Allein

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„Spinnst du?", brüllte er. „Was machst du denn da? Du kannst uns doch nicht einfach nachlaufen, das war mordsgefährlich!"

Ich verschränkte trotzig die Arme. „Ich bin euch nicht nachgelaufen!", widersprach ich leise. „Doch, bist du!", rief James zornig aus und trat vor Wut in den Sand.

Das erinnerte mich wieder an den Hirsch und es platzte aus mir heraus: „Du bist ein Animagus!"

Obwohl ich total entsetzt und verwirrt war, konnte ich nicht verhindern, das meine Stimme bewundernd klang. Es war unglaublich schwierig, ein Animagus zu werden und ohne Hilfe war es beinahe unmöglich. Und dann auch noch als Schüler!

James sah mich mit unergründlicher Miene an. „Ja", meinte er schließlich. „Das ist illegal!", bemerkte ich. „Dann geh doch Petzen! Los, renn' doch zu Professor McGonagall, wie du es immer machst!", sagte James herausfordernd.

Das war echt mies von ihm, doch ich schluckte nur und versuchte, die Tränen vor ihm zurückzuhalten. Ich würde jetzt garantiert nicht vor James Potter anfangen zu heulen!

Ich blieb stehen und sah ihm fest in die Augen. „Was habt ihr da gemacht? Das war die Heulende Hütte, richtig? Sind Sirius, Remus und Peter auch Animagi?", wollte ich kühn wissen und war sehr darauf bedacht, nicht allzu neugierig zu klingen.

Sein Blick wurde hart und er sah mich abweisend an: „Das geht dich überhaupt nichts an, Evans!" Ich holte tief Luft. „Na schön! Es kümmert mich auch nicht, was du und deine Rumtreiber-Freunde in eurer Freizeit macht!".

Damit war das Gespräch für mich beendet und ich ging schleunigst zurück zum Schloss. Nach Weinen war mir nun überhaupt nicht mehr zumute, viel lieber wollte ich schreien und wild um mich treten. Ich ärgerte mich über mich selbst und wünschte mir, James wäre wieder so wie vorher zu mir: schleimig und unausstehlich, nicht kalt und abweisend. Die Art, wie er mit mir gesprochen hatte, machte mich traurig und ich konnte einfach nicht anders, als mich danach zu sehnen, wie er mich auf seine anziehende Weise anschaute. Ich weiß, dass das absolut albern war, doch ich konnte nicht dagegen tun.

Gleichzeitig spürte ich wie immer eine tierische Wut auf ihn, und das beruhigte mich etwas. Glücklicherweise schaffte ich es ohne irgendwelche Zwischenfälle zurück in den Gemeinschaftsraum.

„Lily, wo hast du gesteckt?", wunderte sich Mary. „Hm? Ich? Äh, nirgendwo, ich . . . war nur ganz kurz . . . Bei der Maulenden Myrthe!", sagte ich, weil mir in dem Moment keine passende Ausrede einfiel.

Ich biss mir auf die Lippe. Im Lügen war ich schon immer grottenschlecht gewesen!

„Bei der Maulenden Myrthe?", hakte Marlene belustigt nach. „Hm-hm!", erwiderte ich mit hoher Stimme, „Jaah, ich wollte . . . Ich wollte Myrthe nur etwas Gesellschaft leisten, weil . . . sie doch immer so einsam ist."

Bei Merlins Bart, blöder ging es echt nicht!

Meine Freundinnen sahen mich skeptisch an, dann: „Lily, hast du etwa getrunken?"

Alice musterte mich prüfend.

„Was? Nein!", winkte ich ab und suchte nach den passenden Worten.

Marlene schüttelte spöttisch grinsend den Kopf: „Unsere Lily, immer will sie es allen Recht machen!" Die anderen kicherten. Bei ihr klang das wie eine Beleidigung und ich hasste es, wenn jemand meine Gutmütigkeit kritisierte.

Ohne ein weiteres Wort dampfte ich ab und legte mich im Schlafsaal auf mein Bett.

Und dann fing ich an zu weinen, einfach so.

Ich fühlte mich einsam und dachte, dass mich niemand verstehen würde.

Meine Eltern waren zu weit weg, mit Severus sprach ich noch immer nicht und ich hatte das ätzende Gefühl, dass meine Freundinnen mich nicht schätzten.

Was war ich nur für ein Mensch?

Ich konnte es einfach nicht ab, wenn mich jemand kritisierte, ich wollte doch so sehr perfekt sein. Und gleichzeitig übte ich viel zu starke Selbstkritik aus, was man mir zumindest immer sagte. Was mich noch mehr störte.

Es war zum Verzweifeln!

In dieser Nacht weinte ich mich in den Schlaf und als ich endlich meine Augen geschlossen hatte, träumte ich schreckliche Dinge, die mir große Angst bereiteten.

CollideWhere stories live. Discover now