Frühstück

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Ich schlug verschlafen die Augen auf.

Das Festessen am Vortag war köstlich gewesen und am Abend war ich sofort eingeschlafen. Munter schlug ich meine Decke zurück und fing an, mich umzuziehen. Nach und nach wachten auch meine Freundinnen auf, nur Marlene schlief wie immer einfach weiter.

Seufzend sah ich auf die Uhr.

„Leni, es ist gleich um 8:00 Uhr! Willst du tatsächlich das Frühstück verpassen?", fragte ich sie. Sie murmelte etwas Unverständliches und drehte sich einfach auf die andere Seite.

Mary grinste breit, dann sagte sie scheinheilig: „Tja, Sirius steht bestimmt total auf Mädchen in Pyjamas mit ungewaschenen Gesichtern und Mundgeruch!"

Sofort war Marlene hellwach und fing hektisch an, frische Unterwäsche aus ihrem Schrank heraus zu zerren.

„Du spinnst ja total!", stellte ich fest, „So einen Aufstand würde ich nie für einen Jungen machen!" „Auf dich steht ja auch keiner, Lille!", zog Marlene mich spielerisch auf. Ich tat so, als sei ich empört und fing an, sie mit meinen Kissen abzuwerfen und kurz darauf waren wir alle in eine wilde Kissenschlacht verwickelt.

„Okay", meinte Alice irgendwann atemlos, „Wir sollten jetzt hinuntergehen, wenn wir noch etwas zu Essen abbekommen wollen!" Zusammen mit Marlene, Alice und Mary ging ich in die Große Halle.

Schnell schlang ich einen Pfannkuchen mit Apfelmus hinunter und trank ein paar Schlucke Kürbissaft, als Potter mich plötzlich von der Seite anstieß.

„Was gibt's?", fragte ich bemüht unwirsch, wobei mir blöderweise ein paar Krümel Pfannkuchen aus dem Mund fielen. James Mundwinkel zuckten, doch er sagte nichts. Als ich meinen Bissen mit hochroten Kopf aufgegessen hatte, beugte er sich grinsend zu mir vor, bis unsere Nasenspitzen sich fast berührten: „Trägt man das Haar jetzt so ungezogen unordentlich oder hast du heute Morgen einfach nur vergessen, es zu kämmen?", fragte er spöttisch.

Ich wagte kaum zu atmen und konnte meine Augen kaum von ihm abwenden.

Ein arrogantes Lächeln erschien auf seinem Gesicht und ich wurde plötzlich unglaublich wütend. Was bildete sich der Kerl eigentlich ein? Ich rückte angewidert von ihm ab und durchbohrte ihn mit meinem bösesten Blick.

„Das sagt ja der Richtige!", giftete ich ihn an.

Abrupt stand ich vom Gryffindortisch auf und rannte beinahe aus der Großen Halle. Draußen lehnte ich mich zitternd gegen eine Wand.

Verdammt, was war denn los mit mir?

Ich konnte James Potter nicht leiden, das stand für mich fest. Er war arrogant und bildete sich extrem viel auf sein Talent als Sucher beim Quidditch ein. Außerdem verhexte er jeden, den er nicht leiden konnte, Severus eingeschlossen. Er war unausstehlich!

Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass er eine starke Anziehungskraft auf mich ausübte und ich mich zu ihm hingezogen fühlte. Aber das war doch komplett bescheuert. Das passte nicht zu mir!

Ich holte zitternd Luft und fasste einen Entschluss: Ich würde nicht zulassen, dass er mich weiter so aus dem Konzept brachte! Ich war keins dieser dummen Mädchen, das auf seine Tricks hereinfallen würde! Ich sah auf meinen Stundenplan: Gleich hatten wir eine Doppelstunde Verwandlung mit den Slytherins. Dann würde ich Severus sehen. Ich wusste nicht ganz, ob das ein Grund zum Freuen war, schließlich hatte er sich gestern im Zug echt unhöflich gegenüber mir verhalten.

Ich beschloss, nicht auf meine Freundinnen zu warten und stattdessen gleich zum Unterrichtsraum zu gehen. Sobald Professor McGonagall die Tür geöffnet hatte, setzte ich mich an meinen üblichen Platz am Fenster. Ich war eigentlich ganz gut in Verwandlung, es gehörte zu meinen Lieblingsfächern.

Bis die anderen Schüler nach und nach eintrudelten, sah ich verträumt aus dem Fenster und kritzelte gedankenverloren irgendwelche Zeichnungen auf meinen Hefter. Als meine Freundinnen den Raum betraten, legte ich mein Zeug schnell weg.

Mary kam mit besorgtem Gesichtsausdruck auf mich zu: „Wo hast du gesteckt?"

Ich murmelte irgendetwas von ich hätte nur frische Luft schnappen wollen, doch meine beste Freundin sah nicht ganz überzeugt aus.

Zu meinem Glück fing Professor McGonagall sofort mit dem Unterricht an und redete mit uns über die ZAG-Prüfungen, die dieses Schuljahr stattfinden würden. James und Sirius alberten einen Großteil der Zeit herum, sehr zur Missbilligung von unserer Hauslehrerin. Man musste aber zugeben, dass die beiden ziemlich begabt in Verwandlung waren.

Ich schnaubte leise. Die Herren hatten mal wieder nur keine Lust, leise zu sein und einfach mal zu zuhören! Verzweifelt versuchte ich, nicht zu oft zu ihnen rüber zu sehen. Während McGonagall die beiden Rumtreiber zurechtwies, tippte Marlene mich an: „Sieh mal, Schniefelus starrt dich schon seit Unterrichtsbeginn an!", flüsterte sie. „Nenn' ihn nicht so!", wisperte ich halbherzig zurück. Sie würde sowieso nicht damit aufhören. Nicht solange, wie Sirius und die anderen es taten.

Doch Marlene hatte Recht: Severus ließ mich nicht aus den Augen, aber ich war immer noch sauer auf ihn. Deshalb mied ich seinen Blick und am Ende der Stunde eilte ich schnell aus dem Raum, bevor er mich ansprechen konnte.

Ich hatte momentan keine Lust auf ein weiteres Gespräch mit ihm.


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