Literaturgespräche

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Lily P. o. V.

Hogwarts während der Vorweihnachtszeit war wirklich wunderschön. Fast wehmütig dachte ich daran, dass die Ferien in einer Woche los gehen und ich dann nach Hause fahren würde. Eigentlich freute ich mich ja auf meine Familie, aber auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, hätte ich die Feiertage lieber mit meinen Freunden verbracht . . . Und mit James . . . Die Lehrer forderten uns jetzt noch einmal so richtig, des Weiteren sollten morgen die Berufsberatungen beginnen. Das waren Gespräche mit unseren Hauslehrern, in denen wir uns über unsere Möglichkeiten bezüglich unseres späteren Berufslebens informieren sollten. Es trug nicht wirklich zur Verbesserung von Remus' Laune bei, da er als Werwolf kaum Chancen auf einen guten Job haben würde. Angesichts der Tatsache, dass er ein sehr talentierter Zauberer war, fand ich das noch viel schlimmer. Als ich am Morgen der Berufsberatungen aufwachte, war ich ziemlich nervös. Meinen Freundinnen ging es ähnlich: Mary machte sich bereits seit einer ganzen Woche wahnsinnig, Alice benahm sich noch stiller als sonst und Marlene kaute unablässig auf ihren Fingernägeln. Merlin, wir waren ein ganz schön verrückter Haufen! Die Stimmung beim Frühstück war nicht viel angenehmer. Remus war schlecht gelaunt und stocherte lustlos in seinem Müsli herum, Peter starrte mit wässrigen Augen auf seinen leeren Teller, Sirius trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte herum und James fuhr sich noch öfter durch das Haar als sonst. Unwillkürlich grinste in mich hinein. Es war so unglaublich süß und heiß zugleich, wenn er das machte. Trotz all dem Schulstress sehnte ich mich nach ihm, wir konnten kaum Zeit zu zweit verbringen. Ich vermisste seine Küsse, sein verschmitztes Grinsen, seinen warmen Atem an meinem Hals . . . Aber ich war ehrlich gesagt noch nicht bereit, mich wie ein verliebtes Pärchen in der Öffentlichkeit aufzuführen. Ich wollte nicht wild mit ihm rumknutschend auf seinem Schoß sitzen, während alle anderen uns begafften. Das war mir zu persönlich. Außerdem hatte ich keine Lust auf Sirius' "Nehmt euch ein Zimmer!" - Rufe, Marlenes anzügliche Kommentare, Alices kritischen Blick und Marys Gekichere. Bezeichnet mich meinetwegen als unmodern und verklemmt, aber ich wollte lieber mit ihm alleine sein. Nur wir beide. "Lily, jetzt hilf mir bitte!", jammerte Mary. Ich unterdrückte ein Seufzen. Sie wusste genau, dass sie perfekt für eine Ausbildung im St. Mungo geeignet war, trotzdem war sie am verzweifeln. "Mary", ich sah ihr fest in die rehbraunen Augen, "Du kannst das. Ich weiß das. Du weißt das. Wir alle wissen das. Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der bessere Vorraussetzungen für das St. Mungo hat oder sich besser um seine Mitmenschen kümmert als du." Meine Freundin errötete vor Freude. Die Glückliche wusste ja schon ganz genau, was sie später machen wollte. Ich dagegen hatte keinen blassen Schimmer, es gab so viele Möglichkeiten und Alternativen . . . Ich erhoffte mir von dem Gespräch mit Professor McGonagall, das es mir vielleicht etwas Klarheit und Sicherheit geben würde. "Macht euch nicht so verrückt, Leute", sagte Frank freundlich. Er hielt Alice im Arm und sah offen in unsere gestressten Gesichter. Als Sechstklässler hatte er an der Berufsberatung bereits im letzten Jahr teilgenommen. "Klar, dieses Gespräch ist wichtig und kann euch weiterhelfen, aber auch wenn ihr noch nicht genau wisst, was ihr später werden wollt, wird