Kapitel 19

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Enttäuscht blinzelte ich. Er hatte mich genauso geküsst und fast mit mir... das macht man doch nicht, wenn man nicht etwas empfindet, oder? So war es nun einmal, auch wenn ich den Tatsachen doch irgendwie nicht richtig in die Augen blickte, wusste ich irgendwo, dass er ein anderes Wesen, wie ich war. Jedoch hatte er auch keinen Abstand zu mir gesucht, sondern die Nähe. In manchen Büchern funktionierte das doch auch, aber am liebsten hätte ich gebrüllt, weil das alles so bescheuert klang und immer noch unwirklich war, als wäre ich in einem Traum gefangen, der mich nie wieder losließ. Wenn ich Edan tatsächlich etwas bedeutete, konnte er mich auch nehmen wie ich war.

»Du warst doch auch einmal ein Mensch, oder? Also weißt du auch, wie es ist. Mir ist nicht wichtig was du bist«, murmelte ich. »Natürlich erinnere ich mich an die Zeit, als ich noch kein Vampir war und deswegen weiß ich, dass es dauerhaft nicht halten wird.« Ich überlegte nicht, als ich ihm antwortete. »Dann mache mich doch so wie du bist«, sprach ich leicht lächelnd, ohne nachzudenken. »Ich haben nichts zu verlieren. Es würde mich niemand vermissen, wenn wir zusammen weggehen würden!« Es war Tatsache. Und warum eigentlich nicht? Das Leben, was er führte, war sicherlich besser wie meines. »Das kann ich nicht einfach so«, gab Edan verblüfft zurück, weil er nicht annahm, dass ich so etwas von mir gab. »Gibt es denn da ein Problem? Ich dachte, dass du mich nur beißen musst. Also nicht so, wie sonst. Anders halt.«

»Ich müsste dich fast leer trinken und dir dann mein Blut geben«, erklärte er mir ruhig. Na, wenn das alles ist! »Das wird doch wohl kein Problem sein, oder?«, fragte ich leichthin. »Verstehst du nicht, was das bedeutet? Ich wäre so etwas wie dein Erschaffer und für dich verantwortlich. Wenn du Aufsehen erregen würdest, würden die anderen mich jagen. Ich müsste für dich sorgen. Für dich bürgen. Müsste dir alles zeigen, wie man als Vampir überleben kann. Das geht nicht von heute auf morgen. Das ist nicht so einfach, wie du dir das alles vorstellst. Wir sind hier nicht im Film.«

Edan lief zu meinem Fenster und schaute gedankenverlorenen hinaus. Sein Blick sah ernst aus, doch dann verkrampfte er seine Finger und bekam wieder einen Gesichtsausdruck, der mich traurig werden ließ und enttäuschte. Wie konnte ich nur glauben, dass ich ihm so viel wert war und er mich zu einem von ihnen machte? Wir kannten uns ja eigentlich auch gar nicht wirklich. »Ich glaube eher, dass du Angst hast, dass ich dir auf den Sack gehen werde, oder? Denn bei dem, was ich dir gesagt habe, was ich fühle, habe ich nicht daran gedacht, dass es dir anders gehen könnte. Ich bin so dumm« und ich stiefelte sauer zu meinem Bett. »Weinst du wieder?«, fragte mich Edan leise, aber ich gab ihm keine Antwort, sondern zog die Decke weit über meinen Kopf. Ich wollte dass es aufhörte. Mein Herz sollte sich nicht so schwer anfühlen. Natürlich ging das alles nicht spurlos an mir vorbei. Ganz im Gegenteil.

Binnen weniger Sekunden gab mein Bett unter mir nach und ich spürte, wie Edan mit seiner Hand unter die Decke griff und meinen Rücken streichelte. Sanft und warm genoss ich seine Berührungen für einen Moment, aber leider wusste ich auch, dass es nicht von Dauer war, denn mir war zuvor nicht klar gewesen, was ich für ihn war. Ein Spielzeug? Ein Menschlein, was nur einen Wimpernschlag lebte? Es war alles verdammt verwirrend. So hatte ich mir meine erste Liebelei auf keinen Fall vorgestellt. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und denken, dass wenn ich mich in jemanden verliebte, er dasselbe empfand? Vampir hin oder her. Schon der Gedanke daran war lächerlich. Was würde wohl mein toter Vater davon halten, wenn ich ihm erzählte, dass ich einen Mann mochte, der gar kein Mensch war? Er würde sich wahrscheinlich im Grabe herumdrehen und einen Lachanfall bekommen, weil er meinte ich sei gestört, aber es war nun einmal Tatsache und es ließ sich nicht ändern.

»Larissa...«, sprach Edan in die Dunkelheit und kam auf die andere Seite des Bettes gekrabbelt, doch ich drehte mich nur herum und versteckte meinen Kopf weiter, damit er nicht sah, wie mich das alles fertig machte, aber er ließ sich nicht beirren und zog die Decke komplett von mir herunter. Sie landete im hohen Bogen in der Ecke meines Zimmers. »Verschwinde!«, murrte ich und schob die Hände vor mein Gesicht. Ich wusste, dass er mehr als nur stark war und das ließ er mich in diesem Augenblick auch spüren.

Someday I - I looked into your eyesWhere stories live. Discover now