Kapitel 14

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Wo sollte ich denn nun hin? Zurück? Niemals. Erstens war da noch meine Mutter. Sie war froh, wenn sie mich aus dem Haus hatte. Des Öfteren schmiss sie mich regelrecht nach draußen. Dann wollte sie mit irgendeinem Stecher ihre Ruhe. Nun war es Peter. Dort war ich nicht willkommen und sie ließ mich auch nicht in mein Zimmer. Hinzukommend war da noch die Dunkelheit. Es dämmerte zwar schon, aber nachdem was ich erlebte, wollte ich nicht gleich wieder diesen sonst vertrauten Weg entlang laufen. Auf keinen Fall. Das musste auch Henry akzeptieren, dass ich nicht von seinem Grundstück verschwand. Leider war er plötzlich anders wie sonst. Er war irgendwie... komisch.

Es gab keinen Moment wo er mich ablehnte oder gar nach Hause schickte, aber nun wollte er mich von der Pelle haben. Sicherlich nicht grundlos. Hatte das etwas mit Edan zu tun? Ich konnte normalerweise weiter ins Dorf laufen, aber was erwartete mich da? Um die Zeit leere Straßen, denn alle Bürgersteige waren schon abends um achtzehn Uhr hochgeklappt. Außerdem war da noch dieses Etwas, was da in irgendwelchen Büschen lauerte. Vielleicht war es mir unbemerkt gefolgt und wartete bloß darauf mich zu töten?

Unwillkürlich drehte ich mich um und sah die Umrisse in der Finsternis etwas besser. Es war an der Zeit, dass es hell wurde. Zum Glück. Denn ich glaubte nicht daran, dieses Ungeheuer am Tag noch einmal zu sehen. Trotzdem erschauderte ich, weil es noch nicht so weit war. Hinzukommend befand sich in der Nähe nicht viel. Wo sollte ich sonst hin? »Larissa!«, gab Henry unverhofft scharf zurück. Ich schüttelte zugleich mit dem Kopf. Ich werde da bleiben. Da konnte er machen was er wollte. Mein Zittern wurde stärker, denn die Angst kroch mir wieder in die Knochen. Aber nicht nur das. Es war auch verdammt frisch hier draußen. »Du brauchst keine Angst zu haben. Es wird dir nichts passieren«, gab Henry eine Spur sanfter zurück, so als wusste er, dass jemand auf mich aufpasste, aber das tat niemand, denn sonst wäre einer gekommen. Er zum Beispiel, zu dem ich wollte.

Dieser Vampir, der meinen Verstand benebelte und der mich zu einem Menschen machte, der an Dinge anfing zu glauben, die vollkommen bekloppt zu sein schienen. Aber ich konnte mich nicht abwimmeln lassen. Immer noch musste ich zu Edan. Mit ihm reden. Ihn an meiner Seite haben. Dann ging vielleicht die Angst weg. Doch. Sie würde es. Das wusste ich. Es klang zwar bescheuert und dumm, aber bei ihm fühlte ich mich sicherer, als sonst wo auf der Welt, obwohl ich nichts von ihm wusste und er sicherlich nicht mal ein Mensch war. Noch immer war das nicht zu glauben. Nichtsdestotrotz war es nun einmal an dem. Man musste bloß meinen Hals anschauen. Die zwei Einstiche waren zwar schon fast verschwunden, aber noch zu erkennen.

»Ich muss zu ihm. Bitte!«, fing ich nun zu betteln an. Irgendwie musste Henry überzeugt werden. »Er ist nicht hier!« Das war ein Schlag ins Gesicht. »Du lügst mich an!«, knurrte ich sauer. Er war da. Ich konnte seine Anwesenheit förmlich spüren. Ich wusste nicht wieso, aber es war so und außerdem schwindelte Henry wirklich in diesem Moment. Das sah ich nämlich an seiner Mimik und das tat er eigentlich nicht. Noch nie war er so ernst, wie in diesem Augenblick. »Ich weiß, dass er da ist«, sprach ich und zerschnitt die aufkeimende Stille um uns herum, weil niemand von uns eine Zeit lang etwas sagte. Was sollte dieser Mist? Henry wusste mehr wie ich. Da war ich mir vollkommen sicher.

»Larissa! Tu mir bitte den Gefallen und gehe nach Hause. Es ist viel zu früh. Wir werden später reden. Ich kann dich auch wieder zurückfahren, falls du Angst hast allein den Heimweg anzutreten.« Wieso war er auf einmal so förmlich? Das Angebot war natürlich fast unausschlagbar. Somit musste ich nicht laufen und wäre sicherer als zu Fuß, aber da war noch immer Edan zu dem ich musste. Deswegen war ich schließlich auch gekommen, also konnte ich nicht einfach wieder gehen. Wenigstens bis ich diesen geheimnisvollen wunderbaren Mann wiedersah. Er musste mir Rede und Antwort stehen. Klar hatte ich ihn von mir gestoßen und es war auch richtig in diesem Moment gewesen, doch wenn ich darüber nachdachte, brachte mich das auch nicht weiter. Ich musste wissen woran ich war und was Edan da mit mir gemacht hatte.

Someday I - I looked into your eyesWhere stories live. Discover now