Kapitel 23

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Der Boden unter mir war steinhart. Irgendwo schrie jemand. Es war ein lauter, schriller, durchgehender Klang. Ich presste beide Hände auf meine Ohren, doch das brachte nichts. Das Geräusch schien aus meinem eigenen Kopf zu kommen. Ich wollte davon rennen, aber mein Körper war zu schwer. Ich konnte nicht aufstehen, wand mich nur auf den steinharten Boden und versuchte, das Geräusch auszublenden. Wie eine Kreissäge bohrte es sich in meinen Kopf.

Auf einmal rannte ich. Um mich herum war es dunkel. Ein Wald? Weit kam ich nicht, denn irgendwer packte mich an der Hüfte. Ich versuchte mich zu befreien, schaffte es auch. Doch schon nach wenigen Schritten waren die Hände wieder da, zogen mich erneut zurück. Es gab kein Entkommen. Trotzdem rannte ich weiter. Immer zwei Schritte. Dann wurde ich zurückgezogen. Zwei Schritte vorwärts. Drei Schritte zurück. Ich kam nicht vorwärts. Das Geräusch wurde immer aggressiver.

Und dann fiel ich. Im nächsten Moment war ich von Wasser umgeben. Ich bekam keine Luft. Strampelnd versuchte ich, mich an die Oberfläche zu kämpfen. Gerade als ich nach Luft geschnappt hatte, zog mich schon wieder jemand unter Wasser. Das Ganze wiederholte sich. Der Druck der sich in meinen Ohren bildete, verschlimmerte das Geräusch noch mehr.

"Lizzy! Hörst du mich? Hey! Lizzy?" Keuchend riss ich die Augen auf. Ich sah wie Harry seine Lippen bewegte, doch ich konnte ihn nicht verstehen. Zu laut war das Schreien in meinem Kopf. Mit all meiner Kraft versuchte ich ebenfalls meine Lippen zu bewegen. "Louis. Hol... Louis." Ich wusste nicht, ob ich überhaupt einen Laut zustande brachte. Für einen kurzen Moment sah Harry mich nur verwirrt an. Dann griff er nach meiner Tasche. Ich sah gerade noch wie er mein Handy hinaus holte, doch im nächsten Moment wurde das Schreien so laut, dass ich krampfhaft meine Augen schloss.

Unter mir war nichts. Gähnende Leere. Ich krallte meine Fingerspitzen in die Erde, um nicht abzurutschen. Und zu stürzen. Panisch zog ich mich nach oben, in der Hoffnung mich auf diese Art retten zu können. Doch auch dieses Mal schien jemand an meinen Füßen zu ziehen. Ich konnte mich nicht mehr halten. Ich wusste, dass ich im nächsten Moment abstürzen würde.

Ein stechender Schmerz auf meiner Wange, ließ das Geräusch, sowie das Szenario in meinem Kopf abrupt verschwinden. Wieder riss ich die Augen auf. Dieses Mal blickte ich in Louis' Augen. "Lizzy?" Obwohl ich am ganzen Körper zitterte, schaffte ich es zu nicken. "Kannst du aufstehen?" Kraftlos versuchte ich, mich aufzurichten. Noch immer zitterte ich so sehr, dass meine Arme sofort wieder einknickten. "Ich kann sie tragen.", schlug Harry in diesem Moment vor. Er stand etwas abseits und beobachtete uns. Louis' Augen verengten sich. Er drehte sich langsam um und stand dabei auf. Erst als er direkt vor Harry stand, begann er zu sprechen. "Du hast hier überhaupt nichts zu sagen. Ich weiß nicht, weshalb du jetzt gerade hier bist. Ich weiß nicht, weshalb Lizzy die letzten zwei Tage mit dir verbracht hat. Aber ich weiß, dass es ihr gut ging. Was auch immer du getan hast, jetzt geht es ihr nicht mehr gut. Also halt dich gefälligst von ihr fern." Harry schnaubte und trat einen Schritt vor, woraufhin Louis zurückwich. "Es ging ihr gut? Wie kannst du behaupten, dass es ihr gut geht, wenn sie sogar beim Klang ihres eigenen Namens zusammenzuckt?" Louis schnaubte verächtlich. "Du kennst doch noch nicht einmal den Grund dafür!"

"Doch.", flüsterte ich. "Er kennt den Grund."

Sowohl Louis, als auch Harry drehten langsam ihre Köpfe in meine Richtung. "Du hast es ihm erzählt?", fragte Louis entgeistert. Ich nickte, während ich mich aufrichtete. "Ich hab dir doch gesagt, dass wir geredet haben." Louis kam zurück zu mir und ging in die Knie. "Aber... du hast noch nie mit jemandem darüber geredet. Warum er?" Kraftlos zuckte ich mit den Schultern. Mein Blick wanderte in Harrys Richtung. Er hatte sich keinen Schritt bewegt, sah mich nur mit unergründlichem Blick an. "Ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann." Harry runzelte die Stirn und wandte seinen Blick ab. "Ich sollte vermutlich gehen.", murmelte er. Louis reagierte überhaupt nicht, er sah nur nachdenklich ins Leere. "Harry, warte!", rief ich, doch er griff nach seiner Jacke und verließ die Bibliothek.

DARK turns to LIGHTWhere stories live. Discover now