatsächlich schlaftrunken wieder nach Hause gelaufen.

Ich lachte laut auf und seufzte: »Vampire! Vampire! Die gibt es doch nur im Fernsehen« und kicherte wie eine Verhaltensgestörte. So etwas war niemals passiert. Möglicherweise verlor ich den Verstand und dieser fremde Typ war lediglich eine Einbildung in meinem Kopf. Einen Menschen, dem ich gefiel und der mich genau so wollte wie ich ihn und nur durch diese Fantasie entstand, aber ich war bei Henry gewesen. Das bildete ich mir definitiv nicht ein, also musste es diesen Kerl geben. Vielleicht war ich wirklich allein nach Hause gegangen und bemerkte nicht mehr, wie ich in mein Bett fiel. Komisch. Echt eigenartig. Ich musste mir überlegen, was ich nun machen sollte, musste aber auf jeden Fall herausfinden, ob es Edan gab oder nicht!

Als mein Wecker schließlich klingelte stand ich gerädert auf. Trotz der komischen Erinnerungen an diesen Mann, war ich tatsächlich noch einmal in einen kurzen traumlosen Schlaf gefallen und das war eindeutig viel zu wenig. Ich versuchte mich zu strecken, aber mir taten die kompletten Knochen weh. Mein Schädel war am Zerspringen. Müde rieb mir die Schläfen. Das brachte aber auch nichts. Aus diesem Grund suchte ich mir aus meinem Nachtschrank ein paar Kopfschmerztabletten und warf mir diese murrend ein. Ich fühlte mich, als hätte ich die komplette Nacht durchgemacht und noch immer kreisten meine Gedanken nur um diesen einen Tag. Zumindest um die paar wenigen Stunden. Immer und immer wieder. Ich wurde fast verrückt und dann noch mein Schädel.

»Das kann doch einfach nicht wahr sein!«, ranzte ich genervt und ballte meine Hände zu Fäuste. Dieser Edan, der mich komplett aus der Bahn warf, wollte sich nicht mehr aus meinem Kopf scheren. Am liebsten hätte ich laut geschrien, gebrüllt, geheult. Alles auf einmal. Ich hatte keinen Plan was plötzlich mit mir los war, aber irgendwie waren meine Empfindungen extremer wie sonst.

Kurzerhand holte ich mein Tagebuch heraus. Das braune Leder war schon abgenutzt, doch es war wunderschön. Es war mir heilig und nicht das Erste, was ich besaß. Genügend von dieser Sorte lagen tief in meinem Kleiderschrank vergraben. Diese befanden sich in Schuhkartons. Es waren meine einzigen Freunde die ich besaß. Echt traurig. Aber mittlerweile hatte ich mich schon daran gewöhnt. Bisher fand sie auch meine Mutter nicht. Das war gut so. Sie musste nicht wissen, wie es in mir aussah. Hinzukommend scherte sie sich sowieso nicht darum.

Schnell setzte ich mich an meinen Schreibtisch, der schon fast auseinanderfiel und zog einen Stift heraus. Ich musste mich beeilen, weil ich nicht viel Zeit hatte. Bald ging mein Alptraum weiter und da sprach ich nicht von den Gedanken an diesen fremden Typen, sondern an die alltägliche Scheiße von Montag bis Freitag mit dem Namen »Schule«. Wer hasste sie nicht? Doch es lag nicht, wie bei den meisten jungen Leuten am Unterricht, sondern an den Pausen, die mir Angst einjagten.

Eilig glitt die Feder auf das leicht vergilbte Papier, nachdem ich kurz aus dem Fenster starrte und diesen Gedanken abschüttelte. Jede Einzelheit schrieb ich von dem Unbekannten hinein. Bis hin zu seinem wunderbaren Körper und der Duft, den ich noch immer in meiner Nase regelrecht fühlte. Schließlich schrieb ich fett dahinter: Traum oder Wirklichkeit? Zugleich nahm ich mir einen Bleistift. Er schwebte von ganz allein über das Papier. Jede Linie saß perfekt, jeder einzelne Schatten steckte voller Geheimnisse und jeder Strich war an seinem gehörigen Platz.

Schließlich bewunderte ich mein Meisterwerk, als es vollendet war, was Edan mehr als nur ähnelte. Das war vielleicht die einzige Stärke in meinem Leben die ich besaß, was mir keiner nehmen konnte. Das Zeichnen. Ich malte ihn von der Seite und wie seine langen dunklen Haare sanft über seine Schulter glitten. Der Zopf, den er trug, der löste sich fast und lauter Strähnen fielen anbei heraus. Sein Blick war verschwommen und voller Begierde. So wie er mich ansah, bevor er mich biss oder was auch immer das es gewesen war. Es traf ihn perfekt. Es wirkte sogar fast lebendig.

Someday I - I looked into your eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt