Kapitel 23

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Gedanken kreisten durch mein Hirn. Ich fühlte mich wohl. Wo war ich? In meinem Bett? Ich bin so verdammt müde. Schlaf. Ich brauche Schlaf. Unendlich viel Schlaf. Ich wollte am liebsten gar nicht mehr aufwachen. Allerdings rüttelte da etwas an mir herum. Was ist das? Was soll das? Kann man mich nicht in Ruhe lassen? Plötzlich ratterte mein Hirn. Es begann zu arbeiten. Auf der Stelle schossen mir Bilderfetzen in den Kopf. Das Haus in dem ich aufwuchs war präsent und Blut. Überall Blut... Sag mir, dass das alles bloß ein Traum ist. Bitte.

Erneut ein Rütteln an meiner Schulter. »Larissa? Larissa?« Prompt schob ich mir die Decke über mein Gesicht. Ich wollte niemanden sehen. Schon gerade nicht sie. Es war sowieso komisch, dass meine Mutter mich ansprach. Eigentlich kümmerte sie sich eher um sich selbst. Aber was wollte sie überhaupt hier? Wo war ich verdammt noch mal? Ungeachtet dessen konnte ich nicht. Panik versuchte mich schon wieder einzuholen. Peter. Er war tot. Das war er doch, oder? »Larissa?«, fragte sie erneut und versuchte mich zum wiederholten Male an der Schulter zu berühren, aber ich legte mich etwas weiter zur Bettkante, damit ich ihr irgendwie entfliehen konnte und zog die Decke soweit über meinen Kopf, dass ihre Stimme entfernter klang.

Leider war sie somit nicht komplett weg. »Larissa!« Das Organ meiner Mutter... und das zum xten Mal, wurde nun noch lauter. Sie klang zwar nicht wie sonst und auch eher nüchtern, aber ich konnte sie trotz dessen nicht ertragen. »Ich bin ja so froh, dass dir nichts passiert ist«, hörte ich sie noch und fuhr erschrocken nach oben. Nein. Das alles war tatsächlich passiert. Dabei wollte ich, dass es nur ein schrecklicher Traum blieb.

Als ich mich endlich umschaute, erblickte ich violette Wände und wusste, dass ich in Edans Zimmer lag. Meine Mutter war wirklich da und sie beugte ihren Schopf besorgt über mich. Das erste Mal seit einer Ewigkeit sah ich, dass sie sich um mich sorgte und sie stank nicht nach Alkohol, aber ich wusste, dass es nicht lange andauerte. Spätestens in ein paar Stunden griff sie zur Flasche. Vielleicht sollte ich das auch probieren, damit ich diese Bilder wieder aus meinem Schädel bekomme. Irgendwo ein schönes Gefühl, dass sie so lieb klang, doch auch ein eigenartiges, weil ich es nicht gewohnt war. Ich traute dem Frieden nicht.

Die Gedanken über meine Mutter wurden allerdings wieder viel zu schnell von den Erinnerungen vertrieben, die sich in unserem Haus abspielten. Wie sollten wir dort hin wieder zurück? Was war überhaupt genau passiert? Ich konnte dort keinen Fuß mehr hinsetzten, geschweige denn schlafen. Wie auch, bei dem Anblick, den es mir bot. Wo war Edan überhaupt? Sollte er nicht bei mir sein? Das war mehr enttäuschend, als mir überhaupt lieb war. Ich wusste nicht einmal, was das zwischen uns eigentlich war. Zwar hatte er von mir getrunken, aber was die Sache mit uns beiden betraf, kam noch nicht ein Gespräch zustande. Vielleicht drückte er sich auch davor, was ich schließlich annahm, sonst wäre er an meiner Seite gewesen.

Ich wollte, dass er mich in den Arm nahm und nicht irgendwo durch die Weltgeschichte rannte. Womöglich suchte er aber das Geschöpf, was Peter so in Stücke riss. Was wenn doch? Edan war zwar ein Vampir, aber ich wollte auch nicht, dass er mutterseelenallein unterwegs durch die Gegend streifte. Man wusste doch nie. Es konnte ihm ebenfalls etwas passieren, auch wenn er stark war. Allerdings machte man sich halt nun mal Sorgen. Am liebsten hätte ich meiner Mutter mein Herz ausgeschüttet, aber das ging ja gleich gar nicht. Womöglich sollte ich mit Henry darüber reden. Er wusste definitiv Einiges über ihn und was da vor sich ging.

»Wie geht es dir?«, fragte ich sie und entriss mich somit aus meinen Gedanken, aber Tanja stand lediglich auf und ging zu dem entfernten dunkelbraunen Tisch der am Fenster stand, nahm einen Teller mit belegten Broten und kam wieder zu mir angelaufen. Verblüfft starrte ich sie an. Sollte ich jetzt essen? Auch wenn sie sich momentan wie eine Mutter verhielt, war es nicht der passende Zeitpunkt. Mir wurde nämlich schon wieder schlecht. Außerdem hatte ich mir vor nicht allzu langer Zeit die Seele aus dem Leibe gekotzt und dann fiel mir erneut ein weswegen. Die Bilder. So grausam. Das viele Blut. Überall rot.

Someday I - I looked into your eyesWhere stories live. Discover now