Kapitel 35

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Ich stöhnte auf, nur bei dem Gedanken daran meine Fänge in Edans Fleisch zu bohren und biss mir aus Versehen selbst in die Unterlippe, sodass es blutete. Jedoch interessierte mich das in diesem Moment reichlich wenig. Da war plötzlich bloß noch dieser Mann vor mir. Meinte er das tatsächlich ernst? So wie es aussah schon. Meine Eckzähne verlängerten sich blitzartig so stark, dass ich mir unwillkürlich die Hände vor den Mund hielt. Einfach nur, weil es unnatürlich war, aber ich würde mich daran gewöhnen müssen. Das war klar. Dafür hatte ich ja nun genügen Zeit. »Aber ich dachte... ich muss... einen Menschen beißen!«

Edan schaute mich lächelnd von oben herab an. »Wir können von Menschen und Vampiren trinken. Nur das Blut eines Vampirs ist jedoch stärker und hält länger an wie menschliches. Je älter der Vampir ist, umso besser für den anderen. Es ist nicht so, wie du immer geglaubt hast. Also brauchst du an so etwas gar nicht denken, solang du mich hast.« Es war komisch. Das ging mir nie durch den Kopf. Eigentlich war das überhaupt nicht von Belang. Als mich Edan biss, nahm ich es hin. »Warum hast du die ganze Zeit dann von mir getrunken?«

Vielleicht musste er es aus diesem Grund so oft tun, weil mein Blut nicht so war, wie bei solch einem Wesen? Zu schwach. Aber was war es denn dann? Warum gerade ich? Edan grinste hingegen: »Glaubst du ich kann zu einem anderen Vampir gehen und einfach von ihm trinken? Die meisten haben jemanden von dem sie sich nähren. Würde ich so etwas auch nur im Entferntesten in Erwägung ziehen, würde ich auf der Stelle getötet werden. Außerdem war der Wunsch dich zu schmecken so extrem, dass ich nicht von dir lassen konnte... Würdest du dich denn von jemandem einfach beißen lassen?« Was war das für eine Frage?

»Ja!«, antwortete ich schließlich ohne nachzudenken, doch schlagartig veränderten sich Edans Gesichtszüge und wurden steinhart. Ich spürte wie er anfing zu beben und ziemlich wütend wurde. »Niemals. Hast du das verstanden? Das darfst du niemals zulassen. Lasse dich von keinem um den Finger wickeln, denn derjenige kann dich dann aufspüren und das ist nicht gut. Hast du mich verstanden? Es gibt gefährliche Vampire unter uns, die nicht so einfach von einem ablassen. Das ist viel zu gefährlich. Außerdem würde ich das niemals zulassen. Du bist mein!« Er zischte die letzten Worte, lief aus meinem Zimmer und ließ mich verdutzt zurück. »Bin gleich wieder da!«, rief er noch, dann war er auch schon verschwunden. Verwirrt ließ ich mich im Anschluss auf mein Bett fallen und seufzte leise. Ich meinte doch ihn damit.

Kurze Zeit später kam unverhofft Henry um die Ecke. Er brauchte gar nicht anzuklopfen. Ich roch ihn und konnte ihn auch an seinen Schritten erkennen. Außerdem klang Edan anders und meine Mutter hing immer noch besoffen in der Ecke. Sie ahnte gar nicht, was sie durch ihre Sauferei alles verpasste. Was mich nur wunderte, dass ich gar kein Gefühl verspürte den alten Mann auszusaugen. »Wie geht es dir, Larissa?«, wollte er sichtlich neugierig wissen und setzte sich neben mich. »Na ja, ich kann noch nicht viel dazu sagen. Außer, dass ich jetzt wie er bin. Wie kam es überhaupt dazu, dass du ihn nicht davon abgehalten hast mich zu verwandelt? Du warst die ganze Zeit dagegen.«

Nervös rutschte ich auf meinem Hintern hin und her, wobei mein Magen lautstark zu knurren begann. Auch das noch. Henrys Blick wanderte zum Fenster. Er schaute in die Ferne und antwortete: »Ich habe es in seinem Blick gesehen. Du musst wissen ich kenne Edan Artus Carney Silver fast mein ganzes Leben lang. Schon als ich ein kleines Kind war, bin ich ihm über den Weg gelaufen. Er ist ein guter Kerl, obwohl etwas gegen die Natur... wie du jetzt ebenso. Wie sollte ich ihn auch davon abhalten? Er hätte mich eher umgebracht, als dich sterben zu lassen.« Kurz begann er zu lachen, wobei sein Gesicht noch mehr Falten, wie schon so, bekam.

»Du wirst dich mit diesem Leben arrangieren und irgendwann wirst du hier weggehen. Aus dem einfachen Grund, weil es auffallen würde, dass ihr nicht altert. Vielleicht werden wir uns ja wiedersehen... und das mit deiner Mutter, bekommen wir schon irgendwie hin!« Prompt stand auch schon wieder Edan im Zimmer. In der Hand trug er ein Tablett voller Essen. Henry hingegen nickte ihm kurz zu und verschwand schließlich still und heimlich. Bevor ich mir jedoch etwas in den Mund stopfen konnte, kam der Mann, der mir unendlich viel bedeutete, auf mich zu und flüsterte: »Mir geht das nicht mehr aus dem Kopf, was du gesagt hast. Das mit dem Trinken, Lara.«

Someday I - I looked into your eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt