Kapitel 11

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Am nächsten Morgen wachte ich in einem hell erleuchteten Zimmer auf. Die Vorhänge waren nicht zugezogen und die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Harry war nicht hier, allerdings lag ich mittlerweile in seinem Bett. Ich wollte lieber nicht drüber nachdenken, wie ich hierher gekommen war. Dennoch war ich froh, nicht mehr auf dem Boden zu liegen. Als ich mich aufrichtete entdeckte ich einen gefalteten Zettel, der auf dem Nachttisch lag. Obwohl ich nicht mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit wusste, ob er tatsächlich für mich gedacht war, faltete ich ihn auseinander. Eine überraschend ordentliche Schrift füllte die Innenseite des Zettels.

Die Präsentation liegt fertig auf dem Schreibtisch. Wenn du noch was ändern willst, kannst du das natürlich gerne machen. Deinen Text habe ich gelesen, war perfekt.

Ich musste früh los, wollte dich aber nicht wecken.

Wir sehen uns Montag.

Harry

Lächeln faltete ich den Zettel wieder zusammen und steckte ihn in meine Hosentasche. War es möglich, dass ich mich in Harry getäuscht hatte? Doch die Person, die er gestern Abend gewesen war, hätte niemals seine Freundin betrogen. Vor ein paar Stunden hatte ich noch ein ganz klares Bild von ihm gehabt. Dieses Bild war nun verzerrt und verschwommen. Wer war er wirklich?

Nach einem kurzen Blick auf die Uhr, nahm ich meinen Ordner und den USB-Stick mit der Präsentation, band meine Haare zu einem Zopf zusammen und verließ Harrys Zimmer. Während ich durch das Gebäude ging überlegte ich mir panische, was ich Beth gleich erzählen würde. Es stand außer Frage, dass ihr meine Abwesenheit in der letzten Nacht aufgefallen war. Doch so sehr ich mich auch anstrengte, mir fiel keine auch nur halbwegs glaubhafte Erklärung ein. In der vergeblichen Hoffnung eines leeren Zimmers, öffnete ich die Tür. Aber natürlich saß Beth auf ihrem Bett, inmitten von Büchern, Ordnern und Zetteln. Möglichst leise schloss ich die Tür hinter mir, um sie nicht zu stören. Anscheinend nicht sehr erfolgreich, denn Beth hob den Kopf. "Da bist du ja! Wo warst du denn die ganze Nacht?" Nervös blieb ich mitten im Raum stehen. Vermutlich sollte ich ihr nicht sagen, dass ich die Nacht im Bett ihres Freundes verbracht hatte. "Ich... ich war... ", stammelte ich, ohne den Satz zu beenden. Sie runzelte die Stirn, stand auf und kam langsam näher. "Sag mal... warst du etwas bei Niall?" Überrascht riss ich die Augen auf. "Bei Niall? Wie kommst du darauf?" Beth grinste und zuckte mit den Schultern. "Naja, du riechst genauso wie Harry immer. Nach Männerparfüm." Beim Klang von Harrys Namen zuckte ich erschrocken zusammen. Zum Glück interpretierte Beth das komplett anders. "Ich denke mal, das bedeutet du warst wirklich bei Niall.", stellte sie überzeugt fest. Ich zwang mir ebenfalls ein Grinsen auf mein Gesicht. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht." Sie lachte und setzte sich wieder auf ihr Bett. "Ja ja, versuch bloß nicht es zu leugnen. Ich weiß genau, dass du ihn magst." Ich verdrehte nur die Augen. Es wäre ja nicht einmal gelogen. Natürlich mochte ich Niall. Und ich hatte ja sogar vorgehabt, den Abend mit ihm zu verbringen.

"Eigentlich schade, dass Harry nicht hier ist. Sonst könnten wir heute oder morgen mal was zu viert machen." Mit möglichst desinteressiertem Unterton fragte ich: "Wo ist er denn eigentlich?" Beth zuckte mit den Schultern und schlug eines ihrer Bücher auf. "Irgendwas familiäres... was genau weiß ich auch nicht." Verwundert sah ich sie an. "Hat er dir das nicht erzählt?" Mir hatte er es zwar auch nicht sagen wollen, aber Beth war immerhin seine Freundin. Doch sie schüttelte den Kopf. "Nein. Er redet ja sowieso kaum und über seine Familie schon gar nicht." Oh. Anscheinend war die Beziehung der beiden doch nicht so perfekt, wie ich gedacht hatte. Mal ganz von Harrys Untreue abgesehen. "Hm, vielleicht erzählt er es dir ja wenn er wieder da ist.", murmelte ich und legte die Präsentationsunterlagen auf meine Seite des Tisches. Dann drehte ich mich wieder zur Tür. "Ich geh rüber zu Louis, okay?" Überrascht sah Beth von ihren Unterlagen auf. "Kommst du da nicht gerade her? Er teilt sich sein Zimmer doch mit Niall..." Langsam nickte ich. "Ja schon, aber... er war nicht da... als ich da war." Beths Leichtgläubigkeit war wirklich eine ihrer besten Eigenschaften. "Achso... macht es dir was aus wenn ich mitkomme? Ich könnte mal eine Pause von diesem ganzen Kram brauchen.", sagte sie und deutete auf das Durcheinander auf ihrem Bett. "Klar, kein Problem.", stimmte ich zu.

DARK turns to LIGHTWhere stories live. Discover now