McGonagall euch nicht den Kopf abreißen. Sie ist echt hilfreich gewesen!" Die anderen zuckten halbherzig die Schultern, doch Alice drückte ihrem Freund einen dankbaren Kuss auf die Wange. Er errötete freudestrahlend. Hungrig schlang ich ein Toast mit Himbeermarmelade runter und wischte mir über den Mund. Zu spät bemerkte ich James süßes Grinsen und verlegen zupfte ich mir die übrigen Brotkrümel aus dem Haar. Zwischen uns saßen Peter und Mary. Warum konnten sie nicht woanders sitzen? Mir war es gerade so egal, ob wir uns dann wie eins dieser verrückten und peinlichen rumsabbernden Pärchen benehmen würden, ich wollte einfach nur zu ihm. Um mich abzulenken atmete ich tief durch und sah in der Großen Halle umher. Ihm entging das nicht. Im ersten Block würden wir eine Freistunde haben, danach wäre ich bereits mit meinem Gespräch an der Reihe. Wir hätten also noch etwas Zeit . . . So unauffällig wie möglich legte ich meine Serviette beiseite und fuhr mir durch mein rotes Haar. "Ich glaube, ich werde noch etwas in der Bibliothek lernen. Mein Aufsatz für Zauberkunst ist noch nicht ganz fertig und ich muss noch etwas für Kräuterkunde nachschlagen", teilte ich den anderen so laut wie möglich mit. "Mensch, Lily, übertreib's nicht!", meinte Marlene mahnend. "Was denn?", erwiderte ich unschuldig. "Ich brauche unbedingt ein Ohnegleichen . . . Und mein Gespräch fängt erst um 10:00 Uhr an." Winkend verabschiedete ich mich von meinen Freunden. Sirius, der von uns als Erstes zu McGonagall musste, wirkte leicht grünlich im Gesicht, reagierte auf Marys besorgte Nachfrage aber nur mit einer wegwerfenden Handbewegung: "Ich bitte dich, als ob so ein bisschen Berufsberatung mich umhauen würde. Das mache ich doch mit links! Ich werde das Ding schon schaukeln . . . Denkt bloß nicht, ich würde mich von meinen Eltern unter Druck setzen lassen! Ph!", aber Mary legte ihm nur sanft einen Zeigefinger auf die Lippe und lächelte wissend. Grinsend verließ ich die Große Halle und ging zügig zur Bibliothek. Zögernd schlüpfte ich nach einem kurzen Blick hinein. Madam Pince sah mich nicht, sie schimpfte gerade lauthals mit einem Viertklässler aus Slytherin, weil er einen braunen Fleck in einem ihrer heiligen Bücher hinterlassen hatte. Obwohl er ihr bereits mehrmals erklärt hatte, dass es "nur" Schokolade sei, wollte sie sich nicht beruhigen. Mit klopfendem Herzen ging ich etwas versteift in eine der hintersten Reihe und wartete aufgeregt. Nein, natürlich war ich nicht zum Lernen hier! Oh Merlin, manchmal waren meine Freunde wirklich etwas naiv . . . Im nächsten Moment kam James um die Ecke und ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er mich erblickte. Ich löste mich glücklich von dem Bücherregal und schlenderte betont langsam auf ihn zu. Er stütze sich mit einer Hand lässig am Schrank ab. Verdammt, er war tatsächlich so cool wie er wirkte, oder? So gut konnte sich niemand verstellen oder schauspielern! "Na, Evans, hast du es nicht mehr ohne mich ausgehalten?", fragte er zwinkernd. Ich zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme: "Ich? Du hast doch die ganze Zeit zu mir rüber gestarrt!" Glucksend trat er an mich heran und strich flüchtig über meine Lippen, sodass mein Atem schneller ging. "Du willst mir also erzählen, dass dieses heimliche, spontane Treffen nur stattfindet, weil du mich von meinen Qualen erlösen willst und du selbstlos wie du bist dabei gar keine eigenen Hintergedanken hast?", hakte er nach und musterte mein Gesicht.

